Die Psychotricks des David M.

SPOX
17. März 201417:56
Gemein! Das United-Fanzine "Red Issue" verspottet den Bossimago
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Die Anhänger wenden sich von Milan ab und nehmen vor allem Balotelli ins Visier. In Florenz wird Gomez wie ein König gefeiert. Moyes greift in die Psycho-Trickkiste und führt ManUnited stilsicher zum nächsten Debakel. In Madrid wird Jese "Eminem" Rodriguez zur Lachnummer.

Serie A

Von Oliver Birkner

Wut des Spieltags: Die Geduld ist am Ende, zumindest, was die Tifosi des AC Mailand betrifft. Einige Spieler wie Kaka oder Nigel de Jong plus Trainer Clarence Seedorf ausgenommen gab es am Sonntag lediglich Hohn und Zorn für die desolaten Doppelgänger im rot-schwarzen Dress. "Ihr seid ein Scheiß-Team von verwöhnten Jungs und Pseudo-Profis", hieß es von den Treuesten aus der Südkurve. "Es ist an der Zeit, die Saison wenigstens mit einem Krümel an Würde und Anstand zu beenden."

Beim 2:4 gegen Parma schlug man dazu womöglich nicht den geforderten Weg ein. Als kleines Alibi hielt her, dass man 85 Minuten in Unterzahl kickte. "Wir wollen 11 Baresis" skandierten die Fans oder "Jetzt geht schön feiern!"

Das richtete sich besonders an Mario Balotelli, dem sie wütend zuwarfen: "Idiotische Twitter-Fotos und eine VIP-Tischreservierung in der Disko sind dir wichtiger als ein Sieg." Balotelli bedankte sich während der Partie mit ironischem Applaus an die Zuschauer. SPOX

Die andere Zielscheibe hieß Adriano Galliani, dem man einen desaströsen Transfermarkt ankreidet. Am Abend tröstete sich der Geschäftsführer dann beim Basketball. Dort gelang Tabellenführer Milano der zwölfte Sieg in Serie. Statistiken, die in San Siro für einige Zeit in den Bereich Science Fiction gehören.

Kaiser des Spieltags: Ein Tor ist immer eine feine Sache. Manchmal steckt aber auch mehr drin als die schnöde Statistik. In Neapel reichte einem Stürmer einst ein Treffer gegen Juventus, dass er und seine Freundin bis Saisonende praktisch gratis durch den Tag kamen. Egal ob Gemüsehändler oder Ristorante, überall hieß es: "Lass das Portemonnaie mal stecken - du hast schon genug für uns getan."

Mario Gomez wird weiterhin löhnen müssen, Florenz ist nicht Neapel. Ein klein wenig reichte sein formidables Tor bei Juventus in der Europa League allerdings zum designierten Heroen-Status. Bereits bei der Rückkehr aus Turin am Freitag per Zug wurde der Deutsche frenetisch am Bahnhof gefeiert, bei seiner Einwechslung am Sonntagabend gegen Chievo gab es stehende Ovationen. Prompt traf Gomez (aus Abseitsposition) zum ersten Mal in "seinem" Stadion Artemio Franchi und sagte später: "Ich bin kein David Copperfield, keine Ahnung, wann ich wieder bei 100 Prozent sein werde."

Momentan langen Florenz auch die rund 70 Prozent, denn wie in Italien üblich purzelte es schnell Superlative. "Kaiser Gomez" oder der "Blitz im Nachthimmel" - wobei Blitz und Gomez in etwa so harmonierten wie Ramelow und Kunst-Akademie. Egal, denn jetzt stehen Brot und Spiele bevor, wenn Juventus Donnerstag zum entscheidenden Europa-League-Gefecht anreist. Die Haus- und Hof-Blätter duellieren sich schon mit Überschriften. "1:1? Kein Problem. Dann gewinnen wir eben in Florenz", titelte "Tuttosport", die florentinische Ausgabe des "Corriere dello Sport" antwortete: "Juve - wir sind bereit. Und mit Super-Marione haben wir jetzt zusätzliche Artillerie!"

