Serie A
von Oliver Birkner
Derby voller Emotionen: Es war ein hitziger, intensiver 273. Mailänder Stadtvergleich, den Inter verdient 2:0 gewann. Erhebliche Mitschuld an der aufgeregten Atmosphäre trug vor allem der schwache Referee Rocchi, der in seiner ersten Derbyleitung oft die Übersicht verlor: eine unberechtigte Gelbe Karte für Lucio wegen einer vermeintlichen Schwalbe veranlasste Wesley Sneijder zu höhnischem Applaus, den der Schiedsrichter mit Rot abstrafte (26.). Natürlich hätte sich der Niederländer das Klatschen sparen dürfen, natürlich hätte es Rocchi in einer seit Tagen emotional hochgekochten Partie auch bei Gelb belassen und Größe beweisen können. In der 91. Minute erfand der Referee einen weiteren Platzverweis (Gelb-Rot für Lucio, der einen Huntelaar-Schuss aus kurzer Distanz unabsichtlich mit der Hand blockte) plus Elfmeter - Julio Cesar parierte allerdings gegen Ronaldinho. Für Inter war es ein Erfolg der Moral und Stärke, den Marco Materazzi auf dem Rasen mit aufgesetzter Berlusconi-Plastikmaske feierte. Jose Mourinho war im Siegesrausch kaum zu bremsen: "Nur zu sechst hätten wir heute verloren, denn auch zu siebt wäre Inter als Sieger vom Platz gegangen, vielleicht spielen wir nächste Woche in Parma ja zu siebt, wer weiß. Hätte Ronaldinho, der komischerweise jedes Wochenende einen Elfmeter schießen darf, getroffen, wären sicher acht Minuten nachgespielt worden. Es wird alles versucht, uns am Titel zu hindern. Doch das ist euer Land, eure Liga - ich gehe irgendwann, und dann müsst ihr Italiener damit weiterleben."
Pasta mit Becks: Milans David Beckham zeigte sich ob der Derby-Niederlage betrübt, doch unter der Woche wird er die Sorgen einfach wegkochen. Denn seit kurzem belegt der Engländer in Mailand einen italienischen Kochkurs. In den ersten Stunden am Herd lernte er bereits die Geheimnisse der Bologneser Soße und der Carbonara. Kommende Lektion: Risotto. Aus Erfahrung sind die Engländer ja nun keine wirklichen Herd-Rastellis, und sollte Beckham demnächst ernsthaft zu Hause kochen, läuft Frau Victoria Gefahr, vollends im Gewichtsmangel zu verschwinden.
Kalte Dusche für Cosmi: Verschwunden ist auch der überaus sympathische Coach Serse Cosmi, der nach dem 0:2 gegen Napoli sein Amt in Livorno niederlegte. Aus Differenzen mit dem kauzigen Präsidenten Aldo Spinelli, hieß es. Doch der Grund liegt wohl woanders: Vor der Partie hatte Cosmi auf die Frage nach möglichen Neuzugängen geantwortet: "Spieler? Wir brauchen erst einmal einen neuen Boiler, denn heute musste ich nach dem Training schon wieder kalt duschen." Scheinbar wollte der Präsident eher effektive neue Stürmer als warmes Wasser. Zumindest kann sich Cosmi für Erste daheim ein relaxtes, warmes Schaum-Bad gönnen.
Premier League
von Raphael Honigstein
Delap ärgert Wenger: Kurz vor Weihnachten wartete Arsene Wenger mit einem sehr ungewöhnlichen Vorschlag auf. "Man sollte Einwürfe abschaffen", forderte der Arsenal-Trainer. Mannschaften mit ausgemachten Spezialisten wie dem früheren Speerwerfer Rory Delap (Stoke City) in ihren Reihen hätten einen unfairen und zudem fachfremden Vorteil, glaubte der Franzose, "(sie) machen sich eine Stärke zunutze, die sonst gar nicht zu den Stärken im Fußball gehört". Wenger regte an, Einwürfe durch "kick-ins" (Einstöße) zu ersetzen, das würde das Spiel auch schneller machen. Die Schnapsidee traf aus Sicht des Ober-Gunners auf wenig Gegenliebe auf der Insel, dabei hätte dem 60-Jährigen ein Einwurfverbot gerade am Sonntag wunderbar in den Kram gepasst. Im Britannia-Stadion bombardierte Delap den Strafraum der Londoner natürlich bei jeder Gelegenheit, dazu brachten die Hausherren Arsenals bessere B-Elf mit Härte und Einsatz aus dem Konzept. Wenger übernahm die Verantwortung für das Aus im Pokal, gab aber an, auf Grund des schweren Programms in den nächsten Wochen keine andere Wahl gehabt zu haben. Immerhin durfe der Elsässer sich hinterher - wie immer - wenigstens noch als moralischer Sieger gerieren. "Gegen Stoke erlebt man keine Überraschungen", rümpfte Wenger die Nase, "sie waren in einem sehr simplen Spiel körperlich stärker als wir. Sie waren nicht besser, sondern gefährlicher". Genau. Bis zum nächsten Duell am 27. Februar dürfte es mit der Regeländerung leider knapp werden.
