Serie A
von Oliver Birkner
Tiefkühlkost bei Lazio: Hörte man Claudio Lotito nach Spielschluss am Handy, konnte man erahnen, dass die Partie seiner Lazio miserabel verlaufen war. "Außer Inter und Milan interessieren euch die anderen Klubs doch einen Scheißdreck", polterte der Presidente in Richtung Liga. "Es war ein Skandal, dieses Spiel auszutragen." Schnee und Tiefkühlfach-Temperaturen in Rom hatten für ein Verkehrschaos gesorgt. Verteidiger Diakite war gezwungen, sich per Anhalter zum Trainingsgelände im Norden Roms vorzuarbeiten. Die Übungsstunden fielen Donnerstag und Freitag allerdings dem gefrorenen Platz zum Opfer. Vor dem Abflug am Samstag nach Genua musste Lotito in seinem Jeep sechs Spieler zu Hause abholen, um sie zum Flughafen zu kutschieren. Während des Aufwärmens verletzte sich dann bereits Hernanes, nach 15 Minuten Holiday on Ice gab Kapitän Tommaso Rocchi mit einer Zerrung auf und in der zweiten Halbzeit schied Abwehrspieler Marius Stankevicius angeschlagen aus - bei seiner zuvor präsentierten Leistung eher ein Segen. Zur Garnierung sah Diakite später wegen Schiedsrichter-Beleidung Rot, was Lazio ausnahmsweise nicht dem Wetter ankreiden konnte. Das perfekte Lazio-Wohlfühl-Wochenende rundete eine 2:3-Niederlage ab. "Die Bedingungen waren ein absoluter Witz", wetterte Sportchef Igli Tare. Bleibt lediglich anzumerken, dass Genoa nicht in Kalifornien, sondern auf demselben Rasen kickte. Dabei spielten die Gastgeber äußerst gefällig und Rodrigo Palacio gelang gar ein Tor des Jahres: Mit dem Rücken zum Tor setzte er den Ball volley per Hacke in die lange Ecke - und verletzte sich dabei nicht einmal. Überhaupt relativierte die "Gazzetta dello Sport" das inflationäre Eisgejammer mit einem Blick nach Deutschland: "Schaut mal dorthin: Nürnberg gegen Dortmund bei -13 Grad und in kurzen Ärmeln. Respekt!"
Streicheleinheiten mit Ibra: "Wir müssen auch mal schlecht spielen und drei Punkte holen. Man kann nicht immer Hummer servieren." Sprach Milan-Trainer Max Allegri vor dem Duell gegen Napoli. Zlatan Ibrahimovic nahm sich das besonders zu Herzen, servierte Salvatore Aronica eine Ohrfeige und flog vom Platz. Nach Fausthieb und Schiedsrichter-Beleidigung seine dritte Rote Karte im Milan-Jersey, die fünfte in Italien insgesamt. Nette Quote für einen Stürmer. Dem Wiederholungstäter drohen drei Spiele Sperre, womit er im Titelduell gegen Juventus (25. Februar) ausfallen würde. "Das war doch nur ein Streichler", kommentierte AC-Geschäftsführer Adriano Galliani und forderte lediglich zwei Partien Spielverbot. Insgesamt herrschte nach Ibras Blackout, Allegris Verweis auf die Tribüne und dem 0:0 also fröstelnde Stimmung im Hause Milan, da man es zudem verpasste auf Juve (Remis gegen Siena) Boden gutzumachen. Der Kommentator hatte es wohl erahnt, als er die Zuschauer begrüßte: "Heute brauchen wir kein Thermometer in San Siro. Es reicht, unter den Bauchnabel zu schauen."
Rohrkrepierer in Bari: Wenn es im Leben je einen Problemlöser gegeben hat, dann heißt er zweifellos Angelo Iacovelli. Im Nebenberuf transportierte der 43-Jährige aus Bari in der Früh Essen ins Krankenhaus, bevor er seiner eigentlichen Tätigkeit nachging: Mann für Alles der Spieler des AS Bari. Abfluss verstopft? Rechnungen zu zahlen? Umzug? Anstreicher gesucht? Chauffeurservice? Für die Profis organisierte all das Angelino, der für jede der Wohnungen einen Schlüssel besaß und im Stadion umherflanierte als sei es das eigene Zuhause. Jetzt wurde bekannt, dass Iacovelli einigen Kickern auch den Geldkoffer für verschobene Spiele überreichte. Mehr geht wirklich nicht. Einen Klempner müssen die Profis demnächst allerdings selber suchen - Angelino wurde im Zuge des Wettskandals am Wochenende verhaftet.
Premier League
von Raphael Honigstein
Die Binde für die schweren Tage: Vier Monate vor der EM steht England ohne Kapitän da - und bald auch ohne Trainer? Fabio Capello ließ es sich am Sonntagabend nicht nehmen, in einem Interview mit dem italienischen Fernsehsender "RAI" sein Ungemach über John Terrys Degradierung durch FA-Boss David Bernstein auszudrücken. "Ich bin mit der Entscheidung absolut nicht einverstanden", sagte der 65-Jährige, "das habe ich dem Vorsitzenden (des Verbandes) auch gesagt. Es wäre fair gewesen, wenn Terry bis zur Entscheidung des Gerichts seine Binde behalten hätte." Mit dieser öffentlichen Rebellion gegen seine Vorgesetzten hat es sich Don Fabio laut Insider-Berichten bei der Football Association so arg verscherzt, dass nun sogar ein frühzeitiger Abschied möglich erscheint. Aus Capellos Sicht wäre es vielleicht sogar wünschenswert: besser jetzt noch in Ruhe zwei Millionen Pfund Ablösung für die letzten vier Vertragsmonate kassieren, als ein augenscheinlich gespaltenes Team in der Ukraine zum Viertelfinal-Aus zu coachen, wird er sich denken.