Viola-Eigner Andrea della Valle forderte: "Donnerstag will ich, dass die ganze Stadt ins Stadion umzieht." Da könnten bei 370.000 einige provisorische Zusatztribünen erforderlich sein. Der neue italienische Premier Matteo Renzi, gebürtiger Florentiner und heißer Florenz-Tifoso, wird Kanzlerin Merkel übrigens heute ein mit Widmung signiertes Gomez-Trikot in Berlin überreichen. Vielleicht wird aus lauter Rührung so am Donnerstag sogar noch einen Zusatzplatz für unsere Angie benötigt.

Und sonst? Poetisch hatte Sampdoria-Coach Sinisa Mihajlovic vor der Reise nach Bergamo angekündigt: "Ich führe Samp ins Paradies." Dort geht's nicht immer himmlisch zu wie das 0:3 demonstrierte. Mihajlovic war so erbost, dass er gen Spielende zum vierten Offiziellen eilte und raunte: "Lass ja nicht nachspielen, diesen Bockmist von uns will ich mir nicht länger als nötig mitansehen."

Der Referee zeigte kein Erbarmen und legte 60 infernale Sekunden drauf. Lakonischer Kommentar des Trainers am Ende: "Eine Mannschaft ohne Eier. Nächste Woche lasse ich sieben Mann aus dem Nachwuchs auflaufen." Nach einem gründlichen Medizintest, wäre zu vermuten.

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Premier League

Von Raphael Honigstein

Der Moyes des Spieltags: Wie hatte es David Moyes noch gleich vor dem Spiel so schön gesagt? "Jeden Tag sieht man, wie bei uns auf dem Trainingsgelände die positive Stimmung zunimmt. Was dort passiert, unterscheidet sich komplett von dem, was die Leute über die Situation bei Manchester United denken," hatte der Schotte erklärt.

Das 0:3 gegen die Erzrivalen vom FC Liverpool gab ihm insofern Recht, als alles wohl noch viel schlimmer als vermutet ist: United wurde von den Gästen von der Mersey regelrecht hergespielt und hätte im Old Trafford auch noch höher verlieren können. "Wir haben das Mittelfeld total dominiert", freute sich Steven Gerrard, der zweifach erfolgreiche Elfmeterschütze; sein dritter Strafstoß hatte den Pfosten getroffen. Für Wayne Rooney, den gebürtigen Everton-Fan war der Sonntag dagegen "ein Alptraum, einer der schlimmsten Tage, die ich je im Fußball erlebt habe". SPOX

Moyes hatte vor der Partie die überraschend um die Meisterschaft spielende Truppe von Brendan Rodgers tatsächlich als "Favorit" für das Match bezeichnet. Ein Psychotrick, der wie alles, was der Nachfolger von Sir Alex Ferguson im Moment anpackt, in die Hose ging. Am Mittwoch kommt Olympiakos zu Moyes' persönlichem Endspiel in die Stadt. So mancher Fan erhofft sich - so weit ist es schon gekommen - insgeheim eine Niederlage. Damit das Leiden endlich ein Ende hat.

Klage des Spieltags: Jose Mourinho wollte nach dem 0:1 gegen Aston Villa eigentlich nicht über den Schiedsrichter reden. Aber dieses Unterfangen misslang. "Es wäre hilfreich, wenn Chris Foy in Zukunft nicht mehr Chelsea-Spiele pfeift", fauchte der Portugiese, nachdem ihn der Unparteiische zusammen mit Willian und Ramires (beide Gelb-Rot) des Feldes verwiesen hatte.

Der Chelsea-Trainer forderte die Behörden auf, Foys Bilanz gegen die Blues zu untersuchen. In den letzten acht Partien hat der Ref sechs Chelsea-Spieler vorzeitig zum Duschen geschickt. Wirklichen Grund zur Klage hatte Mou übrigens in keinem der Fälle, aber das tut ja nichts zur Sache. Wenn sein Team, das ja angeblich noch gar nicht reif für den Titel ist, die Tabellenführung verspielt, wissen wir alle, wer schuld war.

Und sonst? Tim Sherwood ist, das ist kein Geheimnis, eigentlich ein Arsenal-Fan. Beim Nord-Londoner-Derby konnte der Spurs-Trainer seine Neigungen naturgemäß nicht ausleben, im Gegenteil: Um seine Leidenschaft und den unbedingten Siegeswillen zu demonstrieren, pfefferte er seine zum Markenzeichen gewordene Daunen-Weste auf den Boden.

