In Italien geht's mal wieder vulgär zu. Während Neapel-Coach Sarri seine Spieler mit "echten Pimmelköpfen" vergleicht, geht's bei Milan um das Geschlecht von Mario Balotelli. Die Engländer haben ganz andere Probleme: Ein Fanjubel verursacht ein Erdbeben und Charlton Athletic wird zu Grabe getragen. Ronaldo hat indes - wissenschaftlich belegt - nur vier Freunde im Real-Kader.
Serie A
von Oliver Birkner
Rosenborg des Spieltags: Maurizio Sarri kümmerte sich bei der Bank einst um Wechselkurse, auf der wahren Bank an der Seitenlinie fungiert der Napoli-Coach mittlerweile als Antreiber der Juventus-Meisteraktien. Verglich er die Turiner vergangene Woche noch mit Eddy Merckx, griff Sarri am Wochenende zu einer neuen Kampagne. Er untersagte seinen Spielern das TV-Erlebnis Juve gegen Sassuolo und mahnte: "Wer sich das aus meinem Team ansieht, ist wirklich ein echter Pimmelkopp. Leute in dem Alter sollten an einem Freitagabend Spannenderes vorhaben, denn Juve gewinnt ohnehin immer. Wir sind von Juventus ungefähr so weit entfernt, wie die Turiner von Barcelona." Na ja, drei Punkte scheinen irgendwie noch aufholbar.
Geht es nach dem unumstritten großen Lehrmeister Arrigo Sacchi, trennt Juve von den Granden in Europa in etwa der Grand Canyon. Die Bianconeri seien wie Rosenborg, erzählte der ehemalige Milan-Trainer - in der Heimat in Serie gewinnen, international nichts erreichen. Rosenborg gewann übrigens Ende 1996 mal 2:1 im San Siro und eliminierte den AC aus der Champions League. Auf der Bank saß Sacchi. Wie dem auch sei, wenn tatsächlich Rosenborgs Brüder anreisen, sollten die Bayern am Mittwoch auf geringfügige Probleme stoßen.
Superminchia des Spieltags: Nur noch wenige Monate, dann hat Milan ein Problem weniger und Jürgen Klopp eines mehr. Leiharbeiter Mario Balotelli wird im Sommer sehr wahrscheinlich wieder nach Liverpool ziehen, wo er zum Ärger der Reds noch einen Kontrakt bis 2017 hält. Zwei Ligatore und reichlich Stretching auf der Bank bilanziert Balotelli seit Sommer 2014. Zum Glück, denn das Palaver um "Supermario", oder "Superminchia" wie er in abwertender Anlehnung an das männliche Geschlechtsorgan vielerorts umgetauft wurde, rasselt ja stets lauter, wenn er nicht spielt.
Im Grunde spielte Balotelli zuletzt auch nicht, wenn er ausnahmsweise auf dem Platz stand und deutlich weniger Meter als beim Gang ins Bad abschlenderte. "Wir hatten uns mehr von Mario erwartet", knirschte Manager Adriano Galliani am Sonntag. Tatsächlich? Coach Sinisa Mihajlovic diagnostizierte indes: "Ich vertraue ihm eine Aufgabe an, die er ein Mal befolgt, danach aber sofort wieder vergisst. Mario hat ein Kopfproblem, das nur er abstellen kann. Vielleicht sollte er sich einige Partien von Mandzukic anschauen." Bald ist es überstanden und Liverpool hat endlich seine "Superminchia" wieder.
Und sonst? Nach dem 1:0 über Sassuolo zog Juve-Kapitän Buffon mit 926 Minuten ohne Gegentor an Dino Zoff vorbei auf Rang der zwei der ewigen Rekordliste. Dem 38-Jährigen fehlen lediglich vier Minuten zur absoluten Bestmarke, die Milans Sebastiano Rossi hält (929 Minuten, Saison 1993/94). Das sollte trotz des anstehenden heißen Stadtderbys durchaus zu schaffen sein.
Zoff gratulierte artig, denn ihm bleiben immerhin noch zwei Rekorde, die unschlagbar scheinen: Zwischen 1972 und 1983 setzte er keine Woche aus und absolvierte 332 Ligapartien in Folge. Von September 1972 bis Juni 1974 blieb Dino Nazionale bei den Azzurri 1134 Minuten ohne Gegentreffer - das gelang bis dato keinem anderen Nationalkeeper. Die Serie endete übrigens gegen das Granatenteam aus Haiti.
