Einst im Rampenlicht der großen Fußball-Bühne, heute nur noch ein Schatten seiner selbst: Die Entwicklung des niederländischen Rekordmeisters Ajax Amsterdam ist Johan Cruyff seit Jahren ein Dorn im Auge.
Jetzt mischt der 63-Jährige, der 1964 bei Ajax seine Weltkarriere startete, den Klub mit seinen Reformplänen mächtig auf - allerdings mit überraschenden Folgen. Denn kurz vor Beginn der von Cruyff anberaumten Versammlung des 24 Personen zählenden Mitgliederrats traten der Klubvorsitzende Uri Coronel und der vierköpfige Aufsichtsrat zurück.
Coronel: "Cruyff ist Gott bei Ajax"
"Johan ließ uns keine Wahl. Es hieß: Entweder schlucken oder gehen. Sonst gibt es eine große Schlägerei. Er hat gesagt, wenn Ajax-Direktor van den Boog nicht tut, was ich will, dann müsst ihr alle weg", erklärte Coronel auf einer Pressekonferenz.
"Cruyff ist Gott bei Ajax. Er ist nicht irgendjemand. Er ist ein halber oder vielleicht sogar ein ganzer Gott. Er hat uns diktiert, dass acht Personen Ajax sofort verlassen müssen", fügte Coronel hinzu. Bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden und Aufsichtsrates bleibt das Gremium jedoch im Amt.
Als Ajax-Berater wollte Cruyff den Mitgliedern seine Pläne zur Neustrukturierung der Jugendabteilung und der technischen Organisation vorlegen. Denn der ehemalige Champions-League- und Weltpokal-Sieger, der derzeit Platz drei in der Ehrendivision belegt, läuft seit Jahren den eigenen Ansprüchen hinterher. Den bisher letzten von 29 Meistertiteln gewann Ajax 2004. Nicht nur deshalb hatte sich Cruyff als "Retter" angeboten.
Cruyff leugnet Aussagen
Der von seinem Wohnort Barcelona eingeflogene einstige Mittelfeld-Regisseur wurde von den Rückritten in der Führungscrew überrascht. "Das ist nicht meine Sprache. So etwas habe ich nie gesagt", sagte der ehemalige Ajax-Trainer: "Ich weiß nicht, wie es jetzt weiter geht. Ich bin nicht im Mitgliederrat." Die ehemaligen Nationalspieler Dennis Bergkamp und Wim Jonk bestätigten Cruyffs Aussage. "In dieser Angelegenheit wird hier viel gelogen", sagte der ehemalige Torjäger Bergkamp.
Nach Ansicht des Fußball-Journalisten Jan Derksen hat Ajax seit mindestens zehn Jahren ein schlechtes Management. "Um international mithalten zu können, hat der Klub in den letzten Jahren 60 Spieler verpflichtet. 16 durften aber nur spielen, 44 wurden auf der Tribüne sitzend Millionäre.
Das kann sich kein Unternehmen leisten", sagte der Cruyff-Sympathisant im niederländischen Fernsehen. "Der gute Ruf der Ajax-Fußballschule ist gefährdet. Die Jugendlichen erhalten kein individuelles Techniktraining mehr. Es ist auch nicht zu verantworten, dass Spieler nur nach dem Ansehen eines Videofilms gekauft werden", sagte der ehemalige Ajax-Profi und Nationalspieler Bennie Muller über die Vereinspolitik.
Nach den Vorstellungen Cruyffs soll Ex-Nationalspieler Frank de Boer Trainer bleiben. Bergkamp soll die Leitung der Jugendabteilung übernehmen und Jonk als Chefscout fungieren.
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