Schwedens Fußballerinnen haben zum zweiten Mal nach 1991 WM-Bronze gewonnen und sich zum inoffiziellen Europameister gekrönt. Das 2:1 gegen Frankreich wollen die Skandinavierinnen als Steilvorlage für die EM 2013 im eigenen Land nutzen.
Als Lotta Schelin mit der Bronzemedaille um den Hals zum letzten Mal die Puppen tanzen ließ, schlüpfte Marie Hammarström in die Rolle von Pippi Langstrumpf. Ganz frech schnappte sich Schwedens Siegtorschützin den Spielball und versteckte ihn keck unter ihrem Trikot - getreu dem Motto der heimischen Kultband Abba: "The winner takes it all."
"Diesen Ball gebe ich mein Leben lang nicht mehr her. Mit ihm habe ich das wichtigste Tor meiner Karriere gemacht", sagte Hammarström nach dem 2:1 (1:0) der Skandinavierinnen im kleinen Finale gegen Frankreich in Sinsheim.
WM-Bronze als Augenöffner
Weil sich die Schwedinnen trotz 27-minütiger Unterzahl auch zum inoffiziellen Europameister der WM krönten, fühlte sich Trainer Thomas Dennerby wie in einem Mittsommertraum. "Man kann hier schon von Heldinnen sprechen. Das müsste einigen bei uns zuhause die Augen geöffnet haben, die den Frauenfußball bislang ignoriert haben", meinte der 51-Jährige mit hoffnungsvollem Blick auf die EM 2013 in Schweden.
Der stibitzte Ball indes überstand wie seine neue Besitzerin Hammarström neben dem Logobitombo-Tanz auf dem Feld auch den gold-silbernen Konfettiregen und eine spontane Pool-Party in der schwedischen Kabine unbeschadet. "Es waren alle drin im Wasser. Sogar der Trainer und der Präsident", verriet Schelin, die aus ihrer Wahlheimat Frankreich das tänzerische Markenzeichen mitgebracht hatte.
Schelin-Treffer mitten ins Herz
Ausgerechnet Schelin. Der schwedische Stürmerstar vom Champions-League-Sieger Olympique Lyon traf die mit sieben ihrer Klubkolleginnen gespickte Equipe Tricolore mit dem Führungstreffer mitten ins Herz (29.).
Im wahrsten Sinne, denn unmittelbar im Anschluss mussten sowohl die französische Torhüterin Berangere Sapowicz als auch Antreiberin Louisa Necib verletzt ausgewechselt werden. Allerdings sorgte Necib-Ersatz Elodie Thomis für den zwischenzeitlichen verdienten Ausgleich (56.).
Trainer mit Louis-de-Funes-Mimik
Was danach kam, das setzte Frankreichs Trainer Bruno Bini auch Stunden nach dem Abpfiff mächtig zu. "Das war eine lausige Ecke", schimpfte der 56-Jährige mit Louis-de-Funes-Mimik über die folgenschwere Fehlentscheidung von Schiedsrichterin Kari Seitz (USA). Nach einem ungerechtfertigten Eckstoß für Schweden nahm Hammarström den Ball an der Strafraumgrenze perfekt an, legte ihn sich auf den linken Fuß und feuerte ihren Schuss zum 2:1 in den Winkel.
"Mein rechter Fuß ist zu schlecht, deshalb musste ich improvisieren", sagte Hammarström über ihren entscheidenden Hammer.
Rote Karte als Motivationshilfe
Ein besonders Dankeschön bekam die Matchwinnerin von Josefine Öqvist. Die semmelblonde Stürmerin hatte nach einer Tätlichkeit in der 68. Minute die Rote Karte gesehen. Öqvist hatte gegen die ebenfalls am Boden liegende Sonia Bompastor nachgetreten. "Sie hat mich aber zuerst getroffen", sagte die Schwedin, die von ihrer Kontrahentin entlastet wurde: "Niemand hätte Rot sehen sollen."
Letztlich kam die Unterzahl den Schwedinnen gerade recht. In einem Kreis schworen sie sich nach dem Platzverweis auf die entscheidenden Minuten ein. "Dadurch sind wir als Team noch enger zusammengerückt. Ab diesem Zeitpunkt wollten wir den Sieg noch mehr", sagte Innenverteidigerin Sara Larsson.
Coach Dennerby verspürte ob der Kritik der Medien in der Heimat nach dem Halbfinal-Aus gegen Japan (1:3) sogar ein bisschen Genugtuung. "Wir wollten allen zeigen, dass wir als Mannschaft zurückkommen können." Hammarström wird an diesen Triumph von Sinsheim fortan für den Rest ihres Lebens durch ein rundes Mitbringsel mit dem Sticker "Used" (gebraucht) erinnert. "Und jetzt wollen wir bei Olympia im nächsten Jahr eine Medaille", sagte die Matchwinnerin ganz forsch.
Der Spielplan zur Frauen-WM