Premier League
von Frank Oschwald
Richter Skala des Spieltags: Der gemeine Sportjournalist greift ja gerne einmal in die Metaphern-Kiste und beschreibt recht blumig, was sich auf dem Rasen so abspielt. Das wissen wir nicht erst seit Katrin Müller-Hohenstein. Lümmelt ein Spieler, der halbwegs geradeaus laufen kann, einen Ball aus der zweiten Reihe ins Gehäuse, ist das aus Reflex meist direkt eine "unglaubliche Rakete". Ähnliches gilt für die Zuschauer. Da ist man schnell mal dabei, von einem Torjubel zu sprechen, der einem Erdbeben gleicht. Das ist ja aber nun auch völliger Quatsch. Ein Erdbeben nach einem Torjubel? Pff. Wer schafft denn so etwas? Wir heben den Zeigefinger und scheißen klug: Für Leicester-Fans ist selbst das in dieser Saison kein Problem.
Vor einigen Wochen beim Spiel gegen Norwich erzielte Leonardo Ulloa Sekunden vor Schluss den Siegtreffer für die Foxes, das Stadion tobte. Und zwar so stark, dass beim seismographischen Messgerät der naheliegenden Universität ungewöhnliche Ausschläge zu erkennen waren. "Wir fanden heraus, dass unser Messgerät tatsächlich kleine Erdbeben erfasste. Diese wurden durch die plötzliche Abgabe von Energie der Leicester-Fans hervorgerufen", erklärte ein Mitarbeiter der Universität gegenüber der Sun. Ergebnis der ganzen Untersuchung: Der Torjubel der Fans erreichte 0,3 Punkte auf der Richter-Skala. Ach, dieses Leicester hört einfach nicht auf, lustige Geschichten zu liefern.
Marcell Jansen des Spieltags: Obwohl Benoit Assou-Ekotto inzwischen seine Fußballschuhe in Frankreich schnürt, hat der Kameruner immer noch Kultstatus auf der Insel. In alter Marcell-Jansen-Manier gab er einst zu, dass der Fußball eigentlich nur ein Job für ihn sei und postete ein "Freedoooooom"-Bild auf seinem Instagram-Account, als Tottenham ihn vor die Türe setzte. Jetzt meldete sich der 31-Jährige mal wieder zu Wort und die Insel spitzte die Ohren. Natürlich zog Assou-Ekotto mal wieder über die Kommerzialisierung des Fußballs und ihre sämtlichen Geschwüre her. Ein Sponsoren-Deal komme für ihn nicht in die Tüte, sagte er gegenüber Canal+.
Er sagte das aber natürlich nicht einfach so, sondern verpackte das Statement durchaus anschaulich: "Ich bin lieber ein freier Mensch, als mich für einen Sponsor zu prostituieren." Statt deshalb die Treter von den großen Firmen direkt vor die Haustüre geliefert zu bekommen, kaufe er seine Schuhe einfach lieber direkt im Internet. "Ich kaufe Schuhe für 30 Euro. Es ist ein fairer Preis für komfortable Schuhe. Man findet sie auf Ebay und sie sind sehr preiswert", so der Kameruner. Da kann es dann auch schon mal passieren, dass der Gute mit zwei unterschiedlichen Schuhen oder dem Adidas-Modell von 2002 auf den Platz marschiert. Ob er das allerdings mit aller Entschlossenheit durchzieht, wissen wir jetzt auch nicht so genau. Auf seinem Instagram-Account steckt er auf Bildern dann doch hin und wieder in Tretern, die vermutlich nicht zwingend für 30 Euro zu bekommen sind.
Anything else: Bei Charlton Athletic geht's aktuell drunter und drüber. Denn der stolze Zweitligist steht vor dem Abstieg in die dritte Liga. Derzeit liegt man auf dem vorletzten Tabellenplatz, das rettende Ufer ist schon etwas entfernt. Die Fans gehen bereits seit Wochen auf die Barrikaden, trieben es am vergangenen Wochenende allerdings auf die Spitze. Hauptziel der Fans? Der belgische Klub-Inhaber Roland Duchatelet. Vor dem Heimspiel gegen Middlesbrough marschierten deshalb unzählige Fans durch die Straßen der Stadt und inszenierten eine Beerdigung. Gekleidet in schwarz und einem Sarg im Schlepptau trugen die Supporter ihren Klub zu Grabe. Doch! Noch ist nicht alle Tage Abend. Im anschließenden Spiel gab's einen Dreier und somit sieben Punkte aus den letzten drei Spielen. Wir spannen den Bogen zu den Metaphern am Anfang und sagen: Charlton Athletic lebt!!
