"Schnauze, Scheiß-Zigeuner!"

Oliver BirknerBen Barthmann
25. Januar 201620:27
Daniele de Rossi vom AS Rom sollte man besser nicht provozieren...getty
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In Italien wird es ziemlich unflätig - wenigstens sorgt ein Kicker mit grandiosem Namen noch für schöne Schlagzeilen. In England wehte am Wochenende ein Hauch Ronaldinho durch die Stadien. Das einzig wahre Spiel des Friedens fand aber in Spanien statt.

Serie A

von Oliver Birkner

Mittelfinger des Spieltags: Am Wochenende gab es endlich wieder Fußball nachdem die Medien vom Schuhverkäufer bis Politiker tagelang jedem Platz geboten hatten, über den Nutzwert der Worte "Schwuchtel" und "Tunte" während des Spiels zu disputieren. Napolis Maurizio Sarri hatte diese Begriffe Inter-Coach Roberto Mancini an den Kopf geschleudert, der seinerseits urplötzlich zum Anwalt von Moral und allen Homosexuellen weltweit avancierte. Mancini selbst war allerdings nie ein Kind von Traurigkeit und bezeichnete als Fiorentina-Coach einen Journalisten einst als "Schwuchtel, die nur Scheißdreck schreibt". 15 Jahre her und offensichtlich in Vergessenheit geraten. Zum Glück ist die müßige Angelegenheit nun vom Tisch.

Sarri band sich den von Mancini geschenkten schnieken Schal über den Trainingsanzug und wollte der Mailänder Unruhe beim Tabellenführer stiften, war es vergebens: Tormaschine Napoli siegte bei Sampdoria 4:2. Das letzte Wort im Disput besaß natürlich Silvio Berlusconi, der sich in jedem Fach bestens auskennt, und Signora Merkel letztens "einen dicken, unvögelbaren Hintern" unterjubelte: "Schwuchtel, Tunte, solche Worte fliegen eben in der Hitze des Gefechts. Das sollte nicht in den Medien ausgeschlachtet werden. Mir hat letztens jemand aus dem Auto den Mittelfinger gezeigt. Ich erzählte es meiner Mama und hielt ihr zur Illustration besagten Finger vor die Nase. Sie antwortete: Was beschwerst du dich? Er wollte damit sagen, dass du die Nummer eins bist!"

Fensterputzer des Spieltags: Beleidigung auf dem Platz bleibt trotz Onkel Silvios Machtwort ein großes Thema. Am Sonntagabend verfing sich Romas Daniele De Rossi bei Juventus in der Polemik, als er den Ex-Münchner Mario Mandzukic anfauchte: "Schnauze, Scheiß-Zigeuner!" Das dürfte in den kommenden Tagen weitere Spalten füllen. "Mandzukic hat jeden in unserer Abwehr übel beschimpft. Dann kommt natürlich eine Reaktion", befand Roma-Coach Luciano Spalletti. "Das nächste Mal soll sich Daniele die Hand vor den Mund halten." Unerkannt geht eben nichts mehr durch dutzende UHD-Kameras.

Zu Hilfe eilte der Pole Zibì Boniek, Ex-Stürmer beider Klubs: "Rassismus spielt dabei keine Rolle. Wenn du auf 180 bist, suchst du eben den wundesten Punkt des anderen. Das gab es schon immer. Mich nannten sie Fensterputzer, nach Spielschluss war alles wieder vergessen. Sollte jedem Ausbruch eine Sperre folgen, stehen nach 30 Minuten bloß noch beide Keeper auf dem Rasen." Oder man macht's einfach wie einst John Charles. "Eure Queen ist eine Nutte", warf dem Juve-Stürmer ein Verteidiger mehrfach an den Kopf, bis Chales ruhig erwiderte: "Ich bin Waliser." SPOX

Und sonst? Kevin Lasagna ist ein großartiger Name, vor allem, wenn man für Carpi in der Pasta-Region Emilia spielt. Vor vier Jahren kickte der heute 23-Jährige noch in der sechsten Liga und verdiente sich mit Turnieren auf Dorffesten ein paar Taler dazu. Am Sonntag gelang ihm in der 92. Minute sein erstes Serie-A-Tor - zum Ausgleich bei seinem Lieblingsklub Inter in San Siro. "Heute fängt mich niemand mehr ein", ließ Lasagna ausrichten und begoss die Party mit Literweise Lambrusco. Dank seiner Rückennummer schufen die Tifosi bereits das Markenzeichen "KL15". CR7? Das war einmal. Salute!

