SPOX: Kommen wir zu Ihrer persönlichen Situation. Ihr Vertrag ist bis 2017 datiert, sie wären dann 36. Eine gute Zeit, um die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen?
Broich: Da mache ich mir noch überhaupt keine Gedanken. Das ist noch soweit weg und es kann immer so viel passieren. Wenn es weiter so Spaß macht wie gerade, dann hänge ich vielleicht noch ein oder zwei Jahre dran. Alles, was über mein Vertragsende hinausgeht, lasse ich auf mich zukommen.
SPOX: Sie sprachen kürzlich von einer enormen Lebensqualität in Australien. Würden Sie es als beste Entscheidung Ihres Lebens bezeichnen, nach Down Under gegangen zu sein?
Broich: Ich glaube, das würde ich tatsächlich machen. Ich fühle mich so happy wie nie zuvor - privat und sportlich. Das Leben hier ist ein Traum, es fühlt sich an wie jeden Tag Urlaub. Der Winter wurde hier abgeschafft und unter der Sonne lässt es sich ganz gut leben.
SPOX: Anders als in Deutschland.
Broich: Auf jeden Fall. Natürlich spielt es auch mit rein, dass ich hier fußballerisch mein Glück gefunden habe. In Deutschland hatte ich immer das Gefühl, fehl am Platz zu sein. Hier werde ich respektiert, bin erfolgreich. Klar, dass sich das aufs Privatleben auswirkt.
SPOX: Wie kam der Kontakt nach Brisbane damals eigentlich zustande?
Broich: Ich hatte ehrlich gesagt mit dem Gedanken gespielt, komplett mit dem Fußball aufzuhören, nachdem es in Nürnberg nicht lief. Doch glücklicherweise war Dario Vidosic damals auch Spieler beim Club und dessen Vater war Co-Trainer bei Brisbane. Dario meinte, dass sein Vater froh wäre, wenn ich nach Brisbane gehen würde, bevor ich komplett das Handtuch werfe. Ein paar Wochen später war der Trainer der Roar auf Europa-Tour, wir haben uns in Nürnberg auf einen Kaffee getroffen und das Ganze festgezurrt.
SPOX: Sie sind dem Knochengeschäft Bundesliga so entflohen. Führen Sie jetzt ein lockereres und besseres Leben?
Broich: Genau so ist es. Man ist hier relativ unbehelligt, kein Vergleich zum Fußballerleben in Deutschland. Wir trainieren oft relativ früh am Tag, das heißt man hat viel Zeit zur freien Verfügung, die lässt sich hier ganz gut vertreiben.
SPOX: Mit der Gitarre am Strand?
Broich: (lacht) Zum Strand ist es doch ein Stückchen zu fahren. Auch mit den ganzen Reisen unter der Saison ist man froh, wenn man mal zuhause sein kann. Aber ich mache in der Tat viel Musik, das macht mir extrem viel Spaß.
SPOX: Im Film "Tom meets Zizou" (9. Juni um 23.10 Uhr im "WDR") sprechen Sie von Anzeichen einer Fußballer-Depression bei sich selbst. Glauben Sie, ihre Karriere hätte ähnlich wie die von zum Beispiel Sebastian Deisler geendet, wären Sie in Deutschland geblieben?
Broich: Da will ich gar keinen konkreten Vergleich ziehen, da das Einzelschicksale sind. Aber irgendwann, wenn dir die komplette Leichtigkeit abhanden kommt und es fast eine Qual wird, zum Training zu fahren, weißt du, dass es keinen Sinn mehr macht. Dass es enden muss. Wobei ich nicht behaupte, dass es tatsächlich eine Depression war, da es mir Abseits des Platzes noch ganz gut ging.
SPOX: Hat Ihnen das Filmprojekt geholfen, oder wollten Sie es in den schwierigen Phasen auch einfach mal sein lassen?
Broich: Mit dem Gedanken haben weder ich noch Aljoscha Pause gespielt. Doch gerade in sportlich schwierigen Zeiten hat es die Situation nicht gerade einfacher gemacht. Aber ich fand das Projekt auch gerade deswegen interessant. Klar wäre es einfach, eine reine Erfolgsstory zu erzählen, aber es hat ja auch einen gewissen Reiz, ein Fußballer-Leben nahe zu verfolgen, das nicht wie geplant verläuft.
Thomas Broich im Steckbrief