Das längste Spiel der Welt

SPOX
10. März 201417:58
Mit 1:0 entschied Juventus den ersten Akt der Trilogie gegen Florenz für sichgetty
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Juve vs. Florenz oder "das längste Spiel der Welt" hält Italien in Atem. Die Rivalität der beiden Klubs ist legendär. Legendär könnten auf der Insel auch mal ManCitys Pleiten gegen Wigan werden. Spanien amüsiert sich über einen königlichen Batman. Der hat definitiv das Zeug zur Legende.

Serie A

Von Oliver Birkner

Steak des Spieltags: Nun ist zumindest der erste Teil der Trilogie rum, des "längsten Spiels aller Zeiten", wie es Florenz taufte. Drei Mal Juventus gegen Fiorentina binnen zwölf Tagen zwischen Serie A und Europa League. Der erste Akt in der Liga um 12.30 Uhr war kaum kulinarisch, lediglich der Verantwortliche des offiziellen Juve-Twitter-Kanals fand das 1:0 köstlich: "Sehr lecker die Fiorentina (der Klub und auch ein nobles T-Bone-Steak der Toskana, Anm. d. Red.) zum Mittag. Wir sehen uns in vier Tagen zum Abendessen wieder." Florenz befand das nicht komisch und konterte: "Dabei mögt ihr doch eher Tiefkühlkost - vier Mal die Pfanne schwingen und in 15 Minuten fertig." Im Hinspiel hatte man nach 0:2-Rückstand der Juve vier Treffer in einer Viertelstunde eingeschenkt. Es werden zweifelsohne aufregende Tage während der kommenden Achtelfinalpartien. Denn vor allem in Florenz bedeutet Juventus gleich Antichrist. SPOX

Der florentinische Journalist Francesco Matteini sagte einmal: "Das Juve-Ressentiment wird in Florenz vererbt wie die Augenfarbe. Juve als Symbol gnadenloser Macht. 1982 wurde dann der Slogan geboren: Besser Zweiter als ein Dieb." Am letzten Spieltag jener Saison 1981/82 lagen Florenz und die Turiner gleichauf an der Tabellenspitze. In Cagliari wurde der Fiorentina ein Treffer von Ciccio Graziani aberkannt, während sich Juventus in Catanzaro abmühte. Dort verwehrte der Referee den Gastgebern einen Elfmeter, den er später Turin zusprach. Liam Brady traf und Juve feierte seinen 20. Scudetto. Statt eines Entscheidungsspiels um den Titel warten die Viola bis heute auf ihre dritte Meisterschaft. Der bedeutende Theater- und Film-Regisseur Franco Zeffirelli aus Florenz schnaubte damals: "Es schien alles abgemacht. Juve-Präsident Giampiero Boniperti saß seelenruhig auf der Tribüne und kaute Erdnüsse wie ein amerikanischer Mafioso." Nur acht Jahre später explodierte Florenz erneut. Die Tifosi organisierten auf den Piazze und am Klubhauptsitz tumultartige Massen-Proteste inklusive Stein- und Flaschenwürfen, als ihr Idol Roberto Baggio nach Turin transferiert wurde. "Ich wollte nicht weg, man verkaufte mich gegen meinen Willen", schrieb Baggio in seiner Autobiographie. "Es ist, als würde man der Mutter das Kind stehlen und verhökern", kommentierte ein toskanischer Journalist damals. Juventini, besser als "gobbi" (Bucklige) bekannt, erhalten nicht bloß amüsante Spruchbänder ("Wenn ihr magisch seid, ist Cicciolina Jungfrau"), sie driften auch ins Geschmacklose. Seit der Heysel-Tragödie präsentiert man das Plakat "39 gobbi weniger". Zudem nötigen die Anhänger weiterhin jeden Ex-Juventus-Spieler beim Antritt in Florenz durch das Ritual der "degobizzazione", der Entbuckligung. Er erhält einen Viola-Ultra-Ausweis und muss parallel mit dem offiziellen Magazin "Hurra Juventus", nun ja, anzügliche Szenen darbieten. Mal schauen, wie die Fiorentina den Turinern am kommenden Donnerstag bekommt.