Premier League

von Ben Barthmann

Spiel des Spieltags: Labern wir gar nicht lange herum. Das Spiel des Spieltags ist ohne Zweifel Norwich City gegen den FC Liverpool. 4:5, dazu eine irre Schlussphase. Wer, wie der Autor, pünktlich um 15.30 Uhr zur Bundesliga-Konferenz umschaltete und dabei auch noch laut aussprach: "Da passiert schon nix mehr", hat aber nicht alles gesehen. Deshalb eine kurze Zusammenfassung.

Firmino yay, Mbokani, Naismith, Hoolahan - Klopp raus! Henderson, neuer Gerrard-Nachfolger! Firmino wieder yay, Chames Milner noch mehr yay. Bassong, jetzt ist aber mal gut langsam hier. Lallana, in your face. Froh sein darf unser deutscher Teammanager Jürgen Klopp, weil er a) zum zweiten Mal in Folge siegte und b) keine Verletzten zu beklagen hatte. Zum Glück - waren doch alle medizinischen Kräfte spätestens mit dem 4:5 durch Lallana auf der Tribüne beim Reanimieren von Patienten mit Bluthochdruck tätig.

Wobei das nicht ganz stimmt. Tatsächlich wurde jemand verletzt. Klopps Brille sah sich im Jubelsturm der Reds einem unangenehmen Gegner gegenüber und wurde direkt von Christian Benteke eliminiert. Klopp war darauf nicht ganz so gut vorbereitet: "Es ist schwierig, die Ersatzbrille ohne Brille zu finden." Ganz ehrlich: Wir waren auch überrascht, dass Benteke überhaupt nochmal irgendetwas trifft.

Spieler des Spieltags: Arsene Wenger und Chelsea, das ist so eine Geschichte für sich. In den letzten 20 Jahren hatte der Gunners-Coach auf der gegnerischen Seite zwar 13 unterschiedliche Trainer stehen, wirklich erfolgreich fällt seine Bilanz gegen die Blues aber immer noch nicht aus. Weil Per Mertesacker sich Per Notbremse früh Richtung Dusche verabschiedete, blieb der CFC-Fluch aufrecht.

Wenger reagierte und nahm Giroud vom Platz, der sich fortan mit Mertesacker als machtlose Zuschauer ein Duell im grimmig schauen lieferte. Man könnte meinen, das läge an Spielstand, Platzverweis oder Auswechslung. Könnte aber auch daran liegen, dass weder Giroud noch Mertesacker eine der Hector-Bellerin-Aufstellfiguren bekamen, die jeder andere Arsenal-Fan erhielt. Letztlich musste Wenger wieder zusehen, wie Chelsea drei Punkte feierte. Dass Diego Costa ohne Karte blieb und sogar ein Tor markierte, dürfte dem Franzosen so gar nicht gefallen, besonders wenn man bedenkt, dass die Tabellenführung möglich gewesen wäre. Wie sich das anfühlt? Siehe rechts!

Anything else? An diesem Wochenende scheint es auf kuriose Art und Weise einen Hauch Ronaldinho in die englischen Stadien geweht zu haben. Völlig egal in welchem Stadion, gezaubert wurde ohne Ende. Wer die Highlights verpasst hat, möge sich hier Stichpunkte für eine Suche auf den Videoseiten seiner Wahl machen.

Da wäre das sensationelle Tor von Delle Alli für Tottenham gegen Crystal Palace. Annahme links, Lupfer über sich selbst und Abschluss aus der Drehung mit rechts. Oder der ähnlich geniale Assist von Leicesters Ryad Mahrez. Während Alli Tore erzielte wie der Brasilianer zu seinen besten Zeiten, nutzte Mahrez den Elastico von Ronaldinho und schickte Philipp Wollscheid mit einem fiesen Tunnel in Frührente.

Wo wir gerade bei Frührente sind. Wer seine Fußballschuhe aus diversen Gründen an den Nagel gehängt und eventuell etwas zugelegt hat, dem sei ein Programm aus England zu empfehlen. In Zusammenarbeit mit Metro und The Sun startet ein Fitness-Unternehmen dort das Projekt "Man V Fat Football", bei dem lediglich Spieler mit einem BMI über 30 zugelassen sind. Die Registrierungsphase läuft, Gerüchten zufolge ist die komplette brasilianische Nationalmannschaft von 2006 am Start.

