Auch kurz vor Spielende ist sein Hunger noch nicht gestillt. Sein Hunger auf Tore. Als der letzte Ajax-Angriff gegen VVV Venlo rollt, startet Luis Suarez in eine Lücke. Der Ball interessiert ihn jetzt nicht. Er will in den Strafraum. Dort, wo es gefährlich wird. Dort, wo die Kugel dann hinkommt. Und dort, wo Suarez auch den vierten Treffer beim 4:0-Sieg von Ajax erzielt.
Am 7. Spieltag der Eredivisie sind es die Saisontreffer Nummer sieben bis zehn des Uruguayers. Zwei weitere lässt der 22-Jährige zwei Wochen später in Kerkrade folgen. "Suarez hat nicht gut gespielt und trifft zweimal. Das sagt einiges über seine Klasse aus", lobt Augenzeuge Youri Mulder gegenüber SPOX.
Für den ehemaligen Schalker ist Suarez "der beste Spieler der Eredivisie". Ein guter Antritt, ein ordentliches Kopfballspiel, cool vor dem Tor und einen starken rechten Fuß als echte Waffe - der Offensivallrounder offenbart kaum Schwächen.
Mulder: "Er macht 20 bis 30 Prozent aus"
Zudem bereitet El Pistolero - so der Spitzname aufgrund seines Torjubels, bei dem er stets mit zu Pistolen geformten Händen in die Luft schießt - immer wieder Tore für seine Teamkameraden vor. Auch deshalb ist Mulder sicher: "Er macht bei Ajax 20 bis 30 Prozent aus. Durch seine individuellen Qualitäten und seine Möglichkeiten, Chancen zu kreieren und zu verwerten, ist er für das Team unverzichtbar."
Dem will Ajax-Trainer Martin Jol, der Suarez vor dieser Spielzeit zum Kapitän berief, natürlich nicht widersprechen: "Er ist einer der besten Angreifer. Es ist eine Freude, ihm beim Fußball spielen zuzusehen."
Schwalbenkönig und Meckerer?
Alles wunderbar also? Nicht unbedingt, denn Suarez ist längst nicht makellos. In der vergangenen Saison verpasste der Rechtsfuß aufgrund von Gelb-Sperren drei Liga-Spiele - was ihn letztlich auch die Torjägerkanone kostete.
"Diese Karten tun dem gesamten Team weh. Ich werde mit ihm reden müssen. Er muss sein Verhalten ändern", stellte der damalige Ajax-Coach Marco van Basten im Frühjahr unmissverständlich fest. Denn häufig sind Suarez' Verwarnungen Resultat plumper Schwalben oder Diskussionen mit den Unparteiischen.
Diesbezüglich hat sich Suarez laut Mulder zuletzt allerdings schon gebessert: "Er hat auf die Kritik richtig reagiert. Ab und zu lässt er sich noch fallen, aber die Schwalben sind deutlich weniger geworden." Und dadurch ist Suarez in erster Linie wieder aufgrund seiner starken Auftritte in aller Munde.
Mit 18 Jahren Debüt bei den Profis
Die ersten Schritte machte Luis Alberto Suarez Diaz, so sein vollständiger Name, in Salto, einer 100.000-Einwohner-Stadt im Nordwesten Uruguays. Sein Traum ist es schon immer, für Nacional Montevideo zu spielen. Seinem erklärten Lieblingsverein.
1998 erfüllt sich dieser Wunsch. Der damals Elfjährige wagt den Schritt in die Hauptstadt. Sieben Jahre später gibt er beim dreimaligen Weltpokalsieger sein Debüt bei den Profis. Ein Jahr später gewinnt er mit den Tricolores seinen ersten Titel.
Ärger in Groningen
Es folgt der Sprung nach Europa. Suarez und sein Berater Daniel Fonseca entscheiden sich für den Weg in die Niederlande, zum FC Groningen. Bei den Grün-Weißen unterschreibt der Youngster für fünf Jahre. Davon wollen er und Fonseca zwölf Monate später jedoch schon nichts mehr wissen.
