In Italien spricht nach dem Wochenende alles über den wilden Kick zwischen Juve und Rom. Über Siegtorschütze Bonucci kommen dabei unkonventionelle Erfolgsrezepte ans Tageslicht. Ganz England reibt sich nach der Attacke von "Mad Arsene" die Augen und hängt gleichzeitig wilde Plakate auf. In Spanien begräbt Leo Messi endlich das Kriegsbeil.
Serie A
Von Oliver Birkner
Soldat des Spieltags: Im Vorfeld hatte die "Gazzetta dello Sport" das Duell zwischen Juventus und der Roma zum "Krieg der Sterne" hochgejazzt und Francesco Totti plus Carlos Tevez auf der Titelseite mit diesem immer noch saucoolen Lichtschwert ausgestattet. Der übliche Hype - dachte man. Die Partie avancierte dann tatsächlich zu einem galaktischen Blockbuster. Tempo, klasse Kombinationen, rassige Zweikämpfe, drei Elfmeter (von denen man einen pro Team nicht geben musste), drei Platzverweise (einer für AS-Coach Rudi Garcia, der nach einem Juve-Strafstoß ironisch ein Geigenspiel imitierte) und zwei ausgezeichnete Tore, die nicht vom Elferpunkt fielen.
Kurz vor Schluss hämmerte Leonardo Bonucci die Kugel volley zum 3:2-Endstand ins Tor und man weiß seit kurzem, wo der Kerl seinen Mut hernimmt. Bonuccis persönlicher Motivator, Alberto Ferrarini, verriet unlängst: "In den vergangenen Jahren führte ich Leo häufig in meinen Keller, der komplett abgedunkelt war. Dort beleidigte ich ihn in rüdem Ton, und wenn er auch nur mit der Wimper zuckte, bekam er einen Faustschlag in den Bauch. So begann die Geschichte des Soldaten Bonucci." Ein Schelm, wer sich bei diesem Szenario Praktiken abseits der sportlichen Motivation ausmalte.
Raum-Zeit-Kontinuum des Spieltags: Freilich präsentierte sich das Nachspiel des Spitzenduells ebenso sternenkriegerisch wie die 90 Minuten im Juventus Stadium. Referee Giancarlo Rocchi hatte es in einigen kniffligen Situationen nicht leicht. Überzogen schrieb die "Gazzetta" von einer "Rocchi Horror Picture Show". Bei Maicons Ellbogen-Handelfer hätte es keines Pfiffes bedurft (der Brasilianer stand zudem knapp außerhalb des Strafraums), auch der Strafstoß zum 1:1 fiel in die Kategorie grenzwertig. "Die Niederlage geht auch auf unsere Kappe", sagte Roma-Coach Garcia. "Doch wir müssen den Schiedsrichtern endlich mit technologischen Mitteln helfen. Besonders bei Juve, wo die Sechzehner scheinbar 17 Meter messen." Francesco Totti maulte: "Hier gibt es immer dubiose Entscheidungen, die das Spiel beeinflussen. Aber niemals zu Gunsten des Gegners. So ist es unmöglich, die Meisterschaft zu holen. Es wäre besser, wenn Juventus in einer gesonderten Liga spielen würde."
Nun ja, in der letzten Saison kam dem das schon ziemlich nahe. Die wissenschaftlichste Erklärung offerierte Roma-Sportdirektor Walter Sabatini, der feststellte, in Turin wäre mal wieder das Raum-Zeit-Kontinuum verschoben worden. Klang eher nach Doc Emmett Brown denn Luke Skywalker. Der heißt in der polnischen Version womöglich Lukasz Skorupski und arbeitet aktuell gegen die dunkle Seite der Macht als Romas tapfere Nummer zwei. Seine bislang einzigen beiden Einsätze (ManCity, Juventus) absolvierte er binnen fünf Tagen und kassierte die ersten drei Gegentore in 135 Minuten per Elfmeter. Am Ende trägt gar Luke Skorupski an allem Unheil Schuld.
