Ancelotti: "Ich bin voll bis oben hin"

Von SPOX
Sieht die Meisterschaft ganz nüchtern: Chelsea-Trainer Carlo Ancelotti
© Getty

Chelsea-Coach Carlo Ancelotti trinkt einen über den Durst und entpuppt sich als anspruchsvoller Sommelier. In Italien ist T-Day, da gibt's sogar im Vatikan einen Platzverweis. Und Istanbul befürchtet die Anreise eines königlichen Partyhengsts.

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Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Cheers, Carlo: Nach Chelseas 8:0-Sieg gegen Wigan Athletic blieb am Sonntag nur eine Frage offen: Wie hoch hätten die Londoner eigentlich gewonnen, wenn Hattrick-Held Didier Drogba nicht 30 Minuten lang die Arbeit verweigert hätte? Der Ivorer schmollte auf dem Platz und beteiligte sich nicht mehr am Spiel, nachdem Frank Lampard ihm den ersten Elfmeter beim Stand von 1:0 vorenthalten hatte. "Ich habe ihm in der Pause gesagt, dass er den Mund halten soll und Fußball spielen soll", sagte ein leicht beschwipster Carlo Ancelotti nach dem Triumph an der Stamford Bridge. Drogba entschuldigte sich später für seine Kinderei, und auch der Italiener bat im Pressezimmer um Milde; "ich bin voll bis oben hin mit Wein", beichtete er. Ein Journalist stellte ihm danach netterweise ein Gratulations-Gläschen Rotwein hin, doch der Italiener war augenscheinlich Besseres gewohnt. "Oh, das schmeckt ja scheiße", entwich es ihm. Zu Chelseas Zukunftsaussichten befragt, winkte der 50-Jährige ab. "Ich muss erstmal versuchen, nach Hause zu kommen", sagte er. Wann er zuletzt so angetrunken war? "Noch nie", flunkerte er. Blau wie nie zuvor war auch der ganze Tag, Chelseas Meistertag.

"og" zieht mit Berbatow gleich: Weit weniger euphorisch war die Stimmung dagegen im Old Trafford. Aufständische Fans hatten ein Flugzeug gechartert, das vor der Partie mit einem "Glazers Out"-Banner über das Stadion flog. Später warfen sie Dutzende von gold-grünen Schals auf den Rasen, wurden aber von ihren Spielern enttäuscht: Die Klubleitung hatte die Stars explizit aufgefordert, sich nicht mit den Rebellen zu identfizieren und die Dinger liegen zu lassen. Alex Ferguson gratulierte Chelsea nach dem 4:0 gegen Stoke City, in dem der wiedermal glücklose Dimitar Berbatow auch noch vom ominösen "og" als zweitbester Torschütze des Vereins eingeholt wurde - Danny Higginbotham erzielte das 12. Eigentor (Own Goal) der Saison - artig zum Titel. "Carlo ist ein guter Trainer und ein feiner Kerl", sagte der Schotte. Anders als in London, wo der Alkohol reichlich floss, war "Uniteds Glas halb voll oder halb leer", so Ferguson, "je nachdem wie man es sieht". Die größte Enttäuschung sei für ihn das Aus in der Champions League gewesen, fügte er noch an: "Wir waren gegen Bayern die bessere Mannschaft und sollten im Finale von Madrid spielen." Das kann man, rein historisch betrachtet, schon unterstreichen. Wenn Bayern gegen United spielt, gewinnt ja öfters nicht das bessere Team.

541.000.000 - Liverpools Zahl des Schreckens: Siebter in der Liga, 23 Punkte Rückstand auf Meister Chelsea. Als ob diese Zahlen für den FC Liverpool nicht schon schlimm genug wären, kam am Wochenende noch diese dazu: 541.000.000. In Worten: Fünfhunderteinunvierzig Millionen. So hoch, in Euro, sind die Gesamtschulden der Reds nach einem Verlust von mehr als 60 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. In der nächsten Saison wird man wohl noch mehr Geld verlieren, denn dann bleiben die Champions-League-Millionen aus. "Es ist klar, dass Liverpool  so nicht weitermachen kann", sagte Liga-Chef Richard Scudamore besorgt. Der neue Vorstandschef Martin Broughton will den hoch defizitären Klub so schnell wie möglich verkaufen, die Stars Steven Gerrard und Fernando Torres aber unbedingt behalten. Andersherum könnte es jedoch sehr viel leichter sein.

Serie A

Von Oliver Birkner

Platzverweis im Vatikan: Mancher wird sich noch an Francesco Tottis Frusttritt gegen Mario Balotelli im Pokalfinale erinnern. Nach reichlich Kritik aus Politik und Presse fand der Capitano der Roma dafür jedoch auch eine Art Fan aus allerhöchsten Kreisen - und zwar beim Clericus Cup, dem Turnier des Vatikans für Priester. Auslöser war das entscheidende 3:2 für Team Redemptoris Mater im Viertelfinale gegen Università Gregoriana, bei dem ein deutscher Geistlicher den Kopf verlor und den Torschützen per bösem Tritt von hinten göttlich abstrafte. Auch im Vatikan gab es dafür direkt Rot.

