Japan schafft das kleine Wunder

Von Florian Bogner / Matthias Kohlmaier
1,68 Meter geballte Elfmetertöter-Power: Ayumi Kaihori hielt zwei Elfmeter der US-Spielerinnen
© Getty

Die USA hat den dritten Weltmeistertitel bei den Frauen verspielt. Im Finale der WM 2011 unterlag der Favorit dem Deutschland-Bezwinger Japan mit 1:3 im Elfmeterschießen. Nach 90 Minuten hatte es 1:1, nach der Verlängerung 2:2 gestanden. Die Japanerinnen hatten zuvor noch nie gegen die USA gewonnen und waren bei einer WM nie weiter als bis ins Viertelfinale gekommen.

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Vor 48.817 Zuschauern in der ausverkauften Frankfurter Arena hatte die eingewechselte Alex Morgan die USA in Führung gebracht (69.). Aya Miyama schoss Japan nach einem Blackout der US-Abwehr in die Verlängerung (80.).

In der Verlängerung erzielte Abby Wambach mit ihrem insgesamt 13. WM-Tor das 2:1 für die USA (104.), ehe die Toptorjägerin der WM, Homare Sawa, mit ihrem fünften Turniertreffer auf 2:2 stellte (117.).

Im Elfmeterschießen versagten dann mit Shannon Boxx, Carli Lloyd und Tobin Heath gleich bei drei US-Spielerinnen die Nerven. Saki Kumagai schoss Japan mit einem perfekt in den linken Winkel geschossenen Elfmeter schließlich zum Titel.

Den USA blieb so der dritte WM-Titel nach 1991 und 1999 verwehrt. Japan ist damit erster asiatischer Weltmeister.

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Japan mit derselben Elf, die Schweden im Halbfinale 3:1 schlug.

Bei der USA ist Buehler nach ihrer Roten Karte im Viertelfinale gegen Brasilien wieder zurück. Für sie muss Sauerbrunn auf die Bank. Die zuletzt als Joker stark aufspielende Rapinoe bekommt den Vorzug vor Rodriguez.

8.: Rapinoe verlädt Kinga und flankt von links scharf vors Tor. Cheney spitzelt den Ball knapp am kurzen Pfosten vorbei.

18.: Rapinoe schließt von links fast von der Torauslinie ab. Außenpfosten.

29.: Wambach zieht vom linken Sechzehnereck ab und knallt den Ball rechts an die Latte.

48.: Die eingewechselte Morgan spitzelt eine Flanke von rechts an Kaihori vorbei an den Pfosten. Sawa klärt kurz vor der Linie.

61.: Sawa lupft den Ball in den Strafraum, Rampone springt unten durch. Kinga ist eigentlich frei durch, zieht aber überhastet volley ab. Weit drüber.

69., 0:1, Morgan: Rapinoe spielt den Ball tief aus der eigenen Hälfte in den Lauf von Morgan. Die schüttelt Kumagai ab und versenkt den Ball aus 14 Metern unten rechts. Zweites Turniertor.

80., 1:1, Miyama: Flanke Maruyama von rechts. Kawasuma und Buehler gehen zum Ball und zu Boden. Dann Slapstick: Buehler schießt Krieger an, die legt Miyama den Ball vor den Fuß. Miyama schiebt ihn aus fünf Metern links ein. Zweites Turniertor.

104., 1:2, Wambach: Morgan schnappt sich links den Ball, zieht bis an die Torauslinie durch und flankt scharf an den Fünfer. Wambach ist da und köpft aus vier Metern rechts oben ein. Viertes Turniertor.

115.: Sawa schlägt den Ball lang in den Strafraum. Kinga spitzelt den Ball an Solo vorbei, Rampone klärt im letzten Moment.

117., 2:2, Sawa: Miyama schlägt eine Ecke von links an den kurzen Pfosten. Flugkopfball Sawa, Wambach fälscht leicht ab - drin! Fünftes Turniertor.

