Vor 24.000 Zuschauern im Stadio Artemio Franchi sorgte Nikola Kalinic nach einer Viertelstunde für die Führung der Gastgeber. Für den Angreifer war es bereits der 5. Treffer im laufenden Wettbewerb.
Nach einem beispiellosen Slapstick-Luftloch von Jannik Vestergaard legte Borja Valero in der 29. Minute nach und stellte auf 2:0. Ein Foul von Maximiliano Olivera an Patrick Herrmann und der daraus resultierende schmeichelhafte Elfmeter, den Lars Stindl kurz vor der Pause verwandelte, brachte die Fohlen aber wieder zurück in die Partie (44.).
Nach der Pause folgte die endgültige Stindl-Show: In der 47. Minute sorgte der Kapitän per Abstauber für den Ausgleich, nur Minuten später nach einer Freistoßvariante sehenswert für das 3:2 (55.). Er ist damit der erste Deutsche, der im Europapokal einen Dreierpack auf italienischem Boden erzielen konnte. Nach einer Stunde durfte Andreas Christensen gar auf 4:2 stellen.
Während es für die Fiorentina erstmals vier Gegentore in einem Europapokal-Heimspiel gab, war es für die Fohlen der erste Viererpack bei einem Europapokal-Auswärtsspiel seit dem Viertelfinale des UEFA Cups im März 1980 beim 4:1 gegen St. Etienne.
Christoph Kramer wird im Achtelfinal-Hinspiel nach seiner 3. Gelben Karte gesperrt fehlen. Die Auslosung der nächsten Runde findet am Freitag (13 Uhr im LIVETICKER) statt.
Die Reaktionen:
Dieter Hecking (Trainer Gladbach): "Es war für die Spieler ein einmaliges Erlebnis, nach diesem Rückstand noch zurückzukommen. Da kann ich nur den Hut ziehen. Mit dem Anschlusstor haben wir geschafft, dass Florenz nochmal ins Grübeln gekommen ist. Dann haben wir uns gesagt, wenn uns der Ausgleich gelingt, dann wackelt das Ding - und wir haben es zum Wackeln gebracht. Wir sind dabei und ich glaube, dass wir uns sehr viel Respekt für diesen Wettbewerb erarbeitet haben."
Lars Stindl (Gladbach): "Es war Wahnsinn! Ich habe letzte Woche den ein oder anderen liegen im Heimspiel liegen lassen und bin froh, dass ich heute treffen und der Mannschaft helfen konnte. Es freut mich auch für die Borussia-Fans, die hier zahlreich hergekommen sind, die haben sich das einfach verdient. Das war für mich ein besonderes Spiel. Von daher bekommt der Spielball einen besonderen Platz Zuhause."
Der Spielfilm:
Vor dem Anpfiff:
Florenz-Coach Paulo Sousa reagiert auf die 1:2-Pleite gegen Milan am Wochenende und tauscht die Viola auf drei Positionen durch: Bernardeschi, Olivera und Badelj kommen neu ins Team, Salcedo, Cristoforo und Ilicic müssen auf die Bank.
Auch die Fohlen verloren am Wochenende mit 1:2 (gegen Leipzig), Dieter Hecking wechselt zweimal. Auf den Flügeln beginnen Herrmann und Hofmann für Hahn und Johnson.
7.: Pfosten! Florenz kann sich nach einer Ecke nicht befreien, Wendt darf von links nochmal flanken. Vestergaard und Sanchez werfen sich in die Flanke, der Borusse befördert die Kugel aus kurzer Distanz an den Innenpfosten, von da springt die Kugel Tatarusanu in die Hände...
15., 1:0, Kalinic: Erster guter Angriff der Viola - und der sitzt! Bernardeschi treibt den Ball durchs Mittelfeld und steckt am Sechzehner links auf Kalinic durch - der nicht im Abseits steht. Sommer kann gegen den trockenen Flachschuss aufs lange Eck nichts machen.
23.: Unübersichtliche Situation im Fohlenstrafraum: Chiesa stibitzt sich die Kugel von Vestergaard, scheitert aber aus fünf Metern an Sommer - der auch noch Bernardeschis Nachschuss entschärft.
25.: Herrmann wird links an die Grundlinie geschickt, legt zurück und findet den eingelaufenen Dahoud. Der setzt die Kugel aus sieben Metern und vollem Lauf aber über den Kasten.
29., 2:0, Valero: Da fällt einem nix mehr ein... Vestergaard will als letzter Mann die Kugel wegschlagen, haut aber ein derartiges Luftloch, dass es ihn zu Boden wirft. Den Ball berührt er nicht, der lauernde Valero sagt Danke, nimmt die Kugel auf und schiebt frei vor Sommer ein. Was für eine Slapstick-Aktion!