Bürgerrechtler Barton: Joey Barton hat - erwartungsgemäß - auch eine Meinung zu diesem Thema. Diese kann aber wegen der Gesetzgebung in Großbritannien, wo öffentliche Kommentare über laufende Gerichtsprozesse strengen Auflagen unterlegen, an dieser Stelle nur unvollständig wiedergegeben werden. Der vorlaute Mittelfeld-Poser ("Arsenal wollte mich kaufen") ergriff, soviel kann man sagen, offen Partei für QPR-Teamkollege Anton Ferdinand, das vermeintliche Opfer von Terrys rassistischer Beleidigung. Bartons Tweets wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, diese hat Ermittlungen eingeleitet, es droht eine Gefängnisstrafe. Bartons Reaktion: "Sollen Sie mich doch zum Märtyrer machen. Für das Recht der freien Meinungsäußerung gehe ich gerne in den Knast." Eine noble Gesinnung, die allerdings doch etwas verwundert: normalerweise geht Joey ja viel lieber für Prügeleien vor McDonalds-Läden (77 Tage, Juli 2008) ins Zuchthaus.
Protest der alten Säcke: Mit Fan-Protesten tut man sich auf der Insel traditionell schwer, was möglicherweise daran liegt, dass die Briten offiziell nichts als Bürger sondern "Untertanen Ihrer Majestät" firmieren. Bei Arsenal aber hat man nach dem Aufstand gegen Professor Wenger beim 1:2 gegen Man Utd ("Wechsel-Gate") Geschmack an der Rebellion gefunden. Eine Fan-Gruppe hatte für das Match gegen die Blackburn Rovers geplant, die vielen leeren Sitze im (offiziell ausverkauften) Emirates-Stadion mit schwarzen Mülltüten zu umhüllen, um gegen steigende Kartenpreise und die verhaltene Einkaufspolitik des Vereins zu protestieren. Leider kam aus Sicht dieser lobenswerten Initiative ausgerechnet das beste Heimspiel der Saison und ein 7:1-Sieg in die Quere. Von schwarzen Plastiktüten war während der großen Oxlade-Chamberlain-Show wenig zu sehen. Nicht einmal die mitgereisten Rovers-Fans hatten Gebrauch für die "bin bags": dass die Saison unter den Venky's-Eigentümern ziemlich "rubbish" verläuft, ist ja keine neue Erkenntnis.
Primera Division
von Martin Jahns
Zum aus der Haut fahren: Es lief die Schlussphase in der Begegnung des FC Barcelona gegen Real Sociedad. Barca lag mit 2:1 in Front, sodass sich niemand besonders wunderte, als Sergio Busquets nach einem Zusammenprall mit San Sebastians Carlos Martinez den sterbenden Schwan markierte. Doch schnell wurde klar, dass sich Busquets tatsächlich weh getan hat: Martinez trat unbeabsichtigt mit seiner Fußspitze einen Fetzen Haut unterhalb Busquets' Knie ab. Cesc Fabregas konnte gar nicht erst hinschauen. Doch so schmerzhaft die Begegnung für Busquets auch war, Folgen hat sie nicht. Schon im Halbfinal-Rückspiel des Copa del Rey gegen Valencia soll er wieder einsatzbereit sein.
Futtern im Camp Nou: Vielleicht hatte die schmerzhafte Verletzung Busquets' aber auch ganz andere, okkulte Gründe: In der ersten Halbzeit schoss eine schwarze Katze unter frenetischem Jubel des Publikums über das gesamte Spielfeld des Camp Nou und ließ die Ordnungskräfte dabei ähnlich alt aussehen wie der Barca-Startelfdebütant Cristian Tello die Defensive von Real Sociedad. Die "Marca" fragte sich prompt, ob der Vierbeiner dem FC Barcelona Pech bringen würde. Bei den Katalanen ist tierischer Besuch jedoch keine Ausnahme: Bereits am 16. Spieltag gegen Villarreal ließ sich eine Katze im Camp Nou blicken. Damals gewann Barca mit 5:0. Wie die "Marca" berichtet, soll das Camp Nou schon seit etwa 25 Jahren ein beliebtes Ziel für Katzen sein, weil sie dort ohne größere Hindernisse an Unmengen Nahrung gelangen. Irgendwo müsste auch noch ein Stückchen Busquets rumliegen.
Der perfekte Geburtstag: Cristiano Ronaldo erlebte am Sonntag einen denkwürdigen Tag: Erstmals wachte der nun 27-jährige Portugiese an seinem Geburtstag als spanischer Tabellenführer auf. Und dann spielt auch noch der Spielplan mit, sodass es am Vorabend von Ronaldos Geburtstag zwar zu einem Auswärtsspiel, allerdings nur ins nahegelegene Getafe ging, wo Real freundlicherweise auch auf Sparflamme gewinnen durfte. Als wäre es damit nicht schon der beste Geburtstag der Welt, lässt Kollege Neymar, der übrigens auch am 5. Februar geboren wurde, noch schöne Grüße über den Großen Teich wandern. "Vor der Begegnung möchte ich dem Crack und Idol Cristiano Ronaldo gratulieren. Was für eine Ehre, am selben Tag geboren worden zu sein", twitterte der Brasilianer vor seinem Spiel gegen Palmeiras. Leider ohne Erwähnung blieb der litauische Nationalspieler Edgaras Cesnauskis, der ebenfalls am Sonntag Geburtstag hatte. Alles Gute nachträglich!
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