Es war eigentlich eine erfreuliche Nachricht, die Silvia Neid für Simone Laudehr parat hatte. Die Bundestrainerin hatte sich Mitte 2006 dazu entschlossen, die Mittelfeldspielerin in die Nationalmannschaft zu berufen, erstmals. In den U-Mannschaften des DFB hatte Laudehr zuvor immer eine gute Rolle gespielt. Nun war sie reif fürs A-Team, dachte Neid.
Doch Laudehr wollte nicht. Denn: Laudehr konnte nicht. Die damals 20-Jährige steckte mitten im Prüfungsstress für den Abschluss ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau. "Da war keine Zeit für Fußball", sagt Laudehr heute rückblickend. "Die Lehre hatte für mich Vorrang." Und das aus gutem Grund.
Im Schnitt: 10.000 Euro im Jahr
Denn mit dem Geld, das sie sich bei ihrer Ausbildung dazu verdiente, konnte sie ihre Leidenschaft, den Fußball, überhaupt erst finanzieren. Kein Job, kein Fußball - zumindest nicht auf diesem Niveau, hieß es damals noch für Laudehr. Als "normale" Bundesliga-Spielerin kann man nicht leben vom Fußball. Das ist auch heute noch so.
"Viele Spielerinnen in den Vereinen arbeiten acht Stunden am Tag und gehen vielleicht drei- oder viermal die Woche nach Feierabend zum Training", erzählt Neid. Während ein Bundesliga-Spieler im Männerbereich durchschnittlich eine Million Euro pro Jahr verdient, kommt sein weibliches Pendant im Schnitt noch nicht mal auf 10.000 Euro.
"Wir sind nicht in der Upper-Class-Gesellschaft, wie das zum Teil bei den Männern der Fall ist. Wir sind alle ganz normale Leute, die morgens um 8 zum Lidl zum Einkaufen gehen", sagt DFB-Abwehrspielerin Babett Peter im Gespräch mit SPOX.
"Können uns nicht beschweren"
In der abgelaufenen Saison gab es in der Frauen-Bundesliga nur 27 Profis, der Rest macht hauptberuflich etwas anderes und bestreitet so seinen Lebensunterhalt. Eine Ausnahme bildet der Großteil der Nationalmannschaft. "Wir genießen sicherlich den Luxus, uns voll und ganz auf den Fußball konzentrieren zu können", sagt Stürmerin Inka Grings, die vom Fußball "ganz gut leben" kann.
"Wir Nationalspielerinnen können uns echt nicht beschweren. Da gab es in den letzen Jahren schon eine ziemliche Entwicklung", sagt Kim Kulig. Und Celia Okoyino da Mbabi zeigt sich gegenüber SPOX froh, "dass man nicht acht Stunden arbeiten und sich danach noch zum Training schleppen muss. Die Nationalspielerinnen haben viele Förderer und Partner, die uns das auch möglich machen."
Bajramaj ist die Top-Verdienerin
Wie zum Beispiel Lira Bajramaj. Die 23-Jährige ist die Top-Verdienerin im deutschen Frauen-Fußball. Die Offensivspielerin, die zur neuen Saison von Turbine Potsdam zum 1. FFC Frankfurt wechselt, kassiert künftig rund 11.000 Euro monatlich. Hinzu kommen etwa 80.000 Euro jährlich aus Werbeverträgen.
An Bajramaj kommen die anderen nicht ran. DFB-Spielführerin Birgit Prinz verdient in Frankfurt mit dem Fußball angeblich 7000 Euro im Monat, die deutsche Nummer eins Nadine Angerer immerhin 5000 und Jung-Nationalspielerin Kim Kulig bringt es bereits auf 4500 Euro.
Zweites Standbein aufbauen
Während ihrer Karriere können die deutschen Frauen gut davon leben, nach dem Ende der Laufbahn muss allerdings schnell eine neue Einnahmequelle her. "Irgendwann spielt man keinen Fußball mehr, und so viel verdienen wir leider auch nicht, dass man sagen könnte: 'Ich mache jetzt erstmal nichts mehr'", sagt Grings. "Wir können uns einfach nicht die Rücklagen bilden, die sich beispielsweise die Männer schaffen", so Okoyino da Mbabi.
Und deshalb bauen sich fast alle Nationalspielerinnen schon in der aktiven Zeit ein zweites Standbein auf und sorgen vor für die Zeit danach. Grings zum Beispiel hat bereits als Versicherungsvermittlerin gearbeitet und hat nun ein Fernstudium zum Sport- und Fitnesstrainer begonnen.
Angerer ist gelernte Physiotherapeutin. Abwehrspielerin Saskia Bartusiak hat kurz vor der WM ihr Sportwissenschaften-Studium abgeschlossen und Babett Peter ist in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und studiert nebenher Sportmanagement.
"Nur Fußball ist wenig"
Das allerdings muss derzeit hinten anstehen. "In der WM-Vorbereitung und während des Turniers kann ich nicht zu den Vorlesungen gehen. Aber ich habe trotzdem Daten und Termine, die ich einhalten muss", sagt Peter. "Wenn ich Pech habe, muss ich das Semester sogar wiederholen."
Die sportliche und die berufliche Karriere erfolgreich zu managen, ist für eine Nationalspielerin kaum möglich. "Man bringt für den Sport auf jeden Fall auch ein berufliches Opfer", sagt Peter.
Doch ausschließlich für das Leben nach dem Fußball betreiben Peter und Co. den ganzen Aufwand auch nicht. "Ich denke, dass die Frauen sagen, uns sind auch andere Dinge neben dem Fußball wichtig", glaubt Neid und wird von Kulig, die ab Herbst ein Studium beginnen möchte, bestätigt: "Ich habe jetzt ein Jahr lang nur Fußball gespielt, auf Dauer ist das schon ein bisschen wenig."
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