Mit Herz, Glück und einer gewissen Klasse komplettiert der FC Bayern seine Trophäensammlung durch den Gewinn des europäischen Supercups und hilft dabei vor allem auch seinem Trainer. Jose Mourinho bastelt derweil eifrig an der nächsten Verschwörung.
Jose Mourinho klatschte eifrig in die Hände. Nicht aus Anerkennung, sondern aus Hohn und Verachtung. Gleichzeitig durchbohrten seine strengen Augen den vierten Schiedsrichter und die Tatsache, dass auch noch Pep Guardiola in seinem Blickfeld auftauchte, vollendete Mous Gespür nach Verschwörung.
Der gute Schiedsrichter Jonas Eriksson hatte soeben Mourinhos Spieler Ramires für ein heftiges Einsteigen gegen Mario Götze mit Gelb-Rot vom Platz gestellt, ein Foul, das man auch mit der Roten Karte hätte ahnden können. Mourinho sah die Angelegenheit freilich ganz anders. Auf der Pressekonferenz packte der Chelsea-Trainer einmal mehr eine recht eigenwillige Theorie aus.
"Wenn man den Fußball liebt, tötet man so ein Finale nicht mit der zweiten Gelben Karte. Man tötet es nicht auf diese Weise! Ein englischer Schiedsrichter hätte Ramires gesagt: ‚Du hättest den Spieler verletzen können. Du hast es nicht getan, aber du hättest es tun können.' Und er hätte zu den Spielern von Bayern gesagt: 'Hört auf mit euren Schwalben, hört auf zu provozieren.' Englische Schiedsrichter kommunizieren mit den Spielern, sie erziehen die Spieler. Das hat dieser Schiedsrichter nicht gemacht. Aber das ist für mich nichts Neues. Ich habe schon so viele Spiele erlebt, in denen meine Mannschaft mit zehn Mann fertig spielen musste."
Mourinho: "Das bessere Team hat verloren"
Mourinhos Verschwörungstheorien haben mittlerweile Kultstatus erreicht. So wird auch diese Episode haften bleiben. Seine Spielanalyse hätte schon ausgereicht für eine Legendenbildung: "Das bessere Team hat das Spiel verloren. Wir waren auch mit zehn Spielern besser als Bayern mit elf."
Chelsea hatte gewiss seinen Anteil an einem sehr kurzweiligen, hochklassigen Finale. Die Blues erzielten zwei blitzsaubere Tore, trafen die Latte und dann stand auch noch Manuel Neuer ein paar Mal im Weg.
Mourinhos interessante Mischung aus nimmermüden Chelsea-Urgesteinen wie Frank Lampard oder Petr Cech und jungen Wilden wie Andre Schürrle oder dem überragenden Eden Hazard hatte den Champions-League-Sieger verdammt nah an der nächsten schmerzhaften Pleite. Und diese Chelsea-Mannschaft wird in Zukunft für viel Furore sorgen, vielleicht schon in dieser Saison.
Bayern verzweifeln an Cech
Am Ende aber hat es nicht zum erneuten Triumph gegen den FC Bayern gereicht und es wäre auch nicht unbedingt gerecht gewesen. Die Bayern hatten abgesehen von den letzten 20 Minuten der regulären Spielzeit permanent den Fuß auf dem Gaspedal, scheiterten aber erneut an ihrer mangelhaften Chancenverwertung und einem unüberwindbar scheinenden Cech.
40 Torschüsse gaben die Münchner in 120 Minuten ab, alleine in der Verlängerung waren es 16. Chelsea kam in dieser Zeit auf genau einen Torschuss und der war drin.
"Es war wie im Champions-League-Finale 2012. Chelsea hat sehr defensiv gespielt, unglaublich. Aber wir haben nie aufgegeben, auch nicht nach dem 1:2. Am Ende sind wir belohnt worden", sagte Franck Ribery.
Javi Martinez war es vorbehalten, in der letzten Sekunde zuzuschlagen und das Elfmeterschießen zu erzwingen. Dabei hätte der Spanier laut Trainer Pep Guardiola nur "fünf bis zehn Minuten" spielen sollen, wenn überhaupt.
