Blatter hatte nach seiner Suspendierung Anfang Oktober und auch noch nach seiner Sperre die Berechtigung der FIFA-Ethiker zu Entscheidungen über seine Person und Amtsführung bezweifelt. Der 79-Jährige vertritt allen gemeinhin anerkannten Rechtsgrundsätzen zum Trotz die Ansicht, nur dem FIFA-Kongress gegenüber verantwortlich zu sein.
Gegen seine Sperre aufgrund einer Millionenzahlung an seinen Kollegen Michel Platini vom Europa-Verband UEFA hat Blatter inzwischen bei der Berufungskommission der FIFA Einspruch eingelegt.
Kein Kandidat geeignet?
Nach Pieths Einschätzung allerdings sind die fünf Kandidaten für die Blatter-Nachfolge auch "nicht das Gelbe vom Ei". Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (Bahrain) könne "man nicht abnehmen, dass er Demokratie und Rechtsstaatlichkeit durchsetzt", der Südafrikaner Tokyo Sexwale habe als "jemand, der in kürzester Zeit mit Platin zum Milliardär wird, einiges zu erklären", Prinz Ali bin Al Hussein (Jordanien) "ist schwach und kommt aus einem Herrscherhaus", und UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino (Schweiz) sowie der frühere FIFA-Funktionär Jerome Champagne (Frankreich) seien zwar "wählbar, kommen aber aus dem alten System, wo sie in zweiter Reihe standen".
Pieth fürchtet denn auch aufgrund der jahrelangen Schwäche der UEFA unter ihrem ebenfalls gesperrten Chef Platini einen dominierenden Einfluss arabischer Seilschaften bei der FIFA und damit wenigstens eine Verschleppung dringend benötigter Strukturänderungen: "Araber nutzen die Situation und nehmen mit viel Geld jetzt zentrale Rollen ein. Und die sind nicht berufen, die FIFA zu reformieren. Die FIFA und das Internationale Olympische Komitee haben immer die Nestwärme von Diktatoren gesucht, weil sie selbst ein autokratisches System darstellen."