Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
von Oliver Birkner
Heureka! Silvio Berlusconi hatte am Sonntag einen randvollen Terminkalender. Vormittags die Seligsprechung von Karol Wojtyla in Rom, dann flugs nach Milano ins ausverkaufte San Siro und abends, nun ja, man mag es erahnen. Direkt nach dem 1:0 über Bologna hielt sich der AC-Patron noch 45 Minuten in der Kabine seiner Jünger auf und bedankte sich für den 18. Scudetto, dem achten seiner 25-jährigen Dynastie, in der die Rossoneri somit pompöse 27 Trophäen einheimsten. Nun gut, den sturen Mathematikern fehlt noch ein Zähler, doch der sollte in drei Spielen einzufahren sein. Erst am Saisonende will man sich dann um ein Update des Kaders kümmern, der nach drei erfolglosen Versuchen auch mal wieder das Achtelfinale der Champions League überstehen soll. Zehn Verträge laufen aus und neben Philippe Mexes, der aus Rom zum Nulltarif kommt, will man einige Hochkaräter nach Milanello locken. Wie manche Mailänder Kaufüberlegungen entstehen, verriet jüngst Geschäftsführer Adriano Galliani: "Eines Nachts wurde ich wach, sprang im Bett auf und sagte mir: Wir müssen van Bommel holen!" Transfers sind also gar nicht so kompliziert wie man bisweilen denkt.
Der König glänzt - der Kronprinz pöbelt: Falls es die letzten Kritiker immer noch nicht verstanden haben, trägt Francesco Totti unter seinem gelb-roten Dress seit kurzem ein T-Shirt mit dem bescheidenen Aufdruck: "The King of Rome is not dead!" Nach dem 3:2-Erfolg in Bari erstickte Seine Majestät etwaige ketzerische Nachfragen höchstpersönlich mit dem Zusatz: "Und er wird es auch nie sein." Der Kapitän hatte mit zwei Treffern (bei einem verschossenen Elfmeter) großen Anteil am Sieg und belegt in der ewigen Rangliste der Serie-A-Torjäger bei 206 Treffern jetzt Rang fünf vor Roberto Baggio (205). Auch abseits vom Fußball kümmert sich der King übrigens gewissenhaft um sein Imperium. Vor drei Jahren half sein Labrador Ariel beispielsweise eifrig dabei mit, ein Mädchen vor dem Ertrinken zu retten. Mehr geht nicht. Tottis designierter Thronnachfolger heißt Daniele De Rossi, der für seinen neuen Vertrag deshalb fürstliche sechs Millionen Euro pro Saison verlangt. Nachdem De Rossis Ellenbogen in Bari jedoch erneut das Gesicht eines Gegenspielers ins Kreuzverhör nahm (Platzverweis), könnten ihn die neuen amerikanischen Besitzer allerdings bald nonchalant vom Hofe treiben.
Mastermind Corioni: Zum Abschluss ein Tipp für alle abstiegsbedrohten Vereine, die noch einen schnellen Retter mit messerscharfen Taktik-Analysen suchen: Die sollten bei Brescia-Präsident Gino Corioni anklopfen. Der polterte kürzlich: "Klar, dass wir da unten nicht rauskommen, wenn unser Trainer sich am Ende immer einigelt. Der muss viel mehr riskieren!" Da ließ sich Giuseppe Iachini, Coach des Vorletzten, nicht zweimal auffordern - Brescia verlor durch einen Konter gegen Milan 0:1 in der 82. und kassierte in der Folgepartie am Sonntag im direkten Abstiegsduell bei Sampdoria das 3:3 in der 91. Il Presidente weiß eben, wie man da unten rauskommt.
Premier League
von Raphael Honigstein
Witz, komm' raus: Als "bittersüße Tortur" beschrieb der Mirror Arsenals Sieg gegen ManUtd, denn das 1:0 gegen Fergies Truppe hatte die vielen unnötigen Punktverluste der vergangenen Wochen nur noch frustrierender gemacht. So richtig freuen konnte sich Arsene Wenger nach dem Schlusspfiff in der Tat nicht. Bizarr wurde seine Pressekonferenz, als ein merkwürdig gekleideter Reporter (lila Hemd, aus der Hose, zu kurz gebundene grüne Krawatte) den Franzosen fragte, ob nun dessen Rauswurf unmittelbar bevorstehe. "Wie bitte?" - "Sie werden ja jetzt rausgeschmissen, vielleicht heuern Sie dafür in bei Leyton Orient an? Dort ist eine Stelle frei." Ungläubiges Staunen von Wenger. "Nächste Frage bitte", sagte der Pressesprecher, um die peinliche Pause zu beenden. Wie sich hinterher herausstellte, handelte es sich bei dem angeblichen Journalisten und seinen Begleiter um Witzbolde aus Manchester, die schon in der Vergangenheit mit mehreren mehr oder weniger dämlichen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht hatten. Die beste Aktion der Jungs um Karl Power gelang im April 2001, als sich der Mann in das offizielle Teamfoto von Manchester United vor dem Champions-League-Spiel beim FC Bayern schlich. Schade, dass der Witz von Sonntag nicht annähernd so witzig war.