Trainer des Spieltags: Einige Minuten lang sah Filippo Inzaghi endlich seinen Traum verwirklicht. Auf Milans Homepage tauchte der eigentliche Nachwuchscoach beim Schema Udinese gegen Milan kurz vor Anstoß nämlich als Trainer der ersten Elf auf. Kurz darauf verpuffte die Phantasie und Clarence Seedorf wurde wieder auf der Bank installiert. Nur folgerichtig. Der AC verlor 0:1 und blieb in drei der letzten vier Partien ohne Treffer. Das wäre mit dem erbarmungslosen Regenten der Abseitslinie Superpippo freilich nie passiert.

Und sonst? Unter der Woche entdeckte Ex-Profi und Co-Kommentator Beppe Dossena endlich, wo es bei den Azzurri kurz vor dem WM noch zwickt. Bei der Niederlage in Spanien analysierte er: "Die ganze Zeit suchen wir Pressing anstatt Druck. Dabei sollten wir den Druck erhöhen, um das Pressing zu finden." Endlich mal jemand mit erdrückendem Durchblick.

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Premier League

Von Raphael Honigstein

Jubel des Spieltags: Die gute alte Eckfahne musste ja in den vergangenen Jahren schon viel einstecken. Sie wurde schon als Mikrofon und Schwert missbraucht, aber Samuel Eto'o hatte am Samstagabend eine neue Idee: Er humpelte nach seinem Treffer zum 1:0 gegen die Spurs (Endergebnis 4:0) in die Ecke und machte den Schaft zum Krückstock. "Ich bin ein alter, gebrechlicher Mann", sollte diese Jubelgeste sagen, und sie war natürlich eine witzige Antwort auf Jose Mourinhos (unfreiwilliges?) Interview im französischen Fernsehen, bei dem der Portugiese sich Gedanken zum wahren Alter des offiziell 32-Jährigen gemacht hatte ("Vielleicht ist er 35, wer weiß?"). Mou fand die Aktion übrigens gut. "Für die Zeitungen ist das auch toll, sie brauchen kein Photoshop", sagte der Chelsea-Coach. Eto'o, das sollte an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, sieht mit seiner neuen Javier-Pinola-Trend-Frisur (zumindest an den Seiten) tatsächlich Jahre jünger aus. Zufall? SPOX

Pullover des Spieltags: "Die schlechteste Hälfte des Jahres", hatte Manuel Pellegrini beim 1:2 im Pokalviertelfinale gegen Wigan Athketic erlebt. Eigentlich waren beide Hälften von Manchester City ziemlich schlecht. Pellegrini schien von Anfang gegen Uwe Rösler im Hintertreffen, weil der Chilene mit einem Schlabber-Kapuzenpulli Marke "Thomas Schaaf" an der Seitenlinie stand, während Rösler in seinem Anzug so cool und präzise bekleidet war, wie seine Zweitligisten im Etihad-Stadion spielten.

Rösler, widmete den Überraschungssieg Wigan-Spieler Ben Watson, der das siegreiche Finale im Vorjahr - 1:0 gegen den selben Gegner - mit einem gebrochenen Bein verpasst hatte. Auf Seiten von City fiel mal wieder Martin Demichelis mit einer Horrorshow auf. Der Argentinier verschlief das 0:1 und wird, wenn er so weiter macht, City auch noch die Meisterschaft kosten. Warum Pellegrini dem Pferdeschwanz die Treue hält, bleibt ein Rätsel. Zum Glück für die Hellblauen ist Micho beim Champions-League-Spiel gegen Barcelona am Mittwoch gesperrt.

Anything else? Felix Magath hat langsam aber sicher einen Effekt auf seine Mannschaft. Sascha Riether, der einst aus Wolfsburg vor dem Trainer floh, schoss beim 1:3 gegen Cardiff ein Eigentor. Und Magath traf mit einem Statement nach dem Schlusspfiff auch noch ins eigene Netz. "Cardiff ist es gewöhnt, gegen den Abstieg zu spielen; im Gegensatz zu uns", sagte der Fulham-Boss. Cardiff ist Aufsteiger. In den vergangenen fünf Jahren belegten sie in Liga zwei die Plätze fünf, sechs, vier, vier und sieben.

