"Chaos" - in der griechischen Mythologie ein Begriff, der den Ursprung der Welt bezeichnet, aus dem Erde, Unterwelt, Liebe, Finsternis und Nacht entstanden.
Heutzutage wird "Chaos" einfach nur als Zustand vollständiger Unordnung und Verwirrung definiert. Gerade zu Saisonbeginn wurde dieser Begriff daher gerne mit den Defensivbemühungen des FC Schalke in Verbindung gebracht. Ein junger Grieche war es dann, der dieses Chaos beendete - allerdings nur kurzzeitig.
Kyriakos Papadopoulos, 18 Jahre alter Innenverteidiger, rückte am zweiten Champions-League-Spieltag gegen Benfica Lissabon für den gesperrten Benedikt Höwedes in die Abwehrzentrale. "Papa", wie der Youngster von seinen Teamkollegen genannt wird, wurde ins kalte Wasser geworfen und avancierte beim 2:0-Erfolg gegen die Portugiesen mit einer tadellosen Leistung prompt zum Matchwinner. "Wie er mit 18 auf so einer Bühne gegen internationale Topstars gespielt hat - das war bewundernswert", lobte Nebenmann Metzelder den Jungspund direkt nach dem Match.
Manuel Neuer war von der Leistung des Griechen ebenfalls angetan. "Das war eine Top-Empfehlung. Wir stehen in der Abwehr nicht mehr wie ein Schweizer Käse."
Patzer nach Gala-Auftritt
Die Hoffnungen der königsblauen Anhänger, dass Papadopoulos, der vor der Saison für zwei Millionen Euro von Olympiakos Piräus verpflichtet wurde, als Stammkraft und Leistungsträger die wackelige Defensive stabilisiert, zerschlugen sich allerdings recht schnell. Zumindest vorerst.
Dem starken Champions-League-Auftritt gegen Benfica folgte ein Patzer im darauffolgenden Match beim 1. FC Nürnberg, der zum ersten Gegentreffer bei der 1:2-Pleite führte. Seitdem ist der Youngster, der bereits mit 15 Jahren in der ersten griechischen Liga debütierte, bei Magath außen vor. "Ich war selbst überrascht, dass ich beginnen durfte. Aber ich weiß, dass Herr Magath gute Trainingsleistungen honoriert. Genauso schnell kann es aber auch passieren, dass man wieder auf der Ersatzbank sitzt", sagte "Papa" noch nach dem Match gegen Benfica. Er sollte Recht behalten.
In seinem Heimatland wird Papadopoulos dennoch bereits als kommender Star gehandelt. Etwas, was er mit seinem Landsmann Sokratis Papastathopoulos gemeinsam hat. Der Verteidiger des AC Milan, der auch stets nur "Papa" genannt wird, gilt ebenfalls als großes Talent. Der 22-Jährige ist genauso wie der Schalker ein zweikampfstarker, robuster Innenverteidiger.
Papastathopoulos Messis Kettenhund
Papastathopoulos hat sein enormes Talent bereits auf internationaler Bühne zeigen dürfen. Beim U-19-Vize-Europameistertitel 2007 spielte der Youngster ein überragendes Turnier, verpasste wegen einer Gelbsperre zwar das Finale gegen Spanien, wurde hinterher aber zusammen mit seinen Landsleuten Sotirios Ninis und Konstantinos Mitroglou in die Topelf des Turniers gewählt.
Sein persönliches Karriere-Highlight erlebte der gelernte Innenverteidiger bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Südafrika. Im Match gegen Argentinien pfiff Otto Rehhagel einmal mehr auf taktische Gepflogenheiten des modernen Fußballs und ließ "Papa" als Kettenhund auf Argentiniens Superstar Lionel Messi los. Zwar verlor Hellas mit 0:2 und schied dadurch aus, der südamerikanische Weltstar kam dennoch kaum zur Entfaltung - ein großer Verdienst des Milan-Verteidigers.
Schalkes vier Jahre jüngerer "Papa" kann diese Erfolge noch nicht vorweisen. Überhaupt läuft es bei ihm derzeit deutlich schlechter als bei seinem Landsmann. Papadopoulos wurde von Magath vor zwei Wochen gar in die zweite Mannschaft degradiert und stand zuletzt nur im Bundesliga-Kader, weil Jermaine Jones suspendiert wurde.