Primera Division
von Frank Oschwald
Echte Fründe des Spieltags: Angesichts der Statistik-Noten zu Uni-Zeiten hätten wir nie gedacht, dass wir irgendwann mal mit dem Finger auf einen anderen zeigen, um uns über statistische Kenntnisse lustig zu machen. Jede noch so wilde Zahlenkombination hätten wir da auch mit zwei zugedrückten Augen durchgehen lassen. Die Unterfütterung der These der spanischen Zeitung Sport ist dann doch...hm...gewagt. Wichtig vorab: Die Zeitung ist generell eher dem FC Barcelona zugeneigt. Wobei, nein, von Zuneigung kann in diesem Fall nicht die Rede sein. Das Blatt IST Barca und ist himmelweit von den Königlichen aus Madrid entfernt. Das ist von den Lesern, der Chefredaktion und allen so gewollt und akzeptiert. Deshalb ist es Usus, täglich eine böse und fiese Meldung über Real zu publizieren. Da kann es dann halt auch mal passieren, dass nicht ganz so stichfeste Geschichten dabei entstehen.
Unter der Woche erklärte die Sport beispielsweise auf ihrer Homepage, dass Real-Superstar Cristiano Ronaldo im Team der Königlichen komplett isoliert sei. Nur vier Freunde habe er in der Mannschaft. Aha, müssen die aus Insider-Kreisen erfahren haben, mag man denken. Fast. Vielmehr schauten sich die gewieften spanischen Journalisten das Twitter-Profil des Portugiesen an und stellten fest: Nur vier seiner Teamkollegen folgen dem Account von CR7. Das macht natürlich Sinn. Und wir dachten, unsere einstigen Statistik-Herleitungen seien völliger Käse...
Ramsch des Spieltags: Wir müssen nicht um den heißen Brei reden: Der FC Valencia hatte schon mal geilere Tage. In der Tabelle eiert man im Mittelfeld herum, zuletzt gab's drei Pleiten aus den letzten vier Pflichtspielen. Zu allem Übel, meint der ein oder andere Fan, ist Gary Neville auch noch Trainer des Klubs. In der Europa League setzte es unter der Woche ausgerechnet gegen den spanischen Konkurrenten Bilbao eine 0:1-Pleite. Einem Fan platzte daraufhin der Kragen. Er ließ in lustiger Manier seiner Wut freien Lauf.
Auf der spanischen Second-Hand-Plattform "Wallapop" erstellte der Scherzkeks ein offizielles Valencia-Profil und stellte kurzerhand die beiden Spieler Dani Parejo und Aymen Abdennour unter "unwanted goods" zum Verkauf frei. Die Beschreibung dazu: "Mittelfeldspieler. Verkaufe ihn, weil er nicht läuft oder irgendwas Sinnvolles macht. Abwehrspieler. Wie neu, jedoch nicht mehr gebraucht." Bislang sind noch keine Angebote eingegangen. Falls jemand also noch einen Mittelfeldspieler braucht, schlagt zu. Für 30 bzw. 23 Millionen Euro sind die beiden Schnäppchen zu haben.
Algo mas? Sergio Ramos wurde nach dem Spiel am Wochenende gegen Las Palmas auch mal wieder zum kleinen Fußball-Fan. Weit nach der Partie tauschte er in den Katakomben des Stadions das Trikot mit Juan Carlos Valeron und ließ es sich wie ein schüchterner Teenie vom alten Haudegen signieren. Wie der Real-Abwehrrecke via Twitter verkündete, war das der erste Trikottausch überhaupt in der ersten Liga. Die Statistiken der Beiden könnten allerdings kaum unterschiedlicher sein. Ramos, der alte Holzer, kassierte zuvor seinen 15. Platzverweis in La Liga und ist damit nur drei Platzverweise vom Rekord entfernt. Der 40-jährige Jungbrunnen Valeron ist der Spieler mit den meisten Einsatzminuten (10 Spiele, 265 Minuten), ohne dabei ein Foul zu begehen.