Und sonst? Vergangene Woche feierte Silvio Berlusconi 78 Lenze, die man nach all der Sanierung lediglich aus nächster Nähe erahnt. Zum Festtag schenkte ihm seine Milan-Mannschaft ein Gruppenfoto in Anzügen von Dolce und Gabbana, aufgenommen vor dem neuen Hauptquartier "Casa Milan". Der Patron reagierte entzückt, er hätte noch nie so viele hübsche Jungs so elegant gekleidet auf einem Foto gesehen - dazu noch vor dem schönsten Vereinssitz der Welt. Fehlt eigentlich bloß noch der allerschönste Fußball, aber der ist momentan noch eine offene Baustelle.
Serie A: Krieg der Sterne und die dunkle Seite der Macht
Premier League: Boxing-Day und LLWDLLLWWLWLLLLLL
Primera Division: Ein bisschen Frieden und der Angriff des Todes
Premier League
Von Frank Oschwald
Boxing Day des Spieltags: Wenn Chelsea den FC Arsenal zu Hause bügelt und auf allen Londoner Zeitungen am nächsten Tag primär nicht das sportliche Geschehen im Mittelpunkt steht, ja dann, spätestens dann weiß man, dass es außerhalb des Platzes ordentlich gequalmt hat. Und ja, es steht außer Frage: Es war die Szene des Spieltags, als Arsenal-Coach Wenger wie von der Tarantel gestochen (vgl. Zimmermann, H., 1954) in Richtung Chelsea-Bank stürmte. Er, der feine Herr aus Frankreich, der gedanklich bei so vielen Fans in seiner Freizeit stundenlang mit einem sanften Lächeln auf den Lippen seinen Garten bewässert und anschließend bei Kerzenschein und Rotwein den Sonnenuntergang genießt.
Ausgerechnet bei ihm, Arsene Wenger, haute es nach einem zugegeben miesen Foul an Alexis Sanchez die Sicherung raus. Welches Ziel Wenger nach dem Foul anvisierte, sei mal dahingestellt, dennoch kam es letztlich vor der Chelsea-Bank zu einem leichten Geschubse zwischen ihm und Chelsea-Coach Mourinho. Klar muss das nicht sein, doch selbst Kindergartenkinder hätten für dieses zarte Handgemenge nur ein Lächeln übrig gehabt. Und speziell Wenger sah dabei etwas unbeholfen aus. Generell hätte er sich vielleicht nicht gleich den Portugiesen als Gegner raussuchen sollen. Bei Super Mario startet man schließlich auch nicht mit dem Endgegner. Aber vielleicht wollte der Arsene ja auch einfach nur mal seinen stählernen Körper einsetzen.
Banner des Spieltags: Dass die Newcastle-Fans mit Trainer Alan Pardew seit einiger Zeit nicht mehr allzu zufrieden sind, darauf kann man bei Aktionen unter dem Motto "Sack Pardew" (engl.) kommen. Auch die Statistiken der letzten Woche sprechen nicht grundsätzlich für den Trainer. In der aktuellen Saison gab's noch keinen Sieg, als 18. ist man punktgleich mit dem Letzten, zudem stellen die Magpies mit 14 Gegentoren in sieben Spielen die drittschlechteste Abwehr der Liga.
Deshalb taten Newcastle-Supporter auch beim 2:2 gegen Swansea erneut ihren Unmut kund. Und eines muss man den Fans zugutehalten: Den Sinn für Humor haben sie trotz der verheerenden Statistik nicht verloren. "LLWDLLLWWLWLLLLLLWLLDDLDL", war auf einem Plakat in großen Lettern zu lesen. Als Illuminati-Forscher und Aiman Abdallah bereits feuchte Höschen bekamen, lösten die eigenen Fans darunter den kryptischen Text auf. "Das ist keine Stadt in Wales. Das ist unsere Statistik im Jahr 2014."
Anything else? Der FC Burnley kann es also noch, das beim Fußball nicht ganz unwichtige Toreschießen. Sage und schreibe 565 Minuten wartete der Klub aus dem Norden Englands nach der Hütte am ersten Spieltag gegen Chelsea auf das nächste Tor. Fünfhundertfünfundsechzig Minuten!! Umso spektakulärer, dass es beim 2:2 gegen Leicester City gleich doppelt klappte. Und wie: In der 96. Spielminute zirkelte Wallace einen direkten Freistoß aus gut 20 Metern in den Winkel und sicherte seinem Team somit den Punkt. Und die Rote Laterne ist man ebenfalls los.