Magath: "Papa ein Riesentalent"
Trotz dieses kleinen Rückschritts hält Magath viel von seinem Griechenland-Import. "Er ist ein Riesentalent", lobt Magath den Youngster immer wieder, weist ihn aber in seiner typischen Manier auch stets zurecht. Bereits beim "Liga-Total-Cup" im Sommer machte der Schalke-Coach deutlich, dass auch ein 18-Jähriger bei ihm keinen Welpenschutz genießt, als er den Neuzugang im Match gegen den Hamburger SV erst einwechselte und dann wieder vom Platz nahm - nach gerade einmal elf Minuten.
"Nachdem er in einer Szene verwarnt wurde und danach immer noch gemeckert hatte, habe ich gedacht, es ist besser, dass er sich das Mal von draußen anguckt und so lernt, dass man Entscheidungen des Schiedsrichters zu akzeptieren hat", erklärte Magath später.
Youngster ersetzt Großverdiener
Dennoch soll er mittelfristig die abgewanderten Großverdiener Bordon und Westermann ersetzen. Nicht zuletzt deshalb entstand der erste Kontakt zwischen Magath und Papadopoulos, als S04 bereits sechs Innenverteidiger für die nächste Saison im Kader hatte und es noch nicht absehbar war, ob es für Bordon, Westermann und Zambrano überhaupt Abnehmer geben würde.
"Gleich im ersten Gespräch mit Felix Magath hatte ich das Gefühl, dass er mich unbedingt haben möchte. Es gab zwar noch einige Anfragen anderer Vereine aus Europa, doch mir war schnell klar: Ich will ein Schalker werden", erklärte der in Katerini geborene Verteidiger kurz nach seiner offiziellen Vorstellung.
Papastathopoulos Nachfolger seiner Vorbilder
Einen Tapetenwechsel hat auch Milans "Papa" hinter sich. Im Sommer dieses Jahres wechselte Papastathopoulos, der einst zum jüngsten Kapitän in der Vereinsgeschichte des AEK Athen bestimmt wurde, vom FC Genua zu den Rossoneri.
Dort soll der Verteidiger langfristig in die Fußstapfen seiner Vorbilder treten. "Ich bewundere Paolo Maldini und Alessandro Nesta. Sie sind die besten Spieler, die ich je in Aktion gesehen habe", erklärte er nach seiner Verpflichtung. "Ich treffe hier auf eine Gruppe von Champions. Ich werde mich hier integrieren, zuhören, an mir arbeiten und lernen müssen."
Bescheidene Worte des talentierten 18-fachen Nationalspielers, der die Europameisterschaft 2008 noch knapp verpasste und bei der Weltmeisterschaft in Südafrika zweimal zum Einsatz kam.
Große Hoffnungen in "Papa" und "Papa"
Griechenland legt nach der Rehhagel-Ära große Hoffnung in seine Jungstars, um erfolgreicheren Zeiten als zuletzt entgegenzugehen. Dabei ist der Überraschungserfolg der EM 2004 noch gar nicht lange her. Mit Abwehrchef Traianos Dellas, dem "Koloss von Rhodos", mauerte sich Hellas damals von Erfolg zu Erfolg und wurde so letztlich zum Sensations-Europameister.
Mit dem Titelgewinn stieg auch die Erwartungshaltung in der Heimat, die die Hellas-Kicker seitdem nur selten erfüllen konnten. Die WM 2006 fand ohne die Südeuropäer statt, bei den Endturnieren 2008 und 2010 folgte das Aus in der Vorrunde.
Die Fans der fußballverrückten Nation hoffen in naher Zukunft wieder auf glanzvollere Zeiten. Die beiden talentierten Innenverteidiger spielen in diesen Hoffnungen eine zentrale Rolle.
Vor sechs Jahren haben es bereits 23 Griechen innerhalb eines Monats geschafft, in der heimischen Presse von Durchschnittskickern zu Titanen, Heroen und letztlich zu Göttern zu werden. In der griechischen Mythologie ist dies meist ein langwieriger Prozess, im Fußball hingegen geht das ganz schnell. Die Generation "Papa" will diesen Weg nun auch beschreiten.