Blatter im Visier des FBI?

SID
Sepp Blatter nimmt seinen Hut
© getty

Blatter tritt ab! Vier Tage nach seiner Wiederwahl und mitten in der tiefsten Krise hat FIFA-Präsident Joseph S. Blatter doch noch persönliche Konsequenzen gezogen und hat sein Amt niedergelegt. Über Zeitpunkt und Hintergründe kann bislang nur spekuliert werden. Laut amerikanischen Medien ist der 79-Jährige ins Visier von FBI und US-Staatsanwaltschaft geraten. Hier gibt es alle Neuigkeiten und Updates rund um den Rücktritt.

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Die Rede, die ihm keiner mehr zugetraut und auf die keiner mehr zu hoffen gewagt hatte, verlas Joseph S. Blatter mit fester, aber mitgenommener Stimme. "Ich will nur das beste für die FIFA und den Fußball", sagte der 79-Jährige gefasst - und kündigte dann seinen Rücktritt an! Vier Tage nach der Wiederwahl des FIFA-Präsidenten hat der unmenschliche Druck des ungeheuerlichen Korruptionsskandals den mächtigsten Mann im Weltfußball in die Knie gezwungen. Für viele war das eine gute Nachricht.

Niersbach: "Hätte Blatter großen Abschied gewünscht"

"Zwar habe ich das Mandat der FIFA-Mitglieder, aber es fühlt sich nicht so an, als hätte ich das Mandat der gesamten Fußball-Welt", sagte Blatter, der 17 Jahre lang an der Spitze der FIFA stand: "Was mir mehr als alles andere bedeutet ist, dass wenn alles vorbei ist, der Fußball der Gewinner ist."

Die Neuwahlen werden voraussichtlich zwischen Dezember 2015 und März 2016 abgehalten, bis dahin bleibt Blatter im Amt. Domenico Scala, Vorsitzender der Audit- und Compliancekommission, wurde vom Schweizer noch mit der Leitung eines "signifikanten" Reformprogramms beauftragt.

"Die Herausforderungen bleiben"

Blatters Ankündigung trifft die FIFA bis ins Mark. Seit dem vergangenen Mittwoch erschüttert ein Skandal mit noch kaum absehbaren Folgen den Weltverband. Die FIFA steht weltweit massiv in der Kritik - allen voran Blatter, der trotz allem am vergangenen Freitag in seine fünfte Amtszeit bestätigt worden war, und das mit der absoluten Mehrheit der 209 FIFA-Mitgliedsverbände.

"Ich habe gedacht, meine Kandidatur wäre das Beste für diese Organisation", sagte Blatter: "Die Wahl ist nun vorbei, aber die Herausforderungen bleiben."

Diashow: Die nationalen Pressestimmen zum Blatter-Rücktritt

Blatters Gegner kommen vor allem aus der Europa. Die Führungsriege der Europäischen Fußball-Union (UEFA), darunter auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (64), hatte den FIFA-Präsidenten in den Tagen vor der Wahl wiederholt zum Rücktritt aufgefordert. "Eine Tragik, warum er es sich selber und uns allen das nicht erspart hat, dass er das früher gemacht hätte", sagte Niersbach.

An Blatter aber war bislang alles abgeperlt. Nach seiner Wiederwahl Freitagnacht rief er voller Freude den Neuanfang aus - mit sich an der Spitze. Die, die den Wandel vehement gefordert hatten, fuhren als Verlierer des Kongresses nach Hause. Bis Dienstagabend, 18.55 Uhr.

"Eine mutige Entscheidung"

"Es war eine schwierige Entscheidung, eine mutige Entscheidung, und die richtige Entscheidung", sagte Michel Platini, der zwar im März als UEFA-Präsident bestätigt worden war, nun aber wieder in den Kandidatenkreis rücken wird.

"Viele Jahre haben wir daran gearbeitet, die FIFA zu reformieren", sagte Blatter: "Aber es schmerzt mich, während die Reformen weitergehen müssen, dass es nicht genug war." Der Weltverband scheint durchzogen von Korruption und Betrug.

Am Mittwoch waren kurz vor dem FIFA-Kongress sieben hochrangige FIFA-Funktionäre verhaftet worden, darunter zwei Vizepräsidenten des Weltverbands. Die US- sowie die Schweizer Behörden setzten die FIFA mit zwei voneinander unabhängigen Untersuchungen enorm unter Druck. In den USA werden insgesamt 14 Personen in einer 161-seitige Anklageschrift schwer belastet.

Die Stimmen zum Blatter-Rücktritt

"Es ist meine große Sorge um die FIFA und ihre Interessen, die mich sehr bewegen und mich zu diesem Schritt bewegt haben", sagte Blatter.

Der Schweizer Scala führte aus, die FIFA habe sich "diesem Reformprozess zu 100 Prozent verschrieben. Heute hat der Präsident allen Mitgliedsverbänden die Entscheidung mitgeteilt". Er habe dies getan, "um das Vertrauen in die FIFA wiederherzustellen." Gleichzeitig nahm Scala die Verbände und die Konföderationen in die Pflicht "mehr Verantwortung zu übernehmen". Dies führe zu mehr Transparenz.

Blatter im Visier von US-Behörden?

Unterdessen berichtet der amerikanische TV-Sender ABC unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise, dass das FBI und die US-Staatsanwaltschaft im Zuge der Korruptionsaffäre gegen Blatter ermitteln würden.

"Jetzt, wo die Leute sich selbst retten wollen, gibt es möglicherweise ein Rennen, wer zuerst gegen Blatter auspackt", zitiert der Sender eine Quelle. Laut ABC verweigerte das FBI allerdings bisher jegliche Stellungnahme zu Blatter.

Diashow: Die internationalen Pressestimmen zum Blatter-Rücktritt

Die Schweizer Bundesanwaltschaft betonte dagegen erneut, dass Blatter "kein Beschuldigter" in dem Verfahren gegen Unbekannt wegen "Unregelmäßigkeiten" bei den WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar sei. "Das Verfahren der Bundesanwaltschaft wurde wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie des Verdachts der Geldwäscherei eröffnet", teilte die Behörde mit: "Dementsprechend ist Joseph S. Blatter kein Beschuldigter, sein angekündigter Rücktritt hat keinen Einfluss auf das Strafverfahren der Bundesanwaltschaft."

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