Horst Hrubesch schlürfte genüsslich eine Cola und redete zwischen den Koffein-Schüben seine neuen Schützlinge stark. "Ich glaube an die Mannschaft und an die Qualität", sagte der Interimstrainer der deutschen Fußballerinnen nach seinem erfolgreichen Debüt: "Wir müssen einfach alles dafür geben, um Olympia zu erreichen."
Die Chance darauf hat der zweimalige Weltmeister durch das 5:1 (1:1) in der Nations League gegen Wales gewahrt - trotz des belastenden Theaters um Martina Voss-Tecklenburg an den Tagen zuvor. "Wir haben es ausgeblendet", erklärte Hrubesch mit Blick auf den Rummel um die Bundestrainerin a.D.: "Wir haben viel gesprochen. Für mich war es wichtig, reinzuhören."
Das hat vor 20.107 Zuschauern in Sinsheim gegen Wales gefruchtet - obwohl die angeschlagene Kapitänin Alexandra Popp fehlte. Lea Schüller (25./47.), Giulia Gwinn per Foulelfmeter (80.), Sjoeke Nüsken (86.) und Nicole Anyomi (88.) trafen für die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Ceri Holland (43.) hatte zwischenzeitlich ausgeglichen.
Entspannt hat sich die Lage durch den Dreier aber längst nicht. Schon am Dienstag auf Island (20.00 Uhr/zdfsport.de) sind die Vize-Europameisterinnen erneut zum Siegen verdammt, um den Olympiatraum am Leben zu erhalten. Nur als Gruppensieger hat der Olympiasieger von 2016 Chancen auf ein Ticket für Paris 2024. Und die Däninnen liegen nach wie vor drei Punkte vor den Deutschen.
DFB-Team - Schüller: "Lockerheit ist wieder gekommen"
Hrubesch weiß, dass bis zum Duell mit Dänemark (1. Dezember) nur Siege zählen. "Wenn wir ein Spiel in den Sand setzen, dürfte der Kuchen gegessen sein", kommentierte der 72-Jährige vor dem Flug am Sonntag nach Reykjavic die Ausgangslage: "Wir werden auf Island beißen müssen. Es muss jetzt halt einfach zusammenwachsen."
Dass Hrubesch dabei schon große Schritte gemacht hat, scheint außer Frage zu stehen. "Die Lockerheit ist wieder gekommen", bewertete Doppel-Torschützin Schüller die ersten Tage unter der Regie des Hamburger Idols. Laut Ersatz-Spielführerin Svenja Huth war "die Handschrift von Horst" schon klar zu sehen.
Am deutlichsten wurde Gwinn. "Mit seiner Art und Weise hat er die richtigen Worte gefunden", sagte die Außenverteidigerin: "Er hat zwischenmenschlich ein gutes Gefühl für die Mannschaft und tut dem Team mit seiner Persönlichkeit extrem gut."
Die Einlassungen der Spielerinnen verdeutlichten erneut, dass sich die Auswahl weitgehend von ihrer eigentlichen Trainerin distanziert hat. Die Posse um "MVT" hatte den deutschen Frauen in den Tagen vor dem Wales-Spiel das Leben schwer gemacht.
Die öffentlichen Auftritte Voss-Tecklenburgs mit Vorträgen sowie ihr Instagram-Statement am Dienstag hatten zur Unzeit die Unruhe geschürt. Angesichts der drohenden Schlammschlacht zwischen Voss-Tecklenburg und dem DFB fiel die Konzentration auf das Wesentliche schwer.
Die in Sinsheim anwesenden DFB-Bosse um Präsident Bernd Neuendorf und Geschäftsführer Andreas Rettig schwiegen zu dem Fall, doch das möglicherweise finale Gespräch mit "MVT" soll wohl nächste Woche stattfinden. "Zeitnah" nach dem Urlaubsende der zuvor erkrankten Voss-Tecklenburg, deren Vertrag vor dem WM-Debakel bis 2025 verlängert worden war.
Und sollte die MVT-Frage endgültig geklärt sein, dürfte Hrubesch seine "Mädels" wohl auch zukünftig stark reden.