"Vielleicht irgendwann Bundesliga..."

Von Interview: Leonardo Scheinkman
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© Imago

München - Es ist nicht leicht in seine Fußstapfen zu treten. Die Nummer 9 der Selecao trug fast ein Jahrzehnt lang ein gewisser Ronaldo Luis Nazario de Lima - kurz Ronaldo - dreimaliger Weltfußballer des Jahres, zweimaliger Weltmeister, Rekordtorschütze bei Weltmeisterschaften.

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Seit etwa einem Jahr trägt die Nummer 9 der brasilianischen Nationalmannschaft nun ein gewisser Vagner Silva de Souza, genannt Vagner Love. Der 23-Jährige spielt schon seit über vier Jahren in Europa - allerdings am östlichen Rand. Vagner Love ist Stürmer bei ZSKA Moskau, UEFA-Cup-Sieger 2004, und daher eher ein ungewöhnlicher Fall.

Doch wieso heißt Vagner Love eigentlich "Love"? Wie lebt es sich als Brasilianer in Moskau? Und was ist dran an den proklamierten Wechselabsichten? Bei SPOX.com stand der brasilianische Nationalstürmer Rede und Antwort.

SPOX: Vagner Love, als Brasilianer in Russland Fußball zu spielen ist nicht alltäglich. Wie darf man sich Ihr Leben vorstellen? 

Vagner Love: Ach, so schlimm ist das gar nicht. Mir geht es wirklich gut, ich führe ein tolles Leben. Alles ist locker, fast ungezwungen. Die Menschen sind sehr freundlich und zuvorkommend, und obwohl die russische Mentalität anders ist als die brasilianische, komme ich wirklich gut zurecht.

SPOX: Wieso wollen sie Ihren Verein ZSKA Moskau dann verlassen?

Vagner Love: Ich mache eben kein Geheimnis daraus, dass ich irgendwann mal für einen Top-Klub in Europa spielen will - am liebsten in Spanien, England oder Italien. Aber ich habe dabei keine Eile und sage auch nicht, dass ich besser heute als morgen weg will. Ich fühle mich wohl bei ZSKA und gehe nur, wenn ein Angebot kommt, das für beide Seiten Sinn macht.

SPOX: Ihnen werden Meinungsverschiedenheiten mit den Verantwortlichen bei ZSKA nachgesagt.

Vagner Love: Das stimmt nicht, zwischen uns gibt es keinen Streit. Ich werde von jedem respektiert und unterstützt und will das auch weiterhin mit guten Leistungen zurückzahlen.

SPOX: Haben Sie denn schon Angebote aus dem Ausland erhalten?

Vagner Love: Natürlich wird der ein oder andere Verein in den Medien gehandelt, aber offiziell habe ich noch keine Angebote erhalten, nein.

SPOX: Was ist mit der Bundesliga?

Vagner Love: Man weiß nie, vielleicht führen mich meine Wege auch irgendwann mal in die Bundesliga.

SPOX: Welcher Klub würde Sie denn reizen?

Vagner Love: Da habe ich keinen klaren Favoriten und mir ehrlich gesagt auch noch keine Gedanken drüber gemacht. Wenn, dann würde ich sowieso nur zu einem Klub wechseln, den ich mir gut vorstellen kann und wo ich auch gebraucht werde.

SPOX: Verfolgen Sie das Geschehen in Deutschland?

Vagner Love: Ich weiß schon ein bisschen was über den deutschen Fußball, einige meiner Freunde aus der brasilianischen Nationalmannschaft spielen ja in Deutschland. Lucio, Diego und Naldo, zum Beispiel.

SPOX: Welche Spieler aus der russischen Liga sind für Sie die besten Exportschlager?

Vagner Love: Sie meinen, wer die besten Spieler der Liga sind? Im Tor auf jeden Fall Akinfejew von meinem Verein. In der Abwehr Wasili Beresutzki, der auch bei uns spielt. Im Mittelfeld vielleicht Andrej Arschawin von Zenit St. Petersburg und im Sturm... ich (lacht).