Neues von Huuuuf: der medienscheue Ex-Nationalspieler gab dem Stadionheft von Stoke City unter der Woche ein langes Interview, das mit zwei schockierenden Aussagen aufwartete. Zum einen gab Robert Huth zu, sich völlig konträr zur Leitkultur auf der Insel nie anzustellen: "Ich mag keine Schlangen, ich drängele mich meistens vor." Typisch Berliner, eben. Noch interessanter war jedoch die Frage nach seiner alternativen Berufswahl, falls es mit dem Fußball nicht geklappt hätte. Huth: "Ich würde auf der Straße leben und Leute verprügeln." Mal was anderes, das muss man ihm lassen.
Wehe, wenn sie losgelassen: Twitter muss leider ab sofort ohne Kevin Davies auskommen, der Kapitän von den Bolton Wanderers hing sein Blackberry wegen der andauernden "Schmähungen durch gegnerische Fans" am Mittwoch an den Nagel. Davies glänzte unter anderem mit den unvergessenen "Wie macht man ein Pop-Tart?"-Tweet und der Frage "Kennt irgendjemand eine Wahrsagerin?" Nicht mehr mit von der Partie ist leider auch Darron Gibson. Der Mittelfeldspieler von Manchester United hielt es am Montag nur zwei Stunden aus, bevor er aus Frust über die negativen Reaktionen sein neues Konto wieder dicht machte. Vielleicht verständlich. Wer will sich schon vorwerfen zu lassen, "sich wie Pirlo" zu bewegen oder "der schlechteste Spieler" zu sein? Eine fachliche Kritik an der Spielweise des 23-Jährigen war aber auch dabei. "Das Team arbeitet hart, um im Ballbesitz zu bleiben und du haust jedes Mal drauf und triffst das verdammte Stadiondach!", schrieb ein United-Supporter. Tja, wer solche Follower hat, braucht wirklich keine Feinde mehr.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Das Ende ist nah: Niederlagen für Real und Barca am selben Spieltag - das ist für den Rest der Liga ungefähr wie Weihnachten und Ostern an einem Tag. Zuletzt trat dieses Ereignis am 37. Spieltag 2008/2009 ein, damals war Barca schon sicher Meister. Dass diesmal mit Valencia auch der Drittplatzierte der Liga verlor, kommt fast schon Christi Wiedergeburt gleich. Oder der Apokalypse. Je nach Standpunkt, eben. Bevor Sie jetzt aber eilig den nächstliegenden Aldi plündern, sei versichert: So überraschend war das alles dann doch nicht, wenn man sich mal die Lineups der zwei Großkopferten anschaut. Oder kannten Sie vorher die Herren Nacho, Fontas und Montoya? "Wir haben heute eine wichtige Lektion gelernt", sagte Barca-Coach Pep Guardiola in San Sebastian kleinlaut. "Wir müssen mehr mit Köpfchen spielen." Oder halt zur Abwechslung mal wieder die beste Elf aufbieten, Herr Guardiola.
Jose "Hybris" Mourinho: Den B-Elf-Schuh muss sich auch Real-Motzki Jose Mourinho anziehen, dessen Team durch die unerwartete Heimniederlage gegen Real Saragossa ebenfalls so was wie Wettbewerbsverzerrung betrieb. Im Gegensatz zum Rest der Liga fanden die Teams aus Almeria, Alicante, Getafe und La Coruna das Ergebnis aus Madrid jedenfalls nicht gerade amüsant - zumal neben Saragossa ja auch noch San Sebastian, Santander, Malaga und Osasuna mehr oder weniger überraschende Siege einfuhren und die anderen Abstiegskandidaten damit schön blöd aussehen ließen. Immerhin suchte Mourinho diesmal nicht die Schuld beim Schiedsrichter, bei der Stadion-Kombüse oder beim Grashalmbeauftragten. Nein, der Schuldige war laut Mourinho diesmal: Mourinho selbst. Und das darf durchaus als größte Sensation des Spieltags gelten.
Maul, Paul: Man blicke mal auf die Rückrundentabelle der Primera Division. Barca (36), Real (32), Levante (28), Sevilla (26), Valencia (26). Moment mal. Levante? Ja, richtig gelesen! Der kleine Bruder des FC Valencia hat einen formidablen Durchmarsch vom Tabellenende ins sichere Mittelfeld hingelegt und darf sich als Neunter weiter Hoffnungen auf einen einstelligen Tabellenplatz machen - auch wenn die Abstiegsplätze nur sechs Punkte weg sind. Dass man mit der Prämisse "safety first" im mittlerweile siegverwöhnten Estadio Ciudad de Valencia keine Sympathien mehr holt, erfuhr UD am Sonntag gegen Gijon (0:0) - das Team wurde ausgepfiffen. "Was wollen die eigentlich?", fragte Stürmer Caicedo hinterher ungehalten und hatte eine nette Idee parat: "Wenn sie glauben, dass wir nicht hundert Prozent geben, sollen sie halt selber spielen." Interessanter Ansatz, der bestimmt ein paar begeisterte UD-Fans finden wird. Der nächste Heimspielgegner lautet nämlich: FC Barcelona.