Serie A: Krieg der Sterne und die dunkle Seite der Macht
Premier League: Boxing-Day und LLWDLLLWWLWLLLLLL
Primera Division: Ein bisschen Frieden und der Angriff des Todes
Primera Division
Von Frank Oschwald
Eierkuchen des Spieltags: Wären die Blitzlichter eine normale Nachbetrachtung des Spieltags, wäre es unumgänglich, auf die Rekorde von Cristiano Ronaldo und Barca-Keeper Claudio Bravo einzugehen. Sind sie aber nicht. Statt Rekorde stiften wir unseren Anteil am Frieden in der Liga. Denn endlich ist eine der obskursten Geschichten der letzten Saison ad acta gelegt. Rückblende, September 2013. Vor dem Spiel Rayo gegen Barcelona kommt es zum inzwischen standardmäßigen Abklatschen der Spieler. Doch der Gruß zwischen Leo Messi und Raul Baena bleibt in alter Bridge-Terry-Suarez-Manier aus. Wer hat hier mit welcher Frau geschlafen, wer wurde rassistisch beleidigt, die spanische Presse spekulierte.
Baena stellte sich im Anschluss vor die Kameras und rechtfertigte sich, als hätte er Messi vor dem Spiel beide Beine abgehackt und noch auf dem Spielfeld gegessen. "Es liegt mir sehr auf dem Herzen, das klarzustellen, weil einige sagten, dass ich derjenige war, der den Handschlag verweigert hat. Dabei sieht man deutlich, dass es Hinweise für einen Handschlag meinerseits gibt". Hinweise für einen Handschlag? Aha. Messi fühlte sich vermutlich tief im Inneren getroffen und sagte ... nichts. Erst am Wochenende ließ er Taten folgen und begrub das Kriegsbeil. Beide klatschten sich ordentlich ab, deuteten jeweils einen Zungenkuss an, verschoben weitere Zärtlichkeiten allerdings auf einen anderen Zeitpunkt. Friede, Freude, Eierkuchen.
Formtief des Spieltags: Der gemeine Sportjournalist an sich feuert mit seinen Geschichten hin und wieder etwas verfrüht aus allen Rohren. Trifft ein Team mal zwei Spiele vorne kein Scheunentor, ist meistens bereits von einer Flaute im Sturm zu lesen. Manchmal - zugegeben - eine etwas überhastete Aktion. Doch ab wann kann man sich ob der Misere im Angriff sicher sein und was qualifiziert ein Team dafür? Levante qualifiziert sich. Stark. Bis zum siebten Spieltag hatte das Team von der Ostküste ein mickriges Törchen auf der Habenseite, erst gegen Aufsteiger Eibar brach beim 3:3 der Bann. Ein Feiertag für die Levante-Fans. Mehr als zwei Hütten des eigenen Teams? Das gab's zuletzt im Januar 2014. Aber jetzt wird ja alles besser.
Trotz des ersten Dreierpacks klaute Eibars Saul Berjon dem Gast die Show. Dieser reihte sich mit seinem irren Treffer zum zwischenzeitlichen 2:2 in die internationale Volley-Traumtor-Kommission um Mendieta, Altintop, Stoch und Oscar Garcia ein. Von links wurde der Ball im hohen Bogen an die Strafraumkante gechippt. Dort lauerte Saul und zog direkt ab: Volley, Winkel, Traumtor!
Algo mas? Zum Abschluss muss hier noch eine Lanze für Iker Casillas gebrochen werden. Wie oft wurde der arme Tropf in den letzten Jahren und speziell vor der Saison schon abgeschrieben. Im Duell gegen Keylor Navas sei er chancenlos, von den heimischen Fans kassierte er hin und wieder Pfiffe. Doch der Jens Keller der Primera Division hält sich im Kasten und dominiert Navas mit 11 zu 1 Pflichtspiel-Einsätzen. Am Wochenende zeigte sich der Keeper nahbar und sprach über die Pfiffe: "Ich spiele seit vielen Jahren auf Topniveau. Ich kann es verstehen, wenn einige Leute mein Gesicht nicht mehr sehen können." Sieht jedoch so aus, als müssen diese Casillas noch eine Weile ertragen.
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