42.: Zum Haareraufen! Die Fohlen erpressen sich den Ball, Dahoud setzt Drmic in Szene, der links im Sechzener blank vor Tatarusanu auftaucht. Der Abschluss auf die lange Ecke aber viel zu harmlos.
44., 2:1, Stindl (FE): Wieder bricht die Borussia über links durch, Hofmann bringt die Flanke und in der Mitte fällt Herrmann, nachdem er von Olivera gehalten wurde - Dias Soares zeigt auf den Punkt! Stindl bleibt cool und verlädt Tatarusanu, rechts unten schlägt's ein.
47., 2:2, Stindl: So schnell kann's gehen: Ecke Hofmann von rechts, Christensen mit einem wirren Kopfball, der Drmic vor die Füße fällt. Dessen Pressschlag mit Keeper Tatarusanu flippert zu Stindl, der vom linken Fünfereck einschiebt.
55., 2:3, Stindl: Was für eine Freistoßvariante! Hofmann am ruhenden Ball rechts am Strafraum. Während der ganze Pulk in die Mitte drängt, löst sich Stindl und lässt sich zentral an die Sechzehnerlinie fallen. Der Querpass von Hofmann ist nicht ideal und hoppelt, doch Stindel nimmt den mit all seiner Technik und schweißt ihn rechts unten ein!
60., 2:4, Christensen: Eine kurz ausgeführte Ecke reicht, um die komplette Viola-Defensive auszuhebeln. Chip von Hofmann von rechts, Christensen stürmt heran und muss die Kugel nur noch über die Linie drücken!
67.: Latte Florenz! Ilicic hämmert einen ruhenden Ball, gut 20 Meter rechts vom Tor, an den Querbalken von Sommers Tor...
Fazit: Gladbach nutzt die eklatanten Abwehrschwächen der Viola und bügelt seine eigenen Unzulänglichkeiten mit Wille und Klasse aus. Beide Spiele in Betrachtung gezogen ein absolut verdientes Weiterkommen.
Der Star des Spiels: Lars Stindl. Das nennt man dann wohl "als Kapitän vorangehen". Holte die Borussia kurz vor der Pause mit seinem Elfmetertreffer zurück ins Leben und legte in Halbzeit zwei binnen zehn Minuten zwei Tore nach - Spiel im Alleingang gedreht! Auch ansonsten mit gutem Passspiel und präsent in den Zweikämpfen.
Der Flop des Spiels: Maximiliano Olivera. Leitete den Untergang der Viola mit seinem Foul vor dem Elfmeter ein. Trotz ordentlicher Statistiken eine äußerst durchwachsene Vorstellung. Brachte seine Seite defensiv nicht geschlossen und war auch offensiv in keinster Weise ein Faktor.
Der Schiedsrichter: Artur Dias Soares (Portugal). Der Elfmeterpfiff vor dem Gladbacher Anschluss war großzügig, aber vertretbar. Ansonsten mit einer unaufgeregten und fehlerfreien Spielleitung.
Das fiel auf:
- Die Borussia erwischte eine bockstarke Anfangsviertelstunde, hatte dabei über 60 Prozent Ballbesitz, 3:0 Torschüsse und gewann fast zwei Drittel der Zweikämpfe. Die Viola switchte in der Abwehr zwischen Dreier- und Viererkette, stand aber nur dann wirklich kompakt, wenn sie sich in Ruhe formieren konnten.
- Zog die Borussia eine konsequente Balljagd auf, verloren die Violetten mehrmals in heiklen Situationen den Ball. Auch und vor allem auf den Flügel zeigte sich Florenz desolat und extrem anfällig und ermöglichte den Fohlen riesige Räume. Bei Standards verteidigten die Italiener beinahe lächerlich - einmal nach Elfmeter, einmal nach Freistoß und zweimal nach Ecken schlug es im Tor der Italiener ein.
- Auf der anderen Seite reichte den Gastgebern die Wucht des stark eingespielten Duos Kalinic/Bernardeschi sowie ein völlig unbegreiflicher Fehler von Vestergaard, um das Spiel mit eineinhalb Chancen nach 29 Minuten quasi auf links zu drehen.
- Schon nach 27 Minuten musste Hecking Hazard vom Feld nehmen und brachte Drmic, dessen zielstrebige Spielweise das Offensivtreiben der Fohlen belebte. Die Viola, die nur in der Phase zwischen dem 2:0 und dem 2:1 die wirklich dominierende Mannschaft war, verlor spätestens mit dem 2:2 kurz nach Wiederanpfiff vollkommen den Faden.
AC Florenz - Borussia Mönchengladbach: Die Statistik zum Spiel