"Wir verdienen keine Millionen"

Von Interview: Susanne Schranner
Celia Okoyino da Mbabi spielt seit 2004 für Bad Neuenahr und ist seit 2005 deutsche Nationalspielerin
© Fotodesgin Hübl

Celia Okoyino da Mbabi ist trotz ihrer erst 22 Jahre bereits Leistungsträgerin im DFB-Team der Frauen. Im Interview spricht die Spielerin des SC Bad Neuenahr über den Traum WM 2011, die öffentliche Wahrnehmung des Frauenfußballs, die Rückschläge in ihrer noch jungen Karriere und über ihre Vorbilder aus dem Männerbereich.

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SPOX: Okay, wir gestehen, dass wir Bad Neuenahr erst einmal auf der Landkarte suchen mussten. Lebt es sich dort so idyllisch, wie es sich anhört?

Celia Okoyino da Mbabi: (lacht) Bad Neuenahr ist in der Tat ein idyllisch gelegener Kurort, der unter anderem für seine Quellen und ein sehr populäres Mineralwasser bekannt ist. Ich selbst wohne allerdings etwas außerhalb. Im Vergleich zu den anderen Bundesligisten ist der SC ein sehr kleiner Verein, alles ist sehr freundschaftlich und privat. Ich bin jetzt auch schon seit sechs Jahren im Team, man kennt sich einfach. Man fühlt sich wohl, weil alles sehr familiär abläuft.

SPOX: Sie wurden bereits mit 15 Jahren in die DFB-Jugendnationalmannschaft berufen. Weil Sie damals aber noch nicht volljährig waren, mussten Ihre Eltern beide die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen und ihr Vater sogar seinen kamerunischen Pass abgeben, um Ihnen einen Einsatz für Deutschland zu ermöglichen. War das für Ihre Eltern von Anfang an klar oder gab es da auch Diskussionen?

Okoyino da Mbabi: Meine Eltern haben mich schon immer in allem, was ich gemacht habe, unterstützt und mich überall hingefahren. Egal ob das jetzt zum Training war oder abends zu einem Spiel. Das war teilweise schon sehr stressig, weil ich auch noch zwei Geschwister habe und meine Eltern auch so viel zu tun hatten. Aber für sie war es selbstverständlich, dass sie mir diese Chance nicht verbauen, und es gab überhaupt keine Diskussionen. Sie haben das von sich aus getan.

SPOX: Sie hätten auch die Option gehabt, für Frankreich zu spielen. War für Sie immer schon klar, dass Sie für Deutschland spielen wollen?

Okoyino da Mbabi: In Frankreich kannte mich damals ja niemand! Ich wurde vom DFB gefragt, als der französische Verband noch gar nicht wusste, dass es mich gibt. So habe ich aus Frankreich auch nie eine Anfrage bekommen und musste mich nicht entscheiden. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, meine Familie und Freunde sind hier, von daher war das klar.

SPOX: Ihre Karriere ging steil bergauf: Sie durchliefen alle Jugendauswahlmannschaften und wurden fester Bestandteil des A-Nationalteams. Dann allerdings 2007: Schienbeinbruch, WM verpasst, Pfeiffersches Drüsenfieber, fast zwei Jahre Verletzungspause. Kamen während dieser Zeit Zweifel auf?

Okoyino da Mbabi: Das mit dem Schienbeinbruch war schon ziemlich hart, besonders, da er so kurz vor der WM auch zu einem furchtbar ungünstigen Zeitpunkt kam. Ich hatte zwei Jahre zuvor schon nicht bei der Europameisterschaft teilnehmen können, weil ich mir das Innenband gerissen hatte. Wenn man jedes Mal so kurz vor einem großen Turnier verletzt ist, leidet man. Aber der DFB, der Verein und die medizinische Abteilung haben mich richtig gut unterstützt und auch meine Freunde und Bekannten haben mir geholfen. Es ist einfach wichtig, dass man Menschen um sich herum hat, die einen aufbauen und dafür sorgen, dass man nicht aufgibt.

SPOX: Sie studieren Kulturwissenschaften in Koblenz. Hat die Verletzung auch ein Stück weit dazu beigetragen, dass man sich ein zweites Standbein aufbaut?

Okoyino da Mbabi: Nein, mit der Verletzung hatte das überhaupt nichts zu tun. Es ist doch so: Im Frauen-Fußball verdient man keine Millionen. Nach meiner Karriere kann ich mich nicht zur Ruhe setzen und sagen: 'So, das war's, ich habe genügend Geld und muss nicht mehr arbeiten.' Von daher war es selbstverständlich, noch etwas anderes nebenbei zu machen. Auch für den Kopf braucht man etwas, das nichts mit Sport zu tun hat.

