Ein Kerl wie Brad Pitt

SPOX
16. Dezember 201322:32
Unübersehbare Ähnlichkeiten: Mesut Özil a.k.a. Brad Pittgetty
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In der Serie A berichtet Sivlio Berlusconi von einem Vier-Augen-Gespräch mit Mario Balotelli und Schiedsrichter Paolo Tagliavento hat die perfekte Woche. In England gibt Mesut Özil verwirrende Interviews und ganz Spanien nimmt Schauspielunterricht bei Diego Costa.

Serie A

Von Oliver Birkner

Pudel des Spieltags: Wenn nicht viel geht, dann kommt der Helikopter. Eine Art Gesetz in Milanello wie die Direktive des Hubschrauber-Eigentümers Silvio Berlusconi: Milan muss immer mit zwei Stürmern spielen. Signor Berlusconi flog bereits vergangenen Dienstag ins AC-Trainingscamp hinab und seine Angestellten robbten sich als einziger italienischer Klub ins Achtelfinale der Champions League. "Ich muss mich scheinbar wieder intensiver um den Verein kümmern - die Jungs brauchen das", sagte der selbsterklärte Talisman und kam am Sonntagmittag vor der Partie gegen die Roma also wieder eingeschwebt.

Dieses Mal mit Unterstützung seines treuen Pudels Dudu, der austollende Premiere in Milanello feierte. Das gab gleich mal erfreute Kommentare der Tifosi, wie: "Der läuft ja mehr als alle unsere Spieler zusammen - sofort in die Startelf berufen!" Würde zumindest namentlich kaum auffallen und wie ein neuer brasilianischer Shooting Star klingen: Und mit der Nummer 99, Dudù!

Nebenher gab der Patron väterlich unerlässliche Erfolgs-Strategien vor, beispielsweise im von ihm enthüllten Vier-Augen-Gespräch mit Mario Balotelli: "Willst du gewinnen oder verlieren? - Gewinnen. - Und was benötigt man zum Gewinnen? - Tore. - Und muss man für Treffer aufs Tor schießen? - Natürlich, Presidente. - Und wo steht man zum Schießen am besten? Im Mittelfeld oder Strafraum? - Im Strafraum. - Also lieber Mario, warum gehst du dann immer ins Mittelfeld?"

Wohl dem, der so einen ausgefuchsten Pädagogen an der Spitze besitzt. Jetzt scheint klar, warum Milan daheim seit fünf Spielen sieglos ist. Die erste Auswärtsniederlage der Roma seit dem 30. März dürfte am Montagabend in San Siro gemachte Sache sein - mit Balotelli stets im Strafraum und Dudù als Joker. SPOX

Retter des Spieltags: Bekanntlich rotiert man in den inflationären römischen Medien in Windeseile gerne von Heilsbringer zum Antichrist und umgekehrt. Kürzlich zeterte man noch, Miroslav Klose würde es etwas gemütlich mit seiner Schulterverletzung angehen lassen, und nannte das ständig verschobene Comeback eine "groteske Situation". Am Sonntag stand der 35-Jährige seit dem 10. November zum ersten Mal wieder in Lazios Startformation. Binnen 26 Minuten verpasste er knapp ein Tor, scheiterte am Pfosten und traf doppelt zum 2:0-Sieg gegen Livorno.

Nun ist Klose für die Gazetten wieder "unverzichtbar", "eine eiskalte Garantie, an dem es nie Zweifel gab", "der einzige Laziale, der weiß, wo das Tor steht". In der Tat tütete der Deutsche auch den letzten Ligaerfolg am 27. Oktober mit einem Treffer plus Assist (2:0 über Cagliari) ein. Da es die einzigen beiden drei Punkte aus den letzten elf Serie-A-Partien waren, steht Coach Vladimir Petkovic jedoch weiterhin auf der Abschuss-Liste.

"Jetzt kann ich den Trainer ja schlecht entlassen - doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", kommentierte Präsident Claudio Lotito nach Spielende vielsagend. In Italien lautet die Redewendung für winterlich wacklige Trainerstühle: Er wird den Panettone nicht essen. Petkovic wird der Lazio-Weihnachtskuchen mit ziemlicher Sicherheit gestrichen. Klose darf hingegen getrost reinhauen.

Und sonst? Die perfekte Woche ging für Referee Paolo Tagliavento in Neapel zu Ende. In der Champions League erkannte er unter der Woche einen Treffer an, bei dem ganz Gelsenkirchen im Abseits stand. Bei Inters 2:4 gegen Napoli zog er dann den Zorn der Mailänder auf sich. Tagliavento verwies Alvarez etwas überzogen mit Gelb-Rot und verweigerte einen Kann-Elfmeter.

