Verbände halten weiter zu Platini

SID
Michel Platini hat weiterhin volle Rückendeckung in Europa
© getty

In der tiefsten Krise der Fußball-Geschichte stellt sich Europa blind hinter den gefallenen UEFA-Boss Michel Platini. Die 54 Verbände der UEFA sprachen dem Franzosen am Donnerstag trotz der gravierenden Anschuldigungen und entgegen der Sorgen des DFB das Vertrauen aus.

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Eine Kandidatur des 60-Jährigen bei der Präsidentenwahl des Weltverbands FIFA scheint trotzdem ausgeschlossen.

"Wir unterstützen Michel Platinis Recht auf einen gerechten Prozess, auf ein gerechtes Verfahren und sein Recht, seinen Namen reinzuwaschen", sagte UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino nach einer sechsstündigen Krisensitzung in Nyon/Schweiz.

"Wir appellieren eindringlich an alle beteiligten Instanzen, schnell zu arbeiten und sicherzustellen, dass es bis spätestens Mitte November 2015 eine abschließende Entscheidung gibt", so Infantino.

Wahltermin bleibt bestehen

Am Wahltermin (26. Februar 2016) wollen die sieben europäischen Vertreter im FIFA-Exekutivkomitee, das am 20. Oktober in Zürich tagt, aber nicht rütteln. "Wir werden nicht nur nicht fordern, dass er verschoben werden soll - wir sind dagegen, dass der Kongress verschoben wird", sagte Infantino.

Bis zum Bewerbungsschluss am 26. Oktober müsste Platini deshalb für Aufklärung sorgen, um den nötigen Integritätscheck zu bestehen. Die Zeit wird kaum reichen.

Der Franzose war aufgrund einer bislang unerklärten Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken (1,83 Millionen Euro), die Platini im Jahr 2011 von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter (79)für längst vergangene Beraterdienste erhalten hatte, für 90 Tage gesperrt worden.

Die Entscheidung der Ethikkommission, die im gleichen Atemzug auch Blatter bis einschließlich 5. Januar 2016 aus dem Verkehr gezogen hatte, hatte den Weltfußball ins Chaos gestürzt.

Fakten und Tatsachen

Am Donnerstag informierten Platinis Anwälte über die "Fakten und Tatsachen der Geschäftsbeziehungen" zwischen Platini und Blatter, berichtete Infantino: "Inklusive der Vergütung für die Jahre zwischen 1998 und 2002."

Mehr Informationen drangen nicht nach außen, dem Vernehmen nach gaben sich aber viele Verbandsvertreter damit zufrieden. Infantino bekräftigte zudem: "Wenn er seinen Namen reingewaschen hat, ist Michel Platini natürlich ein Kandidat für die FIFA-Wahl."

Eine (Dringlichkeits-)Entscheidung bis zum 26. Oktober sei aber "unwahrscheinlich", gestand Infantino ein: "Das ist nicht einfach, für niemanden." Dass das Wahlkomitee der FIFA mit der Bekanntgabe der Kandidaten über zwei Wochen auf Platini wartet, ist aber ebenso unwahrscheinlich - und würde von anderen Anwärtern kaum akzeptiert werden.

Wegen der Sperre des Franzosen gibt es derzeit nur einen Kandidaten: Der jordanische Prinz Ali bin al Hussein (39), der im Mai an Blatter gescheitert war, hat seine Papiere eingereicht. Das hatte zwar auch Platini - aber dann kam das Ethikurteil, das eine Zulassung verhindern dürfte. Platinis Einspruch bei der FIFA-Berufungskommission läuft, der nächste Schritt wäre der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) - dafür braucht er Zeit. Und gute Anwälte.

Unschuldsvermutung gilt

Für Platini gelte die Unschuldsvermutung, nichts sei bewiesen, hatte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach vor der offenbar kontrovers geführten Sitzung in Nyon der Wochenzeitung Die Zeit gesagt. Dennoch lasteten die Vorwürfe wie ein Rucksack auf dem UEFA-Präsidenten, "der einen möglicherweise in die Knie zwingen kann".

Nach Ansicht des DFB-Präsidenten darf der europäische Verband nicht unter den Anschuldigungen gegen Platini leiden: Sollte durch den "Fall Platini" auch die UEFA in die FIFA-Skandale mit hineingezogen werden, wäre das "fatal", sagte er.

Das "müssen wir mit allen Kräften verhindern. Wir müssen die UEFA schützen", äußerte der DFB-Boss, der nach der Sitzung keinen Kommentar abgeben wollte. Zu seinen eigenen Ambitionen auf Ämter bei der UEFA oder der FIFA hatte sich Niersbach erneut eher kryptisch geäußert.

"Ich will und werde mich nicht davor drücken, meinen Beitrag zu leisten", sagte der 64-Jährige. Auf die Frage, wie ein solcher Beitrag aussehen könnte, sagte Niersbach: "Diese Geschichte ist sicher nicht über die Medien zu gewinnen. Die gewinnen Sie nur, wenn Sie intern einen klaren Kurs fahren und dafür Mehrheiten gewinnen."

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