Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
Von Oliver Birkner
Nackte Haut zum Scudetto: Die Stadt tüncht sich in Gelb-Rot. Auf Balkons, aus den Fenstern, in den Autos. Zuletzt stand die Roma am 23. September 2007 an der Tabellenspitze - damals waren allerdings erst vier Spieltage absolviert. Seit Sonntag, 16.50 Uhr steht sie wieder ganz oben, fünf Partien vor Saisonende. Es wäre eine der verrücktesten Aufholrennen der Geschichte. Nach 14 Spielen lagen die Römer 14 Punkte hinter Klassenprimus Inter, nun besitzen sie dank 23 ungeschlagenen Partien in Serie einen Zähler Vorsprung. "Es ist ganz schön kalt so alleine hier oben", kokettierte Capitano Francesco Totti. Für die Roma wäre es der erste Scudetto seit 2001. Das abergläubische "Passiert eh nicht, aber wenn es passiert..." ist in der Hauptstadt seit Wochen zum geflügelten Spruch geworden. Wenn es eintritt, dann gäbe es natürlich wieder eine Megasause im Circus Maximus. Wie 2001 versprach die aparte Schauspielerin Sabrina Ferilli einen erneuten Titel-Strip. "Dieses Mal aber bitte nicht nur bis zur Unterwäsche", hoffte ein Roma-Tifoso. Passiert eh nicht, aber wenn es passiert...
Der Krakenkopf ist wieder da: Zum ersten Mal nach 19 Spielen blieb Juventus beim 1:0 über Cagliari ohne Gegentor - ist ja auch schon mal was in dieser desaströsen Saison. Bei den ganzen Nebengeräuschen ging der Turiner-Sieg jedoch beinahe unter. Die Fans befinden sich weiterhin im Streik und Präsident Jean-Claude Blanc bewegt sich nach massiven Drohungen seit Tagen unter Begleitschutz. Zudem skandierten aus Nostalgie viele den Namen des ehemaligen Calcio-Paten Luciano Moggi. Dessen Anwälte werden im Strafprozess des Manipulationsskandals am Dienstag in die Offensive gehen - Plädoyer: Jeder sprach mit jedem, entweder sind alle schuldig oder keiner. Ein kühnes Ablenkungsmanöver des Krakenkopfes, der das komplette System erwiesenermaßen skrupellos kontrollierte. Abgesehen davon steht eines felsenfest: Der Calcio hätte sich eine Menge sinniger und unsinniger Polemiken erspart, wenn er den Titel 2006 nicht vergeben hätte.
Florenz pfeift auf den Keks: Eine gespielte Ohnmacht hatte Italien von den Spielern der Fiorentina vor der Partie gegen Inter erwartet. Im Land, das Konspirationen und krumme Dinger stets als möglichste aller Möglichkeiten wittert, hatte man sich folgendes Szenario ausgemalt: Florenz schenkt in der Liga die Partie gegen Tabellenführer Inter her. Am Dienstag trifft man im Rückspiel des Pokal-Halbfinals nämlich wieder auf Inter (das Hinspiel endete 1:0 für Mailand), das sich dann seinerseits gefällig zeigen würde. Denn die Coppa Italia erscheint derzeit Florenz' letzter Strohhalm, in den Europapokal einzuziehen. Eine derartige Abmachung nennt der Italiener "Biscotto", der Keks. Florenz pfiff allerdings auf das Gebäck und erkämpfte sich ein 2:2. So verlor Inter zum ersten Mal seit dem 18. Oktober die alleinige Tabellenführung. Am Ende hätte José Mourinho der Keks deshalb wohl recht gut geschmeckt, denn die in Italien eher belanglose Coppa ist ein Titel, auf den er ohne Magenbeschwerden ganz gut verzichten könnte.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Horror made by JT: Der Aufreger des Wochenendes war natürlich im Wembley-Stadion zu bestaunen. "Horror, der blanke Horror", sagte Martin O'Neill am Samstag. Der Aston-Villa-Trainer meinte damit aber nicht den wieder einmal unglaublich miesen Rasen noch die Körperbemalung von Kevin-Prince Boateng. Eine in der Tat äußerst harte Grätsche von John Terry gegen James Milner in der 73. Minute ließ O'Neill an der Seitenlinie wie Rumpelstilzchen auf und ab hüpfen. (Terry Brutalo-Tritt im Video) Der offensichtlich unter Farbenblindheit leidende Howard Webb zeigte dem Chelsea-Kapitän nur Gelb, Villa verlor das Pokalhalbfinale letztlich mit 0:3. "Unser Teamarzt hat gesagt, Milner habe großes Glück gehabt, dass sein Bein noch ganz sei", ärgerte sich Astons Martin in der Pressekonferenz. "Es war eine ganz klare rote Karte, ich erwarte eine Entschuldigung". O'Neill, der sich wiederholt benachteiligt fühlte, hätte auch noch gerne einen Elfmeter gehabt, doch das ändert nichts mehr an dem verkorksten Saisonende. Platz Vier ist wohl weg, und Besitzer Randy Lerner möchte in Zukunft weniger Geld in den Kader stecken. O'Neill drohte neulich schon mit seinem Abgang. Ob der Kick and Rush-Liebhaber hinter der intellektuellen Maske jedoch so schnell wieder einen guten Job finden würde, darf bezweifelt werden.
