Rudi Völler drückt beide Daumen, Michael Ballack glaubt fest daran, und Florian Wirtz macht keinen Hehl aus den Leverkusener Ambitionen. "Wir müssen jetzt auch nicht lügen", sagte der 20 Jahre alte Edeltechniker Wirtz vor dem Kracher im Halbfinal-Hinspiel am Donnerstag (21.00 Uhr) bei der AS Rom: "Wir wollen natürlich alle ins Europa-League-Finale."
Die Sehnsucht unter dem Bayer-Kreuz ist riesig, daran ändert auch die kürzlich gerissene Serie von 14 Pflichtspielen ohne Niederlage nichts. Die verpatzte Generalprobe in der Fußball-Bundesliga gegen den rheinischen Rivalen aus Köln? Schwamm drüber. Die hitzige Debatte um die Vorverlegung des Derbys? Abgehakt.
"Auf uns wartet eine große Chance", sagte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes am Mittwoch kurz vor dem Abflug nach Italien: "Nach vielen Jahren gibt es die Möglichkeit, wieder ins Finale eines europäischen Wettbewerbs einzuziehen. Man merkt, dass die Stimmung steigt." Der Wettbewerb habe inzwischen "einen anderen Stellenwert als vor zehn Jahren der UEFA-Cup", so Rolfes.
Dank der beiden Extra-Regenerationstage reiste die Werkself immerhin gut erholt nach Rom. In der Ewigen Stadt, bei Völlers alter Liebe, soll nun der Grundstein gelegt werden für das erste europäische Finale seit 21 Jahren - und den zweiten internationalen Titel nach dem UEFA-Cup-Triumph 1988. Fehlen wird dabei Flügelspieler Karim Bellarabi, der sich im Abschlusstraining verletzte und nicht mit nach Italien flog.
Europa League: Abschiedsvorstellung von José Mourinho?
"Robust" und "gefestigt" sei die Mannschaft, sagte Vize-Weltmeister und Ex-Bayer-Kapitän Ballack im RTL-Interview. Auch Vereinsikone Völler, bis zum vergangenen Sommer fast 20 Jahre in Bayers operativem Geschäft tätig, schwärmte in der Bild am Sonntag von der Werkself, die nach verkorkstem Saisonstart auf dem besten Wege ist, die Spielzeit mehr als nur zu retten. "Defensiv stabil" und offensiv "attraktiv" sei das Team von Trainer Xabi Alonso, der "eine tolle Einheit" geformt habe.
Wie es sich anfühlt, einen europäischen Pokal nach Jahrzehnten der Dürre in den Händen zu halten, weiß der Gegner: Vergangenes Jahr gewann die Roma um Star-Trainer Jose Mourinho, seit Sommer 2021 im Amt und einst Alonsos Trainer, die Conference League. Für den Hauptstadtklub war es der erste internationale Titel seit 1961. Nun will der Tabellensiebte der Serie A eine Klasse höher nachlegen.
Für Mourinho könnte es ein Abschiedsgeschenk sein. Denn die Gerüchteküche brodelt, der 60-jährige Portugiese wird mit Paris St. Germain in Verbindung gebracht. "Ich möchte nicht an den nächsten Monat denken, aber an die Gegenwart", sagte Mourinho nach der ebenfalls verpatzten Generalprobe gegen Inter Mailand (0:2). Trotz Verletzungssorgen und des vierten sieglosen Spiels in Serie sei die Roma "gegen Bayer Leverkusen wieder da" und versuche, "das Beste zu geben".
Das Beste geben will auch die Werkself, die laut Ballack zudem "den kleinen Vorteil" habe, das Rückspiel zu Hause zu bestreiten. Zunächst steht jedoch der sportliche Leckerbissen in der italienischen Hauptstadt auf der Speisekarte. Dort darf sich die Alonso-Elf nicht bekleckern, wenn es etwas mit dem Europa-League-Finale werden soll.
AS Rom vs. Bayer Leverkusen: Die voraussichtlichen Aufstellungen
AS Rom: Rui Patricio - Mancini, Smalling, Ibanez - Celik, Cristante, Matic, Spinazzola - Pellegrini, Belotti - Abraham. Trainer: Mourinho
Bayer Leverkusen: Hradecky - Tapsoba, Tah, Hincapie - Frimpong, Andrich, Palacios, Bakker - Wirtz - Diaby, Hlozek. Trainer: Alonso
Schiedsrichter: Michael Oliver (England)