Über die FIFA kann man ja so manches sagen. Sicher auch viel Böses. Zum Beispiel, dass sie in Sachen Organisation gerne zwischen preußischer Penetranz und kauzigem Chaos hin und her pendelt.
So erhielten die akkreditierten Journalisten für die Frauen-WM nach einer Serie von schriftlichen Belehrungen und Unterweisungen kurz vor dem Eröffnungsspiel noch eine E-Mail - mit sehr wichtigen Verhaltensregeln für den Spieltag.
Neben etlichen "very important" Belanglosigkeiten war es der FIFA besonders very important, dass die Medienvertreter allerspätestens 90 Minuten vor Anpfiff im Stadion sind. Andernfalls gibt's keine Matchtickets. Und es geht ohne Bockwurst ins Bett!
In den Katakomben des Berliner Olympiastadions sah es dann am Sonntag auch lange Zeit so aus, als wären die lauwarmen Würstchen tatsächlich der einzig sinnvolle Grund, anderthalb Stunden vor dem Spiel im Pressezentrum rumzulungern.
Very important Briefings ohne Sinn
Waren sie natürlich nicht: Gerade als der Senf zur Neige ging, kam nämlich ein junger Mann in roter Warnweste und bat die Journalisten freundlich aber bestimmt, das Bockwurstfuttern bitte einzustellen und sich anschließend im PK-Raum einzufinden. Dort gäbe es nämlich nun ein "Media Briefing". Und ja, das sei durchaus very important.
Tatsächlich bestand die einzige Information für Printjournalisten dann in dem kurzen Hinweis, dass sie auf der Pressetribüne auf weitere Warnwestenträger treffen würden, die ihnen im Notfall dabei helfen sollten, ihre Plätze zu finden.
Die überwiegende Mehrheit der anwesenden Kollegen hätte das vermutlich auch selbst bemerkt, aber so ein Briefing vom Weltverband vermittelt nun mal Seriosität und Würde und schafft ein professionelles Arbeitsklima.
"No, no, I'm the coach of Canada"
Verpasst hat es die FIFA allerdings, auch ihre eigenen Mitarbeiter sauber durchzubriefen. Zum Beispiel das arme Fräulein, das nach dem Spiel die offizielle Pressekonferenz moderieren musste.
"Ladies and Gentlemen, please welcome the German coach", startete sie beherzt in ihren Fettnäpfchen-Parcours. "No, no, we look similar, we're both blonde, but I'm the coach of Canada", unterbrach Carolina Morace. Und verpasste der honorigen Maske des armen Fräuleins damit den ersten Kratzer.
Der zweite folgte wenig später, als die "Spielerin des Spiels" vorgestellt wurde. "Ladies and Gentlemen, please welcome Miss...äh...Gäääää...äääähh...fääääägs." Der Frosch, der sich inzwischen im Hals des armen Fräuleins eingenistet hatte, wollte offenbar raus. Doch sie wagte einen zweiten Versuch: "Please welcome Miss Ga...freaks." Damit gab sich dann auch Kerstin Garefrekes halbwegs zufrieden.
Und schließlich verzichtete auch Silvia Neid milde lächelnd auf eine Richtigstellung, nachdem sie mit den Worten "But now we have the German coach, welcome Miss Need" vorgestellt wurde. Denn immerhin versprühte das Fräulein im strengen blauen Kostüm mit ihrem unbedarften Namenraten einen durchaus liebenswerten Charme.
Blatter fürchtet sich vor friedlichen Fans
Was man von ihrem Chef freilich nicht behaupten kann. Denn auch Sepp Blatter verstieß am Sonntag gegen das Protokoll.Entgegen der Ankündigung brach er mit den FIFA-Gepflogenheiten und verzichtete darauf, zusammen mit Christian Wulff und Steffi Jones die Weltmeisterschaft offiziell zu eröffnen. Sein Name wurde nicht einmal erwähnt.
Nachdem er tags zuvor eine Pressekonferenz aufgrund kritischer Nachfragen zum Bestechungsskandal abgebrochen hatte, fürchte er offenbar die Pfiffe der 73.000 im Olympiastadion.
Die vielleicht friedlichste Massenveranstaltung, die Berlin je gesehen hat, machte dem mächtigsten Mann im Weltfußball Angst. Lang lebe der Frauenfußball!
Der Spielplan der WM 2011 im Überblick