Ajax Amsterdam lockt Suarez als Nachfolger für Ryan Babel. Doch das erste Angebot über 3,5 Millionen Euro lehnt Groningen entrüstet ab. Die Folge: Fonseca beschwert sich öffentlich, dass seinem Klienten die Zukunft verbaut werde. Und Suarez tritt in der Vorbereitung demonstrativ lustlos auf und bleibt Übungseinheiten fern.
Letztlich muss das Schiedskomitee des niederländischen Verbandes entscheiden. Obwohl Suarez den Prozess verliert, einigen sich beide Klubs doch auf einen Wechsel. Für 7,5 Millionen Euro wechselt der Angreifer nach Amsterdam, wo er anderthalb Jahre ein kongeniales Duo mit Klaas-Jan Huntelaar bildet. Nach dessen Wechsel zu Real wird Suarez noch wichtiger für Ajax.
Uruguays Hoffnungsträger
Doch auch für sein Heimatland ist Suarez mittlerweile unverzichtbar. "Ich hoffe, dass ich mein Land würdig vertrete", gibt er sich bescheiden. In der WM-Quali verpasste Suarez nur eine Partie. Am Samstag erzielte er mit seinem fünften Quali-Treffer den Ausgleich beim 2:1-Sieg in Ecuador. In der Nacht zum Donnerstag soll er Uruguay nun im direkten Duell gegen Argentinien zum Sieg und damit zur WM nach Südafrika schießen.
Ob er nach dieser Weltmeisterschaft noch einmal für Ajax auflaufen wird, scheint zumindest fraglich. Denn längst stehen internationale Spitzenklubs bei Suarez Schlange. Ob Liverpool, Arsenal oder Manchester United aus England, der FC Barcelona, Valencia, Real Madrid oder zuletzt Atletico aus Spanien oder Olympique Lyon aus Frankreich - sie alle werden mit Suarez in Verbindung gebracht.
Der AC Milan soll Ajax im Sommer bereits ein Angebot über 40 Millionen Euro unterbreitet haben. "In der Serie A könnte er seine Stärke auf engem Raum ausspielen, denn die kleinen Vereine stellen sich gegen die Topmannschaften nur hinten rein", sagt Mulder.
"Bei Arsenal auf der Eduardo-Position"
Also eher Italien statt England? "In der Premier League wird sehr physisch gespielt. Körperlich muss sich Suarez noch verbessern. In englischen Wochen fehlt ihm manchmal die Kraft. Wenn dann würde ich ihn dort eher hinter den Spitzen spielen lassen. Bei Arsenal beispielsweise auf der Eduardo-Position", so Mulder.
Doch wenn es nach Suarez geht, führt sein Weg ohnehin nach Spanien. "Mein Traum ist es, bei Real Madrid oder dem FC Barcelona zu spielen und in die Fußstapfen von Spielern wie Wesley Sneijder, Rafael van der Vaart und Ibrahimovic zu treten", verriet er kürzlich.
De Boer: "Er ist Messi sehr ähnlich"
Da trifft es sich gut, dass Barcas Trainer Pep Guardiola ein großer Fan des Uruguayers ist. Laut "El Mundo Deportivo" soll der Erfolgscoach dem Vorstand des Champions-League-Siegers eine Verpflichtung nahegelegt haben.
Bei den Katalanen würde Suarez laut Ex-Barca-Profi Frank de Boer auf sein Ebenbild treffen: "Mit seinen Diagonalläufen ins Zentrum und starken Abschlüssen ist er Lionel Messi sehr ähnlich."
Ganz so weit geht Mulder nicht: "Er ist ein Spielertyp wie Jefferson Farfan. Beide sind sehr trickreich und können gut dribbeln. Zu Topstürmern wie Wayne Rooney oder Cristiano Ronaldo fehlt ihnen aber noch ein bisschen."
Alles zur Eredivisie