SPOX: Stimmt es, dass Sie wechseln wollen, weil in Brasilien von der russischen Liga überhaupt keine Notiz genommen wird und Sie deshalb um Ihren Platz in der Selecao fürchten?

Vagner Love: Es stimmt, dass in Brasilien so gut wie nichts aus Russland gezeigt wird, außer wir spielen UEFA-Cup oder Champions League. Und es stimmt auch, dass sich viele Brasilianer hier deshalb Sorgen um ihr Image machen. Aber wie gesagt: Ich fühle mich wohl bei ZSKA.

SPOX: In Moskau sind sie Publikumsliebling und Ihre Freudentänze mit ihren Landsmännern Dudu und Jo nach jedem Tor jetzt schon legendär.

Vagner Love: Ich liebe es einfach Fußball zu spielen. Ein Tor ist nun mal der emotionalste und wichtigste Moment des Spiels, und den kosten wir aus, wenn wir jubeln. Ich versuche aber immer den Spaß mit der Verantwortung, mein Bestes zu geben, unter einen Hut zu bekommen.

SPOX: Bei allem Spaß - haben Sie auch konkrete Ziele?

Vagner Love: Natürlich, jeder Fußballer braucht Ziele, um erfolgreich zu sein. Das ist bei mir nicht anders. Einmal für einen großen Klub zu spielen und die WM mit Brasilien zu gewinnen - das sind die Ziele, die mich anspornen.

SPOX: Ist das Training in Russland härter als in Brasilien?

Vagner Love: In der Vorbereitung auf jeden Fall. Gerade waren wir in Dubai im Trainingslager und haben dreimal am Tag trainiert. Da war ich abends tot!

SPOX: Was gibt's über die russische Küche zu sagen?

Vagner Love: Ich mag sie, wirklich. In unserem Trainingszentrum gibt es sehr gute Gerichte. Mein Leibgericht sind Bohnen. Ohne Bohnen könnte ich nicht leben (lacht).

SPOX: Kochen Sie auch mal selbst?

Vagner Love: Ich? Kochen? Nein, niemals. Ich wollte ich könnte es, aber das einzige, was ich hinbekomme, sind ein paar Spiegeleier.

SPOX: Was machen Sie sonst in Ihrer Freizeit?

Vagner Love: Am liebsten höre ich Musik aus meiner Heimat Brasilien. Im Sommer mache ich gerne Barbecue mit meiner Familie. Im Internet surfen macht mir aber auch viel Spaß.

SPOX: Wer war Ihr Kindheitsidol?

Vagner Love: Früher Romario, später Ronaldo. Zwei fantastische Spieler, die sehr viel für Brasilien erreicht haben.

SPOX: Wie sind Sie eigentlich Fußball-Profi geworden?

Vagner Love: Ich habe am Anfang nur Futsal gespielt, in meiner Heimat, in Bangu. Vom Futsal bin ich irgendwann zum richtigen Fußball gewechselt. Ich habe die Jugendabteilung von Vasco da Gama durchlaufen und bin dann zu Palmeiras gewechselt, wo meine Karriere so richtig begann.

SPOX: Letzte Frage: Woher kommt das "Love" in Vagner Love?

Vagner Love: Ohje. Das stammt aus der Zeit, als ich noch für die Jugendmannschaft von Palmeiras in Sao Paulo gespielt habe. Damals wurde ich von einem Trainer mit einem Mädchen erwischt und wurde danach fast aus dem Verein geworfen. Ich habe mich entschuldigt und durfte dann doch weiter spielen. Dieser peinliche Moment war mir eine Lehre und ich habe mich danach immer an die Vorgaben meiner Trainer gehalten. Der Name "Love" ist mir dann von meinen Mitspielern gegeben worden. Am Anfang war ich nicht gerade begeistert drüber, aber im Nachhinein hat er meiner Karriere durchaus gut getan.