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Primera Division

Von Frank Oschwald

Stierkampf des Spieltags: Was Profis in ihrer Freizeit so veranstalten, ist ihr Bier. Das weiß Dennis Aogo und das wissen auch die Spieler von Real. Allerdings sollte man nicht nach Malle fliegen und auch nicht als Batman verkleidet vor einem wildgewordenen Stier herumlaufen. Klingt jetzt auf den ersten Blick vielleicht etwas abstrus...und auf den zweiten, dritten und vierten Blick auch...aber genau damit hat Real-Mittelfelspieler Asier Illarramendi unter der Woche seine Freizeit verbracht. Bei einer wilden Straßenfeier in seiner baskischen Heimat verkleidete sich der Nachwuchs-Bruce-Wayne und sprinte ein ums andere Mal vor dem Bullen her. Spanische Kultur hin oder her, die Ober-Königlichen fanden dies weniger witzig und brummten Batman eine Strafe auf. Nur Coach Carlo Ancelotti amüsierte sich bei der Pressekonferenz darüber sichtlich.

Völlig nüchtern und ernst versuchte er zu erklären, dass man so etwas eben nicht machen kann, wenn man Fußballprofi ist. "Es gibt Regeln, an die sich die Spieler halten müssen. Man muss Gefahr im Privatleben vermeiden", so der Italiener. Doch spätestens bei der Erklärung musste er so sehr schmunzeln, dass sich sogar die linke Augenbraue nach gefühlten drei Jahren zum ersten Mal kurz in die Horizontale bewegte. "Das ist das erste Mal, dass ein Spieler von mir dafür eine Strafe bekommen hat", erklärte Ancelotti sichtlich amüsiert. Auch von seinen Teamkollegen erntete Illarra Spott. Bank-Nachbar Isco lief mit zwei Zeigefingern an der Stirn aus der Kabine und zog das Gelächter der Auswechselspieler auf sich.

Verschwörungstheorie des Spieltags: Dass Statistiken im Fußball teilweise so sehr an den Haaren herbeigezogen sind, dass selbst die irrste Verschwörungstheorie der Amerikaner gegen die Russen Kindergarten dagegen ist, ist klar. Dennoch sind Statistiken doch immer wieder lässig. Wenn man sich beispielsweise die letzten fünf Barca-Spiele am 8. März anschaut, stellt man vor dem Hintergrund der gefühlten vier Barca-Pleiten in den letzten Jahren Erschreckendes fest. Nur einen Punkt holten die Katalanen in den letzten fünf Spielen an eben diesem Datum. Auch am Wochenende konnte der Fluch wieder nicht gebrochen werden. Gegen den Drittletzten der Liga Valladolid setzte es eine 0:1-Pleite.

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Während ganz Katalonien in tiefste Tristesse verfällt, reibt man sich in der PR-Abteilung bei Intel die Hände. Denn nach dem wiederholten Fehlschuss von Neymar ist das anfangs etwas wirre Konzept des Computerherstellers aufgegangen. Der Brasilianer zog sich nach einem völlig verunglimpften Schuss das Trikot über den Kopf und zeigte vermutlich erstmals das Intel-Logo auf der Innenseite des Trikots. Innovative Jungs, die da bei Intel sitzen, könnte man meinen. Doch dafür haben die Herren von Burger King nur ein müdes Lächeln übrig. Die hatte eine solche Idee schon vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit dem FC Getafe. Und wie wir finden, auch 'ne ganze Nummer lässiger...

Und sonst so? Die skurrilste Szene des Wochenendes gab's bei den Königlichen im Bernabeu zu sehen. In der Nachspielzeit klappte Außenverteidiger Daniel Carvajal einfach so zusammen. Auf offenem Feld. Der nächste Gegenspieler? Mindestens 15 Meter weg. Während Gedanken an Hany Ramzy aufkommen und die Szene zunächst Slapstick-Charakter hat, wird's bei genauerem Hinschauen schmerzhaft. Nach dem Spiel stellte sich heraus, dass trotzdem alles halb so wild ist. Ein Nerv in der Hüfte war eingeklemmt. In zwei bis drei Tagen soll Carvajal wieder auf den Beinen sein.

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