Die Glasgow Rangers hatten das Verlieren nach dem verpassten Aufstieg in die erste schottische Liga im Sommer schon fast wieder verlernt. Unbeeindruckt von den zwei bitteren Pleiten in den Playoffs gegen den FC Motherwell starteten die "Gers" in ihre zweite Saison im Unterhaus.
Von Anfang August bis Ende Oktober gab das Team von Trainer Mark Warburton nicht einen einzigen Punkt ab, siegte elf Mal in Folge und schoss dabei 33 Tore.
Doch dann kam der verflixte November. Gleich am ersten Tag dieses ungemütlichen Monats mussten die Spieler der Rangers die Heimreise aus Edinburgh mit hängenden Schultern antreten, während die Freude beim Gegner überschwänglich ausfiel. Hibernian entschied das Spitzenspiel gegen den Tabellenführer mit 2:1 für sich.
Paul Hanlon traf eine Viertelstunde vor Schluss für die Gastgeber und schickte damit eine klare Botschaft an die große Konkurrenz aus Glasgow: Wir sind noch da und der Aufstieg wird kein Selbstläufer!
Ausrutscher gegen Livingston
Und dieser Eindruck hat sich seit dem verfestigt. Völlig überraschend gaben die Rangers wenig später zwei weitere Punkte gegen Außenseiter Livingston ab und plötzlich ist von dem schönen Vorsprung fast nichts mehr über. Mit nur drei Zählern Rückstand lauert Hibernian, das acht Spiele in Folge gewonnen hat, auf Platz zwei auf einen weiteren Ausrutscher.
Das beruhigende Polster ist weg, dabei wünschen sich die Verantwortlichen und vor allem die Fans doch nichts sehnlicher als den Aufstieg. Denn dann gäbe es einen neuen Gegner in den Farben Grün und Weiß, der aber ganz andere Gefühle auslöst, als es bei Hibernian der Fall ist.
Doch bis es in der Liga wieder zum Duell mit Celtic und damit zum "Old Firm" kommt, müssen die Rangers noch einen weiten Weg gehen, der nicht nur aus sportlicher Sicht steinig wird.
"Für jeden Fünfer, geben wir einen Zehner aus"
Nach dem Zwangsabstieg im Jahr 2012, der aufgrund finanzieller Misswirtschaft in den Jahren zuvor unausweichlich wurde, saß der Schock tief. 166 Millionen Euro Schulden hatten sich angehäuft und dann gibt es da ja noch dieses berühmt berüchtigte Zitat, das das größenwahnsinnige Selbstverständnis der Rangers in dieser Zeit deutlich macht.
Ex-Vereinsboss David Murray sagte damals über die Transferpolitik im Vergleich zum Stadtrivalen Celtic: "Für jeden Fünfer, den sie ausgeben, geben wir einen Zehner aus."
Doch die schlechten Zahlen und der sportliche Absturz führten nicht zu Resignation, sondern zu einer "Jetzt-erst-recht"-Haltung die sich zum Beispiel im Zuschauerschnitt widerspiegelt. Selbst in der vierten Liga kamen fast 50.000 Zuschauer zu den Partien ins Ibrox Stadium.
Spieler wie Kapitän Lee McCulloch, Kyle Hutton oder Lee Wallace hielten dem Verein nach dem Abstieg und trotz großer finanzieller Einbußen die Treue und legten so den Grundstein für den doppelten Aufstieg in den folgenden zwei Jahren. Unglaubliche 39 Punkte Vorsprung auf den Zweiten wies die Abschlusstabelle des Jahres 2013/14 auf.
Im vergangenen Sommer bekamen die Rangers dann sogar die Chance, den "Aufstiegs-Hattrick" perfekt zu machen, doch desillusioniert fand sich das Team nach zwei deutlichen Pleiten in den Playoffs weiterhin in Liga zwei wieder.
Der Kampf um Einfluss
Die Niederlage gegen Edinburgh zuletzt hat gezeigt, dass die Rangers auch in dieser Saison nicht unschlagbar sind und neben dem Platz ist die positive Trotzhaltung nach dem Zwangsabstieg längst geschwunden. Zu laut sind die Nebengeräusche, die bei den Anhängern für großes Unbehagen sorgen.
Da wäre zum einen die finanzielle Lage, die nach wie vor angespannt ist. 2014 schrieb der Verein rote Zahlen. Acht Millionen fehlten am Ende in den Kassen. Darüber hinaus fürchten die Fans um eine Einflussnahme durch Investoren. Besonders Mike Ashley, Besitzer von Newcastle United, ist den Anhängern ein Dorn im Auge.
Der spielt seit einiger Zeit mit dem Gedanken, seine Anteile am Verein zu erhöhen. Mittlerweile haben die Fans selbst die Initiative ergriffen. Sie gründeten den Fond "Rangers First" der inzwischen einen Anteil von 2,46 Prozent am Verein hält. Ziel ist es, die Geschicke des Vereins nicht mehr gesichtslosen Investoren zu überlassen, sondern selbst aktiv an der Vereinspolitik mitzuwirken.
Zuletzt versuchten die Anteilseigner sogar, Ashley das Stimmrecht aberkennen zu lassen. Doch der Geschäftsmann (Gründer von SportsDirect) konnte dies vorerst verhindern. Dabei sind die Regeln der Scotish Football Association eigentlich klar: Ein Eigner, der Einfluss bei einem zweiten Verein besitzt, hat kein Wahlrecht.
Verlieren die Rangers elf Titel?
Neben dem Kampf um Einfluss überlagert seit einigen Wochen eine neue Schreckensmeldung den sportlichen Erfolg. Die Rangers könnten alle Titel, die in den Jahren 2001 bis 2011 gesammelt wurden, nachträglich aberkannt bekommen. Das wären sechs Meisterschaften, vier Titel im FA Cup und sechs im League Cup.
Der Grund dafür ist die undurchsichtige Nutzung eines Fonds. Ein Gerichtsurteil im Steuerprozess rund um die finanziellen Kapriolen der Rangers identifizierte die Nutzung eines Arbeitnehmer-Fonds (Employee Benefit Trust) als versteckte Gehaltszahlungen an die Spieler. Diese Tatsache könnte als Wettbewerbsverzerrung gewertet werden.
Der Fall durchlief zuletzt verschiedene Instanzen, ein abschließendes Urteil wird erst der oberste Gerichtshof fällen. Eine Aberkennung der Titel erscheint mittlerweile allerdings sehr unwahrscheinlich.
Dennoch wird bereits jetzt eines aber ganz deutlich: Die Rangers sind weiterhin untrennbar mit ihrer negativen Vergangenheit verbunden und kommen einfach nicht zur Ruhe.
Hoffen darf man für den Fußball, dass sich die Nebengeräusche diesmal nicht auf die sportliche Leistung auswirken und die "Gers" den Aufstieg in die erste Liga im kommenden Sommer perfekt machen können.
Denn zum einen würde es dem schottischen Fußball gut tun, den zweiten Verein aus Glasgow wieder in der obersten Spielklasse zu sehen und zum anderen hat der Weltfußball einfach ein Derby wie das "Old Firm" verdient.
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