"Eigentlich hatten wir geplant, noch bis Ende der Woche im Turnier zu sein", sagte Lena Goeßling nach dem WM-Aus. Statt einer Finalteilnahme war aber schon im Viertelfinale gegen Japan Endstation für die deutsche Elf, statt sechs Auftritten in vollen Stadien und vor begeisterten Zuschauern war bereits nach vier Partien Schluss.
Die Stimmung ist dementsprechend ernüchtert - bei Fans wie Beteiligten. Nicht nur allerdings aufgrund des frühen Ausscheidens der DFB-Auswahl, sondern auch, weil das Team von Bundestrainerin Silvia Neid in drei von vier Begegnungen enttäuschte und selbst beim besten Spiel gegen Frankreich (4:2) phasenweise schwächelte und am Ende sogar in Überzahl noch mal gehörig ins Wackeln geriet.
Doch warum war die deutsche Elf bei dieser WM nicht in der Lage, ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden? Wo lagen die Probleme? Und was wurde falsch gemacht? Fünf Gründe fürs Scheitern.
Der Mangel an spielerischen Elementen
"Es war mehr Kampf und Krampf und nicht durchdacht. Vor allem fehlte aber einfach die Präzision vor dem Tor", sagte Neid nach dem Japan-Spiel. Ein Aussage, die allerdings auch auf alle anderen Partien zutraf. Das deutsche Team war nicht in der Lage, einen Gegner mit spielerischen Elementen zu dominieren und durch durchdachte oder gar einstudierte Kombinationen, Lauf- und Passwege zu gefährden.
Vieles wirkte zufällig, teilweise glücklich. Wenn es aus dem Spiel heraus gefährlich wurde, dann häufig nur durch individuelle Kraftakte oder Fehler des Gegners. So resultierte lediglich das 2:0 gegen Frankreich aus einem sehenswerten, gut strukturierten Spielzug.
Im Spielaufbau aus der Abwehr heraus war keine klare Linie erkennbar, häufig wurden die Bälle nur lang geschlagen. Das größte Manko allerdings war die fehlende Kreativität aus dem Mittelfeld. Der Großteil der Angriffe war vorhersehbar, das deutsche Spiel für die Gegner dadurch leicht zu durchschauen. Dementsprechend wenige Chancen ließen auch vermeintlich unterlegene Teams wie Nigeria oder Kanada zu.
Die Physis ist kein Vorteil mehr
Schon zweieinhalb Monate vor dem WM-Start versammelte Neid ihren WM-Kader zum ersten Vorbereitungs-Lehrgang. Es sollten sechs weitere folgen. Für eine reibungslose Vorbereitung hatte man extra die Bundesliga-Saison schon im März enden lassen und das Champions-League-Finale mit deutscher Beteiligung (Potsdam) hinten angestellt.
Neben technischen und taktischen Elementen wollte Neid den Schwerpunkt in den ersten Wochen vor allem auf die Fitness legen. Die Bundesliga sei diesbezüglich kein Maßstab, erklärte die Bundestrainerin. Und schließlich wolle man den anderen Nationen bei der WM auch körperlich überlegen sein.
In der Vergangenheit hatte dies häufig geklappt. Bei früheren Turnieren war das deutsche Team auch nicht immer das spielerisch stärkste, dank seiner Physis aber häufig trotzdem erfolgreich. Dieses Mal nicht. Von körperlicher Überlegenheit war nichts zu sehen, das Team wirkte vielmehr nicht auf den Punkt fit. Gegen Nigeria tat man sich mit der teilweise überharten Gangart der Afrikanerinnen schwer, beim Viertelfinal-Aus mit den spritzigen und wendigen Japanerinnen.
In der Verlängerung warf die DFB-Auswahl zwar noch mal alles nach vorne, brachte aber keinerlei gezielte Aktionen mehr zustande. Auch weil die Kraft fehlte. Bezeichnenderweise war Simone Laudehr, zuvor die Kilometerfresserin im deutschen Team, bereits nach rund 70 Minuten stehend k.o. Und das schon im vierten Spiel des Turniers.
Durch die fehlende physische Überlegenheit war die deutsche Mannschaft ihres großen Vorteils beraubt. Längst haben die vermeintlich kleinen Nationen in diesem Bereich aufgeholt. Fehlen dann auch die spielerischen Mittel, ist eben kein großer Unterschied mehr erkennbar zwischen Teams aus Japan, Frankreich oder Kanada und Deutschland.
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