Trainer Bernd Schröder von Frauen-Meister Turbine Potsdam hat mit einem verbalen Rundumschlag den DFB und Bundestrainerin Silvia Neid sowie die scheidende Nationalspielerin Lira Bajramaj attackiert.
In einem am Morgen des Finales der Champions League der Potsdamerinnen in London gegen Olympique Lyon veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" bezeichnete der 68 Jahre alte Coach Bajramaj als "fremdbestimmt". Den DFB und Neid griff er erneut wegen der seiner Meinung nach zu langen Vorbereitung auf die Heim-WM (26. Juni bis 17. Juli) an.
Schröder: "Frage des Misstrauens"
"Ich finde das nicht durchdacht. Das habe ich von Anfang an gesagt. (...) Das ist eine Frage des Misstrauens gegenüber den Klubtrainern, wenn man die Spielerinnen so früh rauszieht", sagte Schröder über die Lehrgänge des DFB. Die hatten dazu geführt, dass Schröder seine fünf DFB-Spielerinnen im Vorfeld des Champions-League-Endspiels nur dreimal mit der Mannschaft trainieren lassen konnte.
"Die haben beim Nationalteam eine ganz andere Wahrnehmungswelt als ich", ergänzte Schröder: "Wenn man heute etwas klipp und klar kritisiert, heißt es gleich wieder: Ach, der Schröder, der lebt in seiner eigenen Welt."
Weiter führte er aus: "Neid hat Bedingungen, von denen Männer-Bundestrainer Jogi Löw nur träumen kann. Und trotzdem müssen unsere Spielerinnen am Samstag vor dem Männerfinale aus London zurückfliegen, weil am Sonntag Lehrgang ist. Das ist für mich nicht nachvollziehbar."
Kritik an Bajramaj
Zudem nannte er das Nachwuchssystem "eine Katastrophe. Da kommt nichts raus, weil der Abstand zwischen der Bundesliga und den unteren Ligen immer größer wird."
Indes hat Schröder Bajramajs Wechsel zum Ligarivalen 1. FFC Frankfurt zur kommenden Saison offenbar noch nicht verdaut. "Sie hat ein Jahr gehabt, wo sie von Beratern und allem hin und her gezerrt wurde. Das wäre kein Problem, wenn sie in allen Spielen gebracht hätte, was man sich von ihr erwünscht hat."
Zweifel an Wirkung der WM
Zudem bezweifelte der für seine deutlichen Worte bekannte Trainer erneut die positive Wirkung der WM auf den Frauenfußball in Deutschland. Sollte der erhoffte Erfolg ausbleiben, "werden einige aus allen Wolken fallen". Außerdem sei "die Gefahr riesengroß, dass wir nicht darauf vorbereitet sind, falls es schief geht".
Im Frauenfußball gebe es "zu viele Trittbrettfahrer, die ganz schnell wieder die Fahne einstecken werden, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist". Das liege an einer insgesamt "scheinheiligen, heuchlerischen Gesellschaft. Da kann man wahrscheinlich nicht erwarten, dass die Heuchelei gerade vor dieser WM eine Pause macht."
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