Primera Division

von Ben Barthmann

Grüner Daumen des Spieltags: Der Spanier an sich hat es bekanntermaßen gerne triefend vor Symbolik. Während normale Mannschaften in LaLiga dennoch vor Spielbeginn beim 08/15-Wimpel bleiben, bevor sie sich 90 Minuten lang auf die Socken treten, wollten es Atletico Madrid und Sevilla an diesem Spieltag aber wissen. Die Rojiblancos stellten kurzerhand einen Olivenbaum auf, den beide Präsidenten vor Spielbeginn zu gießen hatten.

In der Hoffnung, doch jemanden zu finden, der mit Diego Simeone vor, während oder nach einem Spiel die Friedenspfeife rauchen will, sollte der Baum mitsamt gemeinsamer Bewässerung für ein friedvolles Spiel und eine gesunde Beziehung zwischen beiden Klubs stehen. Angesichts der folgenden Minuten wundert es eigentlich, dass beide Kapitäne nicht einfach direkt an den Baum gepinkelt haben.

Augusto Fernandez legte mit offenen Sohlen und gestreckten Beinen schon nach vier Minuten los, Atletico ließ ihn nicht hängen und machte direkt mit. Das Ergebnis im Spiel des Friedens: acht gelbe Karten, dazu ein Platzverweis in der 62. Minute für Vitolo. Wir gehen ganz konform mit Coach Unai Emery, der ebenfalls nach 62 Minuten abwandern musste: "Das ist eine verfickte Schande!"

Spieler des Spieltags: Tony Sanabria, da müssen wir angesichts dreier Tore innerhalb 37 Minuten eigentlich gar nicht diskutieren. Der Mann von Sporting Gijon zeigte sich dermaßen in guter Laune, dass er Real Sociedad gar wunderbar einschenkte. Allerdings gab es da ein paar Probleme. Das Spiel fand am Freitagabend statt und hieß eben Gijon gegen Real Sociedad.

Die logische Folge ist nicht vorhanden, denn Folgen hatte diese Partie medial nicht. Nichts. Da schießt jemand einen Hattrick und davon zu lesen ist auf den einschlägigen spanischen Seiten maximal etwas in der Sonst-so-Rubrik, die meistens selbst dermaßen belanglos auf der Startseite hängt, dass man sich erst durch mindestens sieben CR7-Zitate, drei Barca-Transfer-Gerüchte, vier Zidane-Gerüchte und im Schnitt vier Gewinnspiele kämpfen muss.

Einen Artikel konnten wir dann aber doch auftreiben. Der Grundtenor ist schnell erklärt: Sanabria kickte mal für Barca. Barca sucht derzeit einen Stürmer. Mensch FC Barcelona, habt ihr wieder vorschnell ein Talent verkauft, jetzt könntet ihr den Mann doch super brauchen. Lalalalala.

Algo mas? Siiiiiii! Die Königlichen waren unter Zinedine Zidane erstmals nicht siegreich, die Krise wurde von der AS direkt in vier Kommentaren eingeläutet. Wir wollen dem natürlich nicht nachstehen und rufen einfach mal in die Menge: "Zidane raus!" Florentino Perez soll übernehmen, das erfuhr zumindest die Daily Mail. Gut. Nicht ganz. Aber fast. SPOX

Wie das englische Tagesblatt berichtet, mischte sich der Real-Präsident dermaßen schamlos in die Entscheidungen von Rafa Benitez ein, dass er eigentlich direkt auf der Bank hätte Platz nehmen können. Mit Abstand coolster Satz: "Rafa, weißt du eigentlich, wie viele T-Shirts James verkauft?" Offenbar jede Menge, denn James scheint gar nicht mehr zum Trainieren zu kommen. Anders ist seine Leistung gegen Real Betis eigentlich nicht zu erklären.

Aber vielleicht liegt es auch an der Aufstellung, die Zidane wählte. Denn, wie Obercoach Perez Benitez erklärte, ist das alles easy peasy, wenn man Real trainiert: "De Gea, Danilo, Ramos, Varane, Marcelo, Kroos, Modric, Bale, James, Ronaldo und Benzema. Ganz einfach." Ohne de Gea kann das alles auch gar nichts werden, da haben wir das große Problem doch entdeckt. Noch ein kleiner Witz am Rande für alle, die die Partie gesehen haben: Kennt ihr das, wenn ihr bei FIFA 16 so schnell startet, dass ihr vergesst, die Trikots farblich abzustimmen? Ist Betis und Madrid auch passiert.