SPOX: Sie haben eben angesprochen, dass man vom Frauenfußball alleine in Deutschland so nicht leben kann. Erhoffen Sie sich durch die WM 2011 im eigenen Land einen Aufschwung, auch hinsichtlich der Fußballbegeisterung im Land?

Okoyino da Mbabi: Generell würde ich sagen, dass man schon vom Fußball leben kann, aber eben nur während der aktiven Zeit. Wenn man dann einmal aufhört, ist es aber nicht so, dass man sich Millionen zur Seite gelegt hat und sich darauf ausruhen kann. Wir können momentan schon ganz gut mit dem Geld auskommen, das wir verdienen, und müssen uns nicht irgendwelche Nebenjobs suchen. Das ist auch eine Entwicklung, die es vor zehn Jahren noch nicht gab. Ich denke, dass diese durch die WM noch einmal einen Schub bekommt.

SPOX: Also hoffen Sie auf weitere positive Impulse durch die WM.

Okoyino da Mbabi: Die Fußballbegeisterung ist ja in den letzten Jahren bereits gewachsen. Bei der U-20-WM dieses Jahr zum Beispiel waren Stadien ausverkauft, in denen normalerweise die Männer Bundesliga spielen. Man sieht, dass der Frauenfußball Zuspruch findet. Wenn wir eine gute Weltmeisterschaft spielen und die gut organisiert wird, dann wird das die Leute noch mehr begeistern. Wir können es schaffen, ihnen den Frauenfußball auch längerfristig näher zu bringen.

SPOX: Und die sportlichen Erwartungen für die WM?

Okoyino da Mbabi: Wir wollen natürlich Weltmeister werden, das ist ganz klar. Vor allem im eigenen Land ist das noch einmal ein sehr großer Anreiz und eine ganz besondere Situation. Es kommt nur einmal in der Karriere vor, dass man eine Weltmeisterschaft im eigenen Land spielt, wenn man überhaupt das Glück dazu hat. Unser Anspruch als Olympiateilnehmer und Europameister muss es sein, ins Finale zu kommen und das dann auch zu gewinnen - auch wenn das sehr, sehr schwer wird.

SPOX: Haben Sie irgendein Ritual vor dem Spiel?

Okoyino da Mbabi: Ich habe keine Rituale im herkömmlichen Sinne, aber es ist fast immer derselbe Ablauf. Ich höre Musik und habe meinen iPod dabei. In der Kabine hören wir dann meistens noch laute Musik, um in Stimmung zu kommen und uns auf das Spiel einzustimmen. Aber das sind alles eher Gewohnheiten und ich sage jetzt nicht: 'Wenn ich das oder das vergesse, dann wird das Spiel nicht gut.' Man eignet es sich eben mit den Jahren an, dass man beispielsweise die Schienbeinschoner in einer bestimmten Reihenfolge anzieht. Aber das hat mit Aberglauben nichts zu tun.

SPOX: Die Stars im Frauenfußball sind Spielerinnen wie Marta und Christiane aus Brasilien oder auch Birgit Prinz aus Deutschland. Wer ist für Sie die Beste der Welt?

Okoyino da Mbabi: Das kann ich nicht so beurteilen, weil man nicht jede Woche deren Spiele im Fernsehen anschauen kann, wie es bei den Männern üblich ist. Man sieht die Spielerinnen eigentlich nur, wenn man gegen sie spielt. An ein, zwei Spielen kann man aber nicht wirklich festmachen, wer besser oder schlechter ist. Es kann ja auch mal passieren, dass eine Spielerin genau in der Partie, in der man auf sie trifft, ein total schlechtes Match macht, obwohl sie normalerweise überragend ist. Deswegen möchte ich mich auch auf keinen Namen festlegen.

SPOX: Verfolgen Sie dann eher den Männerfußball oder andere Sportarten?

Okoyino da Mbabi: Ich schaue grundsätzlich ziemlich viel Sport im Fernsehen, aber bei den Männern natürlich sowohl die Bundesliga als auch Champions League und Länderspiele.

SPOX: Gibt es irgendeinen Lieblingsverein oder -spieler?

Okoyino da Mbabi: Früher war mein Vorbild immer Zinedine Zidane, aber der spielt ja leider nicht mehr. Das war ein Fußballer, an dem ich mich orientiert habe, weil seine Spielweise mitunter einfach einzigartig war.

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