Keine Werbung fürs Finale: Vor einigen Monaten hatte Rafael Benitez dem FC Liverpool noch eine "Garantie für den vierten Platz" ausgesprochen, doch diese scheint nach dem 0:0 gegen Fulham abgelaufen. Die Reds liegen sechs Punkte hinter Manchester City (Platz vier), die dazu noch ein Spiel weniger gemacht haben. "Es liegt nicht mehr in unserer Hand", sagte der Spanier enttäuscht. Während hinter den Kulissen weiter über einen Verkauf des Vereins spekuliert wird, gesellt sich sportlich ein Unglück zum zweiten. Stürmerstar Fernando Torres fällt wegen einer Knieverletzung für unbestimmte Zeit aus. Fulham-Trainer Roy Hodgson war äußerst zufrieden mit seiner Truppe, die in dieser Saison am liebsten noch ein weiteres Mal gegen den FC Liverpool spielen würde: im Europa-League-Finale in Hamburg. "Falls das eine Generalprobe für das Endspiel war, dürfte es Beobachtern von der UEFA eiskalt den Rücken herunter gelaufen sein", witzelte der "Guardian" angesichts des müden Kicks.
Keine Ausreden für Fergie: Unendlich müde sah Alex Ferguson am Sonntag nach dem 0:0 bei den Blackburn Rovers aus. Ohne Wayne Rooney konnte Manchester United eine Hand voll guter Gelegenheiten nicht nutzen; Dimitar Berbatow erwies sich abermals als der teuerste Spaziergänger der Vereinsgeschichte. "Die Chancen auf die Meisterschaft werden geringer", gab Sir Alex zu. Am meisten schien ihn dabei gar nicht das Unentschieden zu frustrieren, sondern dass er den Rückschlag keinem schlechten Schiedsrichter oder irgendwelchen typischen Ausländern in die Schuhe schieben konnte.
Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Immer die gleichen Namen: Es war eine erneute Demütigung für Real Madrid im eigenen Haus. Die vierte Niederlage in Folge im Clasico gegen den FC Barcelona, die zweite hintereinander im Santiago Bernabeu. Das gab es noch nie! Und erneut war es eine schallende Ohrfeige für die Philosophie Madrids. Eine Bankrotterklärung für ein Team, in das über 250 Millionen Euro investiert wurden. Im Sommer wird Präsident Florentino Perez wieder aberwitzig viel Geld in neue Spieler investieren, viele noch vor Wochen gelobte Stars (Higuain, van der Vaart) werden gehen müssen. Und natürlich hat die Mannschaft am Samstag auch die Entlassungsurkunde von Trainer Manuel Pellegrini unterschrieben. "Heute wird Pellegrini nichts passieren. Ich werde jetzt nicht in größere Debatten einsteigen", sagte Generaldirektor Jorge Valdano. Aber im Sommer wird der Chilene seinen Stuhl räumen müssen. Die "Marca" berichtet, dass der Verein Pellegrini schon mitgeteilt habe, dass seine Zeit in Madrid abgelaufen sei. Und das Blatt hat auch gleich eine illustre Kandidatenliste zusammengestellt: Rafael Benitez, Carlo Ancelotti, Luiz Felipe Scolari, der schon zweimal vertriebene Fabio Capello und natürlich Jose Mourinho gelten als Retter in der Not. Immer die gleichen Namen...
Bodycheck gegen den Coach: Valencia-Trainer Unay Emery erklärte die Partie auf Mallorca zum wichtigsten Spiel des Jahres. Mit einem Sieg hätte Valencia schon für die Champions League planen können. Die Ches verloren 2:3 und gaben abseits des Platzes ein fürchterliches Bild ab. Besonders Mittelfeldspieler Ever Banega, der in der 73. Minute ausgewechselt wurde und dann mit seinem Trainer aneinander geriet. Noch auf der Bank musste sich Banega für sein respektloses Verhalten einen Anpfiff von Emery gefallen lassen. (Das Tete-a-tete im Video) "Es war ein Abend, der einen nachdenklich stimmt. Es sind viele Dinge falsch gelaufen, aber wir dürfen während eines Spiels nie das Gesicht verlieren und den Respekt gegenüber den Farben, die wir tragen", sagte Emery. Er prangerte nicht den fehlenden Respekt gegenüber dem Trainer, sondern gegenüber dem Verein an: "Wir dürfen nie vergessen, dass die Interessen des Klubs über denen des Einzelnen stehen. So etwas darf nie wieder vorkommen." Banega gab sich hinterher kleinlaut: "Ich bereue, was ich getan habe. Es ist im Eifer des Gefechts passiert. Wir waren dabei, das Spiel zu verlieren. Ich entschuldige mich bei allen, bei meinen Mitspielern, beim Trainerstab, dem Klub und den Fans."
Wer zahlt, wer nicht? Die finanzielle Lage in Spaniens Profifußball wird immer prekärer. Medienberichten zufolge sollen alleine die Klubs der Primera Division einen Schuldenberg von über vier Milliarden Euro angehäuft haben. 85 Prozent aller Klubs von der ersten bis zur dritten Liga seien nicht in der Liga, die Gehälter rechtzeitig zu bezahlen. Das teilte die Spielergewerkschaft AFE mit, die für kommendes Wochenende einen Streik plant. Laut AFE zahlen nur Real Madrid und der FC Barcelona pünktlich. Hauptgrund für die finanzielle Malaise ist die dezentrale TV-Vermarktung. Real und Barca kassieren jährlich 150 Millionen Euro von den Fernsehsendern, während sich die restlichen Vereine einen Betrag zwischen 15 und 30 Millionen Euro teilen müssen. Die Klubs streben eine einheitliche Verteilung der TV-Gelder an. Das dürfte mit Real und Barca aber nicht zu machen sein. Spaniens Fußball steht vor einer ungewissen Zukunft.
Primera Division: Ergebnisse, Tabelle, Torjäger, Termine