Die Oranje-Stars trauten ihren Ohren kaum. Ein gellendes Pfeifkonzert mussten sich die Asse von Fußball-Vizeweltmeister Niederlande nach der torlosen und enttäuschenden Nullnummer gegen die Schweiz in der AmsterdamArena anhören. So etwas hatte es für die erfolgsverwöhnten holländischen Kicker schon lange nicht mehr gegeben.
"Das hat die Mannschaft nicht verdient. Wir haben dreieinhalb Jahre exzellente Spiele abgeliefert und sind bewundert worden. Heute hatten wir gegen einen starken Gegner einfach einen schwachen Tag", sagte Bondscoach Bert van Marwijk.
Babel einziger Lichtblick
Bei den Niederländern herrschte dennoch Ernüchterung ob der schwachen Leistung. In der Generalprobe für das Duell gegen den Erzrivalen Deutschland am Dienstag in Hamburg ließen van Marwijks Spieler viele Wünsche offen. Das Offensivspiel war ohne Esprit, das Umschalten von Abwehr auf Angriff dauerte viel zu lange.
Lediglich der Hoffenheimer Ryan Babel trat positiv in Erscheinung. In Babel, Edson Braafheid (beide Hoffenheim) und Khalid Boulahrouz (Stuttgart) bot van Marwijk in Amsterdam drei Bundesliga-Profis auf.
Van Persie und van der Vaart fallen aus
Van Marwijk muss allerdings in der Hansestadt auf Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart und Torjäger Robin van Persie verzichten. Van der Vaart, Mittelfeldspieler von Tottenham Hotspur, erlitt gegen die Eidgenossen eine Oberschenkelverletzung und reiste bereits nach London zurück.
Van der Vaart bestritt für den Hamburger SV 74 Bundesligaspiele und erzielte dabei 29 Tore. Van Persie sollte nach Absprache mit seinem Klub FC Arsenal nur eines der beiden Länderspiele bestreiten. Der Gunners-Stürmer kam schon gegen die Eidgenossen zum Einsatz.
Liverpool-Profi Dirk Kuyt kündigte indes gegen den WM-Dritten ein anderes Auftreten der niederländischen Auswahl an: "Gegen einen Weltklassegegner wie Deutschland werden wir besser spielen. Da sind wir anders motiviert. Gegen die Schweiz haben wir nicht alles aus dem Spiel geholt, was möglich war. Deutschland ist ein Spitzenteam. Das Spiel wird ein echter Gradmesser." Dass die Oranje-Fans pfiffen, habe auch ihn überrascht.
Sneijder: "Es wird spannend"
Spielmacher Wesley Sneijder glaubt gleichfalls, dass seine Mannschaft in Hamburg ein ganz anderes Gesicht zeigen wird und erwartet ein sehr ausgeglichenes Spiel. "Es wird spannend", meinte der Inter-Star, "Deutschland und Oranje gehören bei der EURO zu den Mannschaften mit dem gleichen Ziel: sie wollen Europameister werden."
Der Ex-Hamburger Joris Mathijsen analysierte: "Wenn es keine Tore gibt, ist es für das Publikum oft langweilig. Das hat es uns mit den Pfiffen spüren lassen. Nach meinem Empfinden haben wir 100 Prozent gegeben. Mehr war nicht drin. Besser jetzt so als im Sommer bei der EM. Da müssen wir in Topform sein."
Hitzfeld: Pfiffe ein Lob
Auch Nigel de Jong, der ebenfalls früher den HSV-Dress getragen hatte, meinte: "Hamburg wird immer wieder einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen. Das 0:0 gegen die Schweiz ist eine Sünde."
Van Marwijks Schweizer Kollege Ottmar Hitzfeld sah derweil die Reaktion des Publikums als Bestätigung für die gute Leistung seiner Mannschaft an, die in der EM-Qualifikation sang- und klanglos gescheitert war.
"Die Pfiffe der holländischen Zuschauer waren ein Lob für unsere Leistung", meinte der ehemalige Dortmunder und Münchner Meistertrainer. Ein Sonderlob erhielt der Wolfsburger Torwart Diego Benaglio: "Er hielt uns mit seinen exzellenten Reflexen im Spiel."
Die Niederlande im Überblick