120., Rot gegen Iwashimizu: Iwashimizu legt Morgan an der Strafraumgrenze um. Notbremse, Rot.

Elfmeterschießen: Kaihori hält gegen Boxx. Miyama trifft. Lloyd schießt übers Tor. Solo hält gegen Nagasato. Kaihori hält gegen Heath. Sakaguchi, Wambach und Kumagui treffen.

Fazit: Beharrlichkeit schlägt Kraft. Die USA mit der weniger reifen Spielanlage, dafür aber mit der besseren Physis und den üppigeren Chancen. Japan gab jedoch nie auf, nutzte Fehler der Favoritinnen eiskalt und holte sich den ersten WM-Titel.

Der Star des Spiels: Aya Miyama. Die linke Mittelfeldspielerin der Japanerinnen spulte ein riesiges Laufpensum ab, hatte ihre Gegenspielerinnen stets im Griff und war selbst in der Offensive brandgefährlich. Beim 1:1 profitierte sie vom Missgeschick der Gegnerinnen, vor dem 2:2 leistete sie mit ihrem Eckball die Vorarbeit. Im Elfmeterschießen verwandelte sie eiskalt. Ebenfalls stark: Strategin Sawa und natürlich Torfrau Kaihori.

Der Flop des Spiels: Rachel Buehler und Alexandra Krieger beim 1:1. Hätten die beiden Abwehrspielerinnen nicht Miyama mit ihrer Slapstick-Einlage bedient, es wäre wohl nicht mal zur Verlängerung gekommen.

Die Schiedsrichterin: Bibiana Steinhaus (GER). Souveräne Leiterin eines insgesamt fairen Finals. Rot für die Notbremse von Iwashimizu war völlig korrekt. Einziger, allerdings auch schwerer Fehler: Ohno stand Höhe Mittellinie nicht im Abseits, wäre frei durch gewesen (63.).

Analyse: Mit dem Größenvorteil von über sieben Zentimetern im Schnitt und der wuchtigen Wambach (1,80 Meter) im Sturmzentrum war die Devise der USA schnell klar: Der Ball sollte wenn möglich hoch in den Strafraum. Das Mittelfeld wurde so oft ohne große Umschweife mit Diagonalbällen auf die Außen, meist auf Rapinoe, überbrückt.

Auch das Spekulieren auf die zweiten Bälle - Schema: hoch und weit - hatte Sundhage offenbar auf die Agenda gesetzt. Die Japanerinnen hatten gegen die physisch starken Gegnerinnen, die sie förmlich überpowerten, am Anfang große Probleme. Nach 20 Minuten stellten sich die Asiatinnen aber besser auf das insgesamt recht eindimensionale Spiel des zweimaligen Weltmeisters ein.

Die Japanerinnen bevorzugten einen ruhigeren Spielaufbau, wodurch sie knapp mehr Ballbesitz als die optisch klar überlegenden US-Girls hatten. Sawa und Ohno suchten die Lücken in der hoch stehenden US-Abwehr und spielten den Ball bevorzugt tief in die Gasse auf Kawasumi oder Ando.

Insgesamt agierten die Außenseiterinnen aber lange zu brav und wenig zielgerichtet. Der Führungstreffer der Favoritinnen fiel dann paradoxerweise per Konter - Japan war einmal zu weit aufgerückt. Die US-Amerikanerinnen hätten nun ein leichtes gehabt, Japan mit ihrem resoluten Spiel vom eigenen Tor wegzuhalten. Ein Slapstick-Tor brachte die Asiatinnen dann aber doch noch in die Verlängerung.

Dort dasselbe Bild: Die Amerikanerinnen nutzten ihre Kräftevorteile zum 2:1, fingen sich dann aber erneut ein vermeidbares Gegentor. Im Elfmeterschießen versagten den Favoritinnen dann die Nerven.

Die Frauen-WM 2011 im Überblick

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