Im Interview spricht Hingst über Gänsehautmomente, den WM-Hype und ein schönes Gefühl. Nur eines will sie nicht verraten.
SPOX: Ariane Hingst, Sie durften vor dem Eröffnungsspiel gegen Kanada in der Kabine die Ansprache an die Mannschaft halten. Eine eher ungewöhnliche Maßnahme, dass eine Spielerin spricht und nicht die Trainerin.
Ariane Hingst: Ich habe das ja nicht zum ersten Mal gemacht. Eine Zeit lang habe ich die Rede fast vor jedem Spiel gehalten. Man weiß da schon, was man zu sagen hat.
SPOX: Hat Sie die Bundestrainerin ausgewählt, weil für Sie als gebürtige Berlinerin dieser Auftakt in ihrer Heimat etwas ganz Besonderes war?
Hingst: Damit, dass das Spiel in Berlin war, hatte das nichts zu tun. Ich habe in meiner Karriere schon so oft die Ansprache vor einem Spiel gehalten - und nicht nur bei Spielen in Berlin. Die Trainerin hat mich einfach gefragt, und ich habe es sehr gerne gemacht.
SPOX: Was haben Sie denn gesagt?
Hingst: Sag ich nicht. (grinst)
SPOX: Ach kommen Sie.
Hingst: Nö. Das war ja die Motivationsrede für die Mannschaft und nicht für die Journalisten. (lacht)
SPOX: Aber die sind doch immer so neugierig.
Hingst: Das kann man wohl sagen. Aber ihr kriegt nix aus mir raus. (lacht) Es ist schön, dass ihr nicht alles erfahren könnt. Und meine Worte bleiben eben ein Geheimnis.
SPOX: Sie haben in Ihrer Karriere schon einiges erlebt. Wie haben Sie die Atmosphäre beim Auftaktspiel empfunden?
Hingst: Supergeil! Das waren unzählige Gänsehautmomente, einfach gigantisch. Vor so einer Kulisse hat noch keine von uns gespielt. Und gerade als es am Ende eng wurde, haben uns die Zuschauer noch mal richtig unterstützt. Das hat schon Spaß gemacht, dabei zu sein.
SPOX: Kim Kulig hat von einem Karriere-Highlight gesprochen. War es das auch für Sie?
Hingst: Diese ganze WM ist natürlich was ganz Besonderes. Aber ich will so etwas immer gar nicht mit anderen Erlebnissen vergleichen. Warum sollte ich das auch tun? Ich nehme jedes einzelne auf und mache dann hinterher keine Rangliste.
SPOX: Die fast 75.000 Zuschauer vom Auftakt in Berlin wird es bei den anderen Spielen nicht mehr geben. Wie wird sich die Stimmung im weiteren WM-Verlauf entwickeln?
Hingst: Es wird geil bleiben. (lacht) Man hat das ja schon bei den Testspielen gesehen, dass uns die Fans feiern. Da hat man gemerkt, dass es egal ist, wie viele Zuschauer im Stadion sind. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir immer versuchen, offensiven und attraktiven Fußball zu zeigen. Das merken die Leute und honorieren das.
SPOX: Man hat schon bei den Testspielen gemerkt, dass die Mannschaft richtig beeindruckt war vom öffentlichen Interesse. Nun wird das noch mal erheblich gesteigert.
Hingst: Das ist schon klasse. Wir genießen die Anerkennung. Das zeigt auch, dass wir sehr viel richtig gemacht haben. Und das ist ein sehr schönes Gefühl.
SPOX: Im Vorfeld gab's einen großen Hype um diese WM, die Mannschaft hat sich lange darauf vorbereitet und fast drei, vier Jahre lang darauf hingefiebert. Erleichtert, dass das Turnier nun endlich läuft?
Hingst: Wir waren natürlich alle extrem heiß darauf, endlich loszulegen. Keiner von uns hätte noch länger darauf warten wollen. Das Drumherum hatte damit aber weniger zu tun, sondern eher die Vorfreude aufs Turnier. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass wir Spielerinnen uns jetzt nicht drei Jahre lang mit der WM beschäftigt haben.
SPOX: Dazwischen fand zum Beispiel noch eine Europameisterschaft statt...
Hingst: ...die für uns auch ein hartes Stück Arbeit war, obwohl alle gesagt haben, das wird ein Selbstläufer. Und daneben gab es ja auch noch die Aufgaben in Bundesliga, Pokal oder Champions League. Richtig auf die WM fokussiert haben wir uns erst, als die Vorbereitung angefangen hat. Und jetzt sind wir endlich mittendrin.