Mangelndes Engagement kann dem Trainerneuling niemand vorwerfen, aber es ist kein Zufall, dass er bei einigen Spurs-Anhängern unter dem wenig schmeichelhaften Spitznamen "Tactics Tim" firmiert. Gegen Arsenal hatten die Spurs zwar viel den Ball und viel vom Spiel, echte Chancen blieben aber gegen die klug verteidigenden Gunners mit dem Retro-Stilmittel "lange Bälle auf Adebayor" Mangelware.

"Sherwood führt seine Mannschaft sehr eifrig und im hohen Tempo auf eine Landstraßen-Sackgasse, mit einem Kasten Energie-Drinks in Kofferraum", schrieb der "Guardian" bitterböse. So wie es aussieht, sitzt spätestens im Sommer wieder ein erfahrener Pilot am Lenkrad.

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Primera Division

Von Frank Oschwald

Eminem des Spieltags: Es könnte aktuell eigentlich kaum besser laufen für Jese Rodriguez. Ausgestattet mit einer überdimensional großen Ladung Talent, kommt er trotz der exzellent besetzten königlichen Offensiv-Armada überraschend regelmäßig zum Einsatz.

Und außerhalb des Platzes macht er das, was ein junger Fußballer eben machen muss, wenn er etwas auf sich hält und die Cojones so groß werden wie die eines durchschnittlichen Zuchtbullens: Man produziert ein eigenen Rap-Song. Der Mesut hat das bereits gemacht, Cristiano auch, und MC Kaiser Franz ja irgendwie auch. Schaden kann das also sicherlich nicht.

Doch die Teamkollegen bei Real amüsieren sich köstlich über die Rapkünste des 20-Jährigen. Bei einem Pressetermin eines Mobilfunkherstellers saßen die Real-Spieler auf dem Podium und beantworteten Fragen aus dem Publikum. Als Jese a.k.a. "Big Flow" auf eine Frage antworten wollte, brachen links von ihm Marcelo und Isco weg vor lachen. SPOX

Die beiden spotteten über die Gestik des Neu-Rappers bei der Antwort und äfften ihren Teamkollegen nach. Dieser hielt das Mikrofon keineswegs wie ZDF-Profi KMH, die sich mit der länglichen Seite des Mikros immer den Unterkiefer gen Wirbelsäule schiebt, sondern vielmehr wie Eminem zu seinen besten Zeiten - horizontal, im 90-Grad-Winkel zum Kinn und der Ellbogen schön auf Schulterhöhe. Fehlte nur noch ein Hoodie und ein lässiger Beat im Hintergrund, Big Flow hätte sicherlich nicht widerstehen können.

Fanaktion des Spieltags: Treue Leser wissen, dass die Blitzlichter auch immer ein Sammelbecken für herzerwärmende Geschichten rund um das Leder sind. Am Wochenende lieferten die Fans von Elche genau eine solche Story ab. Beim Heimspiel gegen Betis erhoben sich die Fans des Aufsteigers in der 26. Minute und applaudierten laut. Hintergrund: Vor zwei Jahren verstarb Betis-Verteidiger Migel Roque an einem Beckentumor. Er hatte die Nummer 26.

Und sonst? Aus Chronistenpflicht muss hier kurz erwähnt sein: Lionel Messi ist mit 371 Toren nun Barcas Rekordtorschütze. Okay, das reicht dann aber auch. Denn eine ebenso große Ehre gebührt Schiedsrichter Perez Montero. Der entdeckte bei der Partie zwischen Atletico und Espanyol zusammen mit seinem Team nach der Halbzeit nämlich ein Problem am Tornetz. Eine Stange am linken Pfosten hatte sich selbstständig gemacht und war locker.

Sofort wurde ein Anzugträger gerufen, der mit schicken Schuhen einen riesigen Haken ins Tornetz hinter Espanyol-Keeper Francisco Casilla rammte. Dass die krumme Eisenstange gut 15 Zentimeter aus dem Boden ragte und irre gefährlich aussah, ist zu vernachlässigen. Ist ja schließlich nichts passiert und das Netz hat beim Tor von Diego Costa ebenfalls gehalten.

Doch nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn das Schiedsrichtergespann das Loch nicht entdeckt hätte und der Ball von der Seite reingekullert wäre. Diego Costa hätte seinen Facebook-Account schließen und die WM in Brasilien in die Haare schmieren können. "Ein absolut denkbares Szenario", ergänzt Stefan K. (30) aus L.

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