"Ich habe immer noch Probleme mit den Adduktoren. Ich habe hin und wieder noch Schmerzen, aber es ging ganz gut. Und in einem Finale reißt man sich eben noch mehr zusammen", sagte Martinez, der nach einer Stunde für Rafinha kam.
Viel Herz und eine gewisse Klasse
Den Bayern ist die Revanche gegen Chelsea gelungen und das auf äußerst dramatische Art und Weise.
"Das ist doch das Schöne an unserem Sport, dass solche Geschichten eigentlich nur im Fußball geschrieben werden. Es war typisch, dass diesmal wir in der letzten Sekunde das Tor schießen und dann das Elfmeterschießen gewinnen. Wir sind sehr glücklich und haben es auch verdient, weil wir mit viel Herz und auch einer gewissen Klasse gespielt haben", sagte Thomas Müller.
Beinahe wären den Bayern aber deutlich erkennbare Schwächen im Defensivverhalten zum Verhängnis geworden. Chelsea nutzte bei beiden Toren einen relativ einfachen Ballverlust der Münchner zum temporeichen Gegenangriff. Vor allem gegen Hazard fanden die Bayern kein Mittel, zudem machten Dante und Jerome Boateng in der letzten Verteidigungslinie Fehler, die Chelsea gegen Ende der regulären Spielzeit mehrere gute Torchancen ermöglichten.
"Es ist frustrierend, so zu verlieren. Wir hätten das Spiel auch mit einem Mann weniger zu unseren Gunsten entscheiden können", sagte Chelsea-Kapitän Frank Lampard. Nach dem 1:4 gegen Atletico im letzten Jahr Madrid mussten die Blues aber auch beim zweiten Supercup-Finale in Folge eine Niederlage einstecken.
Guardiola sagte "Danke"
Dagegen feierte Pep Guardiola im dritten Supercup-Spiel seinen dritten Sieg. 2009 und 2011 gewann er mit dem FC Barcelona, jetzt fuhr er mit dem FC Bayern Titel Nummer eins ein. Nach dem Spiel wollte sich Guardiola in erster Linie bei einer Menge Leute bedanken.
"Ich bin sehr sehr stolz auf die Mannschaft. Und auf Jupp Heynckes. Er war die wichtigste Person, der Grund, warum wir hier waren. Vielen Dank an ihn für die Möglichkeit, um diesen Titel zu spielen. Ich bin glücklich, wie wir gespielt haben. Wir haben wie in den letzten drei Spielen zu viele Chancen verpasst, aber wir haben immer angegriffen. Der Charakter dieser Spieler ist unglaublich. Vielen Dank."
Eine Pleite hätte Guardiolas Job zumindest kurzfristig erschwert. "Wir haben schon den deutschen Supercup gegen Dortmund verloren. Das hat uns geärgert. Hätten wir wieder verloren, wäre es schwierig geworden", sagte Sportvorstand Matthias Sammer.
Spieler glücklich für Guardiola
Doch Guardiola profitiert von einer funktionierenden Bindung zu seinen Spielern. "Wir sind erst zwei Monate zusammen, aber schon jetzt merken wir, was Guardiola für ein hervorragender Trainer und Mensch ist", sagte Kapitän Philipp Lahm.
Dass Spieler und Trainer bereits eine gute Basis gefunden haben, zeigte Ribery nach seinem Treffer zum 1;1, als er direkt auf Guardiola zulief und ihm um den Hals fiel. Für diesen Trainer ist es nicht einfach, er hat viel Druck. Dieses Spiel war so wichtig für ihn. Ich bin so glücklich für ihn", so Ribery.
Mourinho war da schon lange weg. Chelseas Trainer verließ unmittelbar nach der Pressekonferenz das Stadion. Auf dem Weg nach draußen musste er noch am Mannschaftsbus des FC Bayern vorbei. Das hat Verschwörungscharakter.