Als sich Michel Platini nach seiner Marathon-Verhandlung siegessicher ans Steuer seines schwarzen Audis setzte, wäre der gefallene Präsident der UEFA am liebsten sofort zurück in sein altes Büro gefahren.
"Ich konnte ja jetzt schon ein paar Monate nicht arbeiten", sagte der immer noch für acht Jahre gesperrte Franzose am späten Montagabend im Zürcher Graupelschauer - und hoffte auf das schnelle Ende der für ihn grenzenlosen "Ungerechtigkeit".
Über acht Stunden hatte sich Platini (60) vor der Berufungskommission des Weltverbandes FIFA erklärt. Er versuchte, sie von der Rechtmäßigkeit eines angeblichen mündlichen Vertrages mit dem ebenfalls suspendierten FIFA-Boss Joseph S. Blatter (79) zu überzeugen.
Es geht um die dubiosen 1,8 Millionen Euro, die im Jahr 2011 von der FIFA an Platini gezahlt worden waren - eine schriftliche Legitimation dafür existiert nicht. Blatters Anhörung begann am Dienstagmorgen, er kam laut Sicherheitskräften bereits um 7.30 Uhr im FIFA-Hauptquartier an.
"Hoffentlich bald zurück in meinem Büro"
"Es war eine gute Anhörung, geführt von aufrichtigen Menschen", sagte Platini: "Ich bin zufrieden mit der Art und Weise, wie alles abgelaufen ist. Jetzt wird man sehen, was passiert." Begleitet worden war der frühere Weltklasse-Spieler von seinen Zeugen, dem UEFA-Vize Angel Maria Villar Llona und EM-Organisationschef Jacques Lambert.
"Ich kann nicht beurteilen, ob es die beabsichtigte Wirkung hatte, aber die Zeugenaussagen waren sehr wichtig - speziell die von Lambert", sagte der gesperrte UEFA-Präsident: "Ich hoffe, ich kann bald zurück in mein Büro, um die Europameisterschaft vorzubereiten. Es gibt viel zu tun." Sollte die Berufungskommission von Platinis Argumentation überzeugt worden sein, gebe es "keine Korruption, da wäre nichts", sagte Platini.
"Blattini" waren am 21. Dezember 2015 durch die FIFA-Ethikkommission gesperrt worden, es war der vorläufige Tiefpunkt des massiven FIFA-Skandals. Platini hatte im Anschluss vor allem die Art und Weise der FIFA-Ethiker angeprangert.
Urteil noch im Laufe der Woche
Bei der Anhörung vor der ermittelnden Kammer hatte er sich aus Protest von seinen Anwälten vertreten lassen. Ein Urteil der Berufungskommission wird noch im Laufe der Woche erwartet, im Falle eines erneuten negativen Ausgangs bliebe beiden noch der Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS), der als sportrechtlich letzte Instanz ein endgültiges Urteil fällen würde.
Für den UEFA-Chef war die Sanktion im Dezember das Ende seiner Präsidentschaftsambitionen - der neue FIFA-Boss wird am 26. Februar ohne Platini gewählt. Bereits vor Beginn der Anhörung hatte sich Platini selbstbewusst gegeben und die letzten 100 Meter ins Hauptquartier zu Fuß bewältigt.
"Ich kämpfe nicht für meine Zukunft, sondern gegen die Ungerechtigkeit", hatte er den wartenden Journalisten gesagt und betont: "Wenn irgendetwas gegen mich vorliegen würde, wäre ich jetzt in Sibirien und würde mich voller Scham verstecken. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen - hier kann ich den Menschen in die Augen sehen."