"Elfer üben wir im Training eh nicht mehr", sagte Esteban Cambiasso. "Damit für uns eventuell einer gepfiffen wird, müssen wohl drei Gegner gleichzeitig dem Stürmer ins Gesicht springen. Aber das würde bei Tagliavento sicher auch nicht reichen - der sorgt immer für eine Inter-Pleite."

Die mal wieder bizarre eigene Abwehrleistung ließ man lieber unerwähnt. Tagliavento (gab mal ein Abseitstor für Juve gegen Inter und war der berüchtigte Leiter bei Mourinhos Handschellen-Geste) bietet freilich einige Angriffsfläche. Der Beruf Friseur bringt ihm manch Häme ein, seine Frau fragte ihn lange Jahre nach den Partien "Hast du heute gewonnen?" und aus seiner Jugendzeit verriet er: "Schon als Kind vor dem TV war für mich der emotionalste Moment der Partie, wenn der Schiedsrichter auf den Platz kam." Nun gut, jedem das Seine.

Serie A: Vier-Augen-Gespräch mit dem Patrone

Premier League: Einlaufkind veräppelt Luis Suarez

Primera Division: Theaterstunde mit Diego Costa

Premier League

Von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Schöner als ein 6:3 gegen Arsenal wird es nicht mehr, zumindest aus Sicht von Manchester City. Die Hellblauen unterstrichen mit dem Kantersieg ihre Meisterschaftsambitionen, bei Arsenal gab es Auflösungserscheinungen.

Jack Wilshere holte den Effe-Finger raus; Mesut Özil wurde von Per Mertesacker angemotzt, weil er sich nach Schlusspfiff nicht bei den Londoner Fans bedankt hatte. "Die Deutschen manchen das unter sich aus", sagte Arsene Wenger. Wenn es blöd läuft, fehlen Laurent Koscielny (Kniewunde) und Wilshere wegen Stinkefinger-Sperre beim nächsten Spitzenspiel, am kommenden Montag gegen den FC Chelsea. SPOX

Dabei hatte der Tag so gut begonnen. In einem Interview mit dem Sender "BT Sport" hatten Merte, Poldi und Mesut lustige Geschichten über deutsche Extrawürste in der Arsenal-Kantine erzählt ("Der Koch ist Deutscher, er macht uns, was wir wollen", sagte Per) und Özil wartete mit einer überraschenden Präferenz auf. Wer ihn in einem biografischen Film spielen solle, wurde der gefragt. "Lukas und Brad Pitt", sagte der Nationalspieler, vielleicht eine Spur optimistisch.

Jose Mourinho fiel übrigens auch noch mit einer interessanten Einlassung auf. Ob Chelsea nicht ein bisschen mehr wie City werden müsse, wurde der Portugiese nach dem müden 2:1 der Blauen über Crystal Palace gefragt. "Sie sind einen Punkt hinter uns, also müssen sie mehr wie wir werden", sagte Mou.

Mann des Spieltags: Luis Suarez war mit zwei Toren und drei Vorlagen beim 5:0-Auswärtssieg in Tottenham mal wieder nicht zu stoppen. Der Uruguayer schoss seine Mannschaft auf Platz zwei und nebenbei auch noch Spurs-Trainer Andre Villas-Boas ab. Nur gegen das freche Einlaufkind zog Luis den Kürzeren. Villas-Boas wurde eine Minute vor Beginn der Champions-League-Auslosung entlassen, das war wohl symbolisch zu verstehen. Man darf gespannt sein, wie es an der White Hart Lane weitergeht. Einstweilen leitet Tim Sherwood die Geschäfte.

Anything else? West-Brom-Coach Steve Clarke erwischte es nach dem 0:1 gegen Cardiff am Samstagabend auch. Eine Stunde nach dessen Entlassung twitterte WBA-Spieler Said Berahino: "Wow, ich glaube es nicht, das ist fucking shit!" Berahino löschte diesen Tweet später und entschuldigte sich, es sei dabei um eine "rein persönliche Sache" gegangen. Danach schickte er ein Foto eines Autoreifen hinterher.

"Ich habe einen Platten", schrieb er. So eine Panne kann schon einmal passieren, allerdings war auch bald das Reifenfoto wieder von seiner Twitterseite verschwunden. Alles sehr merkwürdig und nicht wirklich überzeugend. Mit oder ohne Loch im Reifen muss der U-21-Nationalspieler nun erstmal Strafe zahlen. Fluchen ist nicht erlaubt - egal ob für oder gegen den gefeuerten Trainer.

