"Allerdings habe ich auch eine Verantwortung meiner Familie gegenüber", stellte der Ex-Nationalspieler in der "Sport Bild" klar: "Ich möchte ihr nicht das antun, was ich als Kind erlebt habe. Mein Vater war Trainer, er musste aufgrund des Jobs ständig die Stadt wechseln. Das ist nicht optimal für die Familie. Aber natürlich ist auch bei mir der Reiz da, einmal in einer großen Liga zu arbeiten."
Weit oben auf seiner Liste steht dabei die Bundesliga: "Natürlich. Ja, ich will als Trainer in die Bundesliga. Der italienische Fußball ist beschädigt. Bis auf das Stadion von Juventus Turin sind die Arenen alt und leer. Dazu gibt es Gewalt. Das ist in Deutschland anders. Dort haben Randalierer schon deshalb kaum eine Chance, weil es im Gegensatz zu Italien Stadion-Verbote für Krawallmacher gibt."
Darüber hinaus müsse man über das sportliche Niveau "nicht diskutieren. Die Bundesliga gehört neben der Primera Division in Spanien und der Premier League in England zu den drei besten Ligen in Europa. Die Voraussetzungen in Deutschland sind durch die WM 2006 glänzend. Sonst wäre auch ein Pep Guardiola nicht zum FC Bayern gegangen. Sonst wäre Deutschland 2014 nicht Weltmeister geworden, dahinter steckt ein Plan."
Nur knapp am Ballon d'Or vorbei?
Auf seine aktive Karriere blickt er dennoch ohne Reue zurück - auch wenn er sich 2005 gegen die Bundesliga entschied. "Mein Manager sagte mir, dass er eine Anfrage des 1. FC Kaiserslautern habe. Aber damals wollte ich nicht aus Italien weg", so Materazzi. Weiter erklärte er: "Wenn du als Spieler damals nicht mehr in Italien spieltest, warst du aus dem Blickfeld der italienischen Nationalmannschaft verschwunden."
Darüber hinaus war er glücklich bei Inter: "Nach unserem Triumph in Berlin hatte ich so viele Möglichkeiten, zu anderen Klubs zu gehen, und hätte dort das Doppelte oder Dreifache verdienen können. Aber ich blieb bei Inter. Und wir gewannen dann alles. Der Höhepunkt war unser Champions-League-Sieg gegen Bayern München 2010."
Daher hatte der Italiener auch eine klare Antwort auf die Frage parat, ob er rückblickend stolz auf seine Karriere sei: "Ja. Und wäre ich schneller gewesen, hätte ich sicher den Goldenen Ball als bester Spieler der Welt gewonnen."
Materazzi über Zidane: "So ist das Leben"
Natürlich war außerdem auch Materazzis längst legendäre Szene mit Zinedine Zidane im WM-Finale 2006 ein Thema, als der Italiener, wie er längst offen zugibt, die Schwester seines Gegenspielers beleidigte, woraufhin Zidane ihm einen Kopfstoß verpasste und vom Platz flog. "Es passierte aus der Emotion heraus. So ist das Leben. Das kann auch auf der Straße passieren", betonte der 41-Jährige.
Natürlich sei es ein Fehler gewesen, genau wie auch Zidanes Verhalten falsch war. "Aber", so Materazzi weiter, "es kann passieren. Sie müssen eines wissen: Ich will immer gewinnen. Spaß und Geld treiben mich im Fußball nicht an." Der Vorfall zwischen den beiden Weltmeistern ist aber mittlerweile aus der Welt geschafft - vor vier Jahren trafen sich beide zufällig auf einem Hotelparkplatz in Mailand.
"Wir haben über Dinge gesprochen, die nur er und ich wissen", berichtete Materazzi: "Am Ende streckte er mir die Hand entgegen. Ich hielt sie fest und ließ sie nicht eher los, bis er mir in die Augen schaute. Für mich war es sehr schön. Wie es für ihn war, weiß ich nicht."
Marco Materazzi im Steckbrief