Serie A
Von Oliver Birkner
Pudel des Spieltags: Wenn nicht viel geht, dann kommt der Helikopter. Eine Art Gesetz in Milanello wie die Direktive des Hubschrauber-Eigentümers Silvio Berlusconi: Milan muss immer mit zwei Stürmern spielen. Signor Berlusconi flog bereits vergangenen Dienstag ins AC-Trainingscamp hinab und seine Angestellten robbten sich als einziger italienischer Klub ins Achtelfinale der Champions League. "Ich muss mich scheinbar wieder intensiver um den Verein kümmern - die Jungs brauchen das", sagte der selbsterklärte Talisman und kam am Sonntagmittag vor der Partie gegen die Roma also wieder eingeschwebt.
Dieses Mal mit Unterstützung seines treuen Pudels Dudu, der austollende Premiere in Milanello feierte. Das gab gleich mal erfreute Kommentare der Tifosi, wie: "Der läuft ja mehr als alle unsere Spieler zusammen - sofort in die Startelf berufen!" Würde zumindest namentlich kaum auffallen und wie ein neuer brasilianischer Shooting Star klingen: Und mit der Nummer 99, Dudù!
Nebenher gab der Patron väterlich unerlässliche Erfolgs-Strategien vor, beispielsweise im von ihm enthüllten Vier-Augen-Gespräch mit Mario Balotelli: "Willst du gewinnen oder verlieren? - Gewinnen. - Und was benötigt man zum Gewinnen? - Tore. - Und muss man für Treffer aufs Tor schießen? - Natürlich, Presidente. - Und wo steht man zum Schießen am besten? Im Mittelfeld oder Strafraum? - Im Strafraum. - Also lieber Mario, warum gehst du dann immer ins Mittelfeld?"
Wohl dem, der so einen ausgefuchsten Pädagogen an der Spitze besitzt. Jetzt scheint klar, warum Milan daheim seit fünf Spielen sieglos ist. Die erste Auswärtsniederlage der Roma seit dem 30. März dürfte am Montagabend in San Siro gemachte Sache sein - mit Balotelli stets im Strafraum und Dudù als Joker.
Retter des Spieltags: Bekanntlich rotiert man in den inflationären römischen Medien in Windeseile gerne von Heilsbringer zum Antichrist und umgekehrt. Kürzlich zeterte man noch, Miroslav Klose würde es etwas gemütlich mit seiner Schulterverletzung angehen lassen, und nannte das ständig verschobene Comeback eine "groteske Situation". Am Sonntag stand der 35-Jährige seit dem 10. November zum ersten Mal wieder in Lazios Startformation. Binnen 26 Minuten verpasste er knapp ein Tor, scheiterte am Pfosten und traf doppelt zum 2:0-Sieg gegen Livorno.
Nun ist Klose für die Gazetten wieder "unverzichtbar", "eine eiskalte Garantie, an dem es nie Zweifel gab", "der einzige Laziale, der weiß, wo das Tor steht". In der Tat tütete der Deutsche auch den letzten Ligaerfolg am 27. Oktober mit einem Treffer plus Assist (2:0 über Cagliari) ein. Da es die einzigen beiden drei Punkte aus den letzten elf Serie-A-Partien waren, steht Coach Vladimir Petkovic jedoch weiterhin auf der Abschuss-Liste.
"Jetzt kann ich den Trainer ja schlecht entlassen - doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", kommentierte Präsident Claudio Lotito nach Spielende vielsagend. In Italien lautet die Redewendung für winterlich wacklige Trainerstühle: Er wird den Panettone nicht essen. Petkovic wird der Lazio-Weihnachtskuchen mit ziemlicher Sicherheit gestrichen. Klose darf hingegen getrost reinhauen.
Und sonst? Die perfekte Woche ging für Referee Paolo Tagliavento in Neapel zu Ende. In der Champions League erkannte er unter der Woche einen Treffer an, bei dem ganz Gelsenkirchen im Abseits stand. Bei Inters 2:4 gegen Napoli zog er dann den Zorn der Mailänder auf sich. Tagliavento verwies Alvarez etwas überzogen mit Gelb-Rot und verweigerte einen Kann-Elfmeter.
"Elfer üben wir im Training eh nicht mehr", sagte Esteban Cambiasso. "Damit für uns eventuell einer gepfiffen wird, müssen wohl drei Gegner gleichzeitig dem Stürmer ins Gesicht springen. Aber das würde bei Tagliavento sicher auch nicht reichen - der sorgt immer für eine Inter-Pleite."
Die mal wieder bizarre eigene Abwehrleistung ließ man lieber unerwähnt. Tagliavento (gab mal ein Abseitstor für Juve gegen Inter und war der berüchtigte Leiter bei Mourinhos Handschellen-Geste) bietet freilich einige Angriffsfläche. Der Beruf Friseur bringt ihm manch Häme ein, seine Frau fragte ihn lange Jahre nach den Partien "Hast du heute gewonnen?" und aus seiner Jugendzeit verriet er: "Schon als Kind vor dem TV war für mich der emotionalste Moment der Partie, wenn der Schiedsrichter auf den Platz kam." Nun gut, jedem das Seine.
Serie A: Vier-Augen-Gespräch mit dem Patrone