Nicht-Abstiegsprämie - trotz Abstieg: Die Roma-Tifosi ließen ihren Messias natürlich nicht im Stich und riefen zum T-Day auf: Jeder der über 50.000 sollte im Totti-Trikot erscheinen, massenweise Spruchbänder sympathisierten mit ihm. Das animierte Totti offenbar, gegen Cagliari gegen ein legitimes Ziel zu treten, nämlich den Ball. Die Sarden lagen in Führung, Totti drehte die Partie jedoch mit zwei Treffern und vertagte die Titelfrage auf den letzten Spieltag. 49 Minuten durfte sich Inter bereits Meister nennen, nun entscheiden die letzten 90 Minuten, in denen die Roma bei Chievo spielt, Inter in Siena antritt. Im Vorfeld gab es natürlich wieder Polemiken, da der Siena-Präsident nicht nur Massimo Mezzaroma heißt, sondern auch aus Rom kommt, AS-Tifoso ist und seinem schon abgestiegenen Team trotzdem die zwei Millionen Nicht-Abstiegsprämie versprach, sollte es Inter schlagen. In seinem eigenen Charme kommentierte Jose Mourinho: "Die Roma könnte vielleicht noch ihre Pokalprämie drauflegen, denn die haben sie sich nach der Niederlage gegen uns ja gespart." Für diese Äußerung wurde der Portugiese vom Verband verwarnt.

Milan-Fans gefährden die öffentliche Ordnung: Ganz trist ging es im Marassi zu, wo Genoa vor leeren Rängen auf den AC Milan traf. Am späten Samstagabend hatte der Präfekt der Stadt entschieden, die Fans aus Sicherheitsgründen auszusperren. Der Grund: 1995 war ein Genoa-Tifoso von einem Milanista vor dem Stadion erstochen und die Partie daraufhin abgebrochen worden. Aufgrund der Hasstiraden zwischen beiden Fanlagern unter der Woche bewertete die Stadt den ersten Besuch der AC-Fans (zuvor war ihnen die Anreise verboten worden) seit dem Todesfall als zu große Gefahr für die öffentliche Ordnung. Wenn das auch nach 15 Jahren noch zu einer Partie unter Ausschluss der Öffentlichkeit führt, hat nicht nur der Fußball verloren - dann muss sich der Calcio als Ganzes schleunigst überdenken.

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Zwei Copas für Sergio: Gerade mal neun Minuten waren in Gijon gespielt, als es heftig schnalzte im rechten Knie von Sergio Asenjo. Der Torhüter von Atletico Madrid wurde vom Platz getragen, die anschließende Diagnose war erschütternd: Kreuzbandriss, sechs Monate Pause. Und das unmittelbar vor möglicherweise historischen Tagen für die Rojiblancos. Am Mittwoch spielt Atletico im Europa-League-Finale in Hamburg gegen den FC Fulham und am 19.5. im spanischen Pokalfinale in Barcelona gegen den FC Sevilla. "Das ist furchtbar für Sergio und für die ganze Mannschaft. Wir werden beide Pokale für ihn holen", versprach Trainer Quique Sanchez Flores. Asenjos Platz im Tor wird David de Gea übernehmen. Torwarttrainer Diego Diaz lobt den erst 19-Jährigen in den höchsten Tönen: "Selbst wenn er noch körperlich und mental heranreift, befindet er sich bereits auf dem Weg, einer der besten Torhüter überhaupt zu werden. Alles andere wäre eine Enttäuschung."

Der Partyhengst sagt "Adios": Jose Maria Gutierrez Hernandez spielte beim 5:1 gegen Athletic Bilbao zum letzten Mal für Real Madrid im Estadio Santiago Bernabeu. "In den letzten Minuten war jeder Pass etwas Besonderes, ich war sehr berührt", sagte Guti, der sich nach dem Spiel von wenigen verbliebenen Real-Fans feiern ließ, weil Trainer Manuel Pellegrini ihn nicht auswechselte und ihm so die obligatorischen standing ovations verweigerte. "Das war unwürdig von Pellegrini. Guti und Madrid hatten mehr verdient", schrieb "Marca". Über 25 Jahre spielte Guti für die Königlichen. "Ich habe immer alles gegeben für diesen Verein", sagte der 33-Jährige. Seine Kritiker sehen das anders. Guti habe eher immer alles in der Diskothek gegeben. Der Partyhengst wird demnächst Istanbul unsicher machen. Guti wechselt aller Voraussicht nach zu Galatasaray.

Der Wahnsinn da unten: 37 Spieltage sind absolviert und noch immer ist keine Mannschaft abgestiegen. CD Xerez weigert sich hartnäckig, die weiße Flagge zu hissen. Nach dem 3:2-Sieg gegen Saragossa hat auch der Tabellenletzte noch Chancen auf den Klassenerhalt. "Die Leute haben mich ausgelacht, als ich vor ein paar Wochen sagte, wir haben noch eine Chance", so Trainer Nestor Gorosito. Xerez holte zehn Punkten aus den letzten sechs Spielen. Mit 33 Punkten hat Xerez drei weniger als das Quartett Malaga, Santander, Valladolid und Teneriffa. Malaga und Valladolid haben am letzten Spieltag die übelsten Aussichten: ihre Gegner heißen Real Madrid und FC Barcelona.

Die aktuelle Tabelle der Primera Division