Serie A: Vier-Augen-Gespräch mit dem Patrone

Premier League: Einlaufkind veräppelt Luis Suarez

Primera Division: Theaterstunde mit Diego Costa

Primera Division

Von Frank Oschwald

Auftritt des Spieltags: Dass Diego Costa in La Liga vom Image des Everybody's Darlings mehrere Kilometer weit entfernt ist, ist ein alter Hut. Durch zahlreiche Gesten, Schwalben und schmutzige Fouls hat er lange und hart an diesem Ansehen gearbeitet. Doch ihm höchstpersönlich scheint sein Bad-Boy-Image herzlich am Allerwertesten vorbeizugehen. Erst am Wochenende dribbelte er wieder in den Strafraum, ging in den Infight mit Victor Ruiz und klappte dann völlig unverhofft zusammen. Muss der Gute Schmerzen haben, könnte man meinen.

Der 25-Jährige schlug die Hände vors Gesicht und rührte sich mehrere Sekunden nicht. Erst als er gemerkt hatte, dass niemand seine Schwalbe auch nur im Ansatz beachtet hatte, schob er einen seiner Finger zur Seite und linste zum Linienrichter, um zu sehen, ob etwas passiert. Keine Reaktion. Schnell wieder die Hand vors Gesicht und in guter alter David-Luiz-Manier aufgrund der Schwere der Verletzung um die Fortsetzung der Karriere fürchten. Theater, Grundkurs I, Dozent: Diego Costa. Bad-Boy-Image ist aber sowieso geiler.

Geschenk des Spieltags: Fußballerisch gibt's bei den Königlichen in der Vorweihnachtszeit aktuell herzlich wenig zu lachen. In der Copa reichte es bei einem Drittligisten nur zu einem 0:0, beim Abstiegskandidaten Osasuna gab's am Wochenende den nächsten Dämpfer. Mit Hängen und Würgen reichte es dank eines Tores in der 80. Minute zum 2:2. Gut, wenn man da ein wenig vom tristen Alltag abgelenkt wird und Unterstützung aus der Heimat erfährt. Real-Coach Carlo Ancelotti wurde vom italienischen Fernsehsender "RAI" in einer Live-Sendung in seinem Büro mit einem kleinen Weihnachtspräsent überrascht. Doch als der Moderator Ancelotti das Geschenk übergeben hatte, konzentrierte dieser sich gleich auf viel wichtigere Dinge. Denn auf dem Tisch entdeckte der spitzfindige Journalist ein eingerahmtes Bild, auf dem ein Zweikampf zwischen einem Real- und einem Milan-Spieler zu sehen ist. Der Italiener kündigte eine "molto, molto" witzige Geschichte an und übergab das Wort an Ancelotti.

Dieser erklärte vor laufender Kamera, dass er das Bild als Willkommens-Geschenk von Real-Legende Emilio Butragueno bekommen habe. "Das Bild ist bei einem Europapokalspiel zwischen Real und Milan entstanden. Ich spielte zu dieser Zeit für den AC, Emilio, der auf dem Bild links zu sehen ist, für Real", so Ancelotti. "Das Problem ist nur, dass das rechts gar nicht ich bin, sondern Alessandro Costacurta". Großes Gelächter im Studio. Ob er der Legende den Fauxpas gleich unter die Nase rieb, wollte der Moderator wissen. "Aus Respekt vor diesem großen Spieler hab ich meinen Mund gehalten, mich bedankt und es herzlich angenommen".

Und sonst? Eine geile Saison ist für den stolzen FC Valencia sicherlich etwas anderes. Der Seriendritte a.D. eiert im Niemandsland der Tabelle rum, hinkt alten Zeiten tierisch weit hinterher und ist inzwischen vom Verfolger der beiden Großen zum Verfolger der Verfolger der großen Beiden mutiert. Doch damit nicht genug. Am Wochenende endete für die Männer von der Ostküste eine stolze Serie, die es in dieser Saison weder von Real, Atletico noch von Barca gab. Zum ersten Mal blieb Valencia in dieser Runde ohne Tor. Noch beeindruckender als die Serie an sich ist jedoch eigentlich die Tatsache, dass Valencia die Serie in 15 Spielen mit nur 21 Toren aufrechterhielt.

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Primera Division: Theaterstunde mit Diego Costa