Fergusons Liebesgrüße nach Madrid: United-Fans rollten vor dem Premier-League-Match gegen Hull City ein sarkastisches Banner aus: "Glazers: Wir stehen für immer in Eurer Schuld". Trotz der Bitte Alex Fergusons in der Prorammzeitschrift, auf lautstarke Proteste zu verzichten ("Wir müssen alle zusammen stehen, wir dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen"), wurde im Old Trafford kräftig "Die Glazer, fucking die" skandiert. Auf dem Platz lief es dagegen prächtig. Wayne Rooney steht nach seinen vier Toren beim 4:0 gegen Hull City kurz davor, die (in England irrsinnig früh durchgeführte) Wahl zum Spieler des Jahres 2008/09 zu gewinnen. 19 Tore in 21 Ligaspielen lassen keine Wünsche offen, außer einem kleinen Argentinier in den Diensten Barcelonas gibt es derzeit wohl keinen besseren Kicker auf der Welt. United-Trainer Alex Ferguson weigerte sich nach der Rückeroberung der Tabellenspitze allerdings, Rooneys Leistungsexplosion mit dem Abschied von Cristiano Ronaldo in Verbindung zu bringen. "Das hat damit nichts zu tun", sagte der 68-Jährige, "Wayne war hier immer the main man", der wichtigste Mann. Das darf man getrost unter "Liebesgrüße nach Madrid" und "eine kleine Spitze gegen Carlos Tevez vor dem Ligapokalhalbfinalrückspiel am Mittwoch" verbuchen.
Der kleine Robinho will heim: Man Citys 4:2-Sieg im Pokal bei Zweitligist Scunthorpe United war wahrscheinlich die letzte Partie von Robinho auf der Insel. Der Brasilianer will sich "vier, fünf Monate vor der WM" nicht damit begnügen, nur jedes zweite Spiel von Anfang zu machen. "Der Trainer war sehr ehrlich zu mir", sagte der 26-Jährige, "und ich habe ihm gesagt. dass das für mich uninteressant ist". Eine Rückkehr zu Santos ist im Gespräch, denn den großen europäischen Spitzenvereinen ist Robinho a) zu teuer, b) zu lauffaul und c) zu launisch. Vor seinem Abschied offenbarte der Mann aus Sao Vicente noch unfreiwillig sein Problem. "In England stellen dich die Trainer in eine Formation und erwarten von dir, dass du dort spielst, egal ob du groß oder klein bist", klagte er. Ein Spiel ohne Taktik, das ist mehr sein Ding.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Engel oder Teufel? Cristano Ronaldo hat dem Spiel von Real Madrid mal wieder seinen Stempel aufgedrückt - im positiven wie im negativen Sinne. Gegen den FC Malaga markierte der portugiesische Superstar beide Treffer beim 2:0, erlebte den Schlusspfiff aber nicht auf dem Platz, weil er wegen einer Tätlichkeit gegen Patrick Jan Mtiliga in der 70. Minute mit Rot vom Platz flog. "Cristiano, vom Himmel in die Hölle", titelte die "Marca" in ihrer Online-Ausgabe. "Engel und Teufel", schrieb die "AS". Ronaldo wurde vom Malaga-Verteidiger im Mittelfeld gehalten, wollte sich losreißen und schlug dem Dänen dabei die Faust ins Gesicht. Ihm Absicht zu unterstellen, wäre vermessen. Deshalb fanden auch die Real-Verantwortlichen den Platzverweis zu hart. "Ein Schiedsrichter muss wissen, wer für das Spektakel zuständig ist und wer versucht, es zu zerstören", sagte Sportdirektor Jorge Valdano. Allerdings ging Mtiliga mit einer gebrochenen Nasenscheidewand aus dem Spektakel hervor. Trotzdem fühlte sich Ronaldo ungerecht behandelt. "Es ist eine Schande, dass ich vom Platz geflogen bin. Das war niemals eine Rote Karte", sagte der Portugiese. Außerdem habe er sich bei Mtiliga entschuldigt. "Und er hat mir gesagt, dass es kein Foul war, weil es nicht meine Absicht war, ihn zu attackieren."
Schreckliche Verletzung von Filipe: Bitterer Abend für Deportivo La Coruna. Trotz des 3:1-Sieges über Athletic Bilbao war den Galiciern nicht zum Feiern zumute. Denn Linksverteidiger Filipe brach sich beim Treffer zum 1:0 den Knöchel und das Wadenbein und riss sich alle Bänder im Sprunggelenk. Ein grausiger Anblick, der Trainer Miguel Lotina auf der Bank die Tränen in die Augen trieb. Athletic-Torhüter Gorka Iraizoz war dem Brasilianer bei der Rettungsaktion unglücklich aufs Bein gefallen. Bei Depor wurden schreckliche Erinnerungen an eine ähnliche Verletzung von Manuel Pablo wach, der sich 2001 gegen Celta Vigo Schien- und Wadenbein brach, anschließend 13 Monate ausfiel und nie wieder sein altes Niveau erreichte. "Es ist möglich, dass Filipe nicht wieder auf das gleiche Level zurückkommt", sagte Mannschafsarzt Rafael Arriaza. "Aber in den meisten Fällen erholen sich die Spieler ohne Probleme. Deshalb sind wir optimistisch." Auch wir wünschen alles Gute!
Rekord, Rekord, Rekord! Was soll man eigentlich zu diesem FC Barcelona noch sagen? Die Katalanen dominieren die Liga weiterhin nach Belieben und kassieren ganz nebenbei auch noch jede erdenkliche Bestmarke. Durch den 3:0-Sieg am Samstag in Valladolid blieb Barca zum ersten Mal in der 110-jährigen Vereinsgeschichte eine komplette Hinrunde ohne Niederlage (15 Siege, 4 Unentschieden). Das war zuvor erst vier Mannschaften gelungen, zuletzt Real San Sebastian in der Saison 2002/03. Außerdem erzielte Lionel Messi seinen 15. Saisontreffer - so viele wie noch nie in einer Hinserie. Und durch den dritten Zu-Null-Sieg in Folge gab's auch noch eine dritte Bestmarke: vier Auswärtsgegentore in der Vorrunde gab es in der Liga noch nie zuvor.