Erleichtert lagen sich Familien und Freunde in den Armen. Viele vergossen Tränen der Freude, ein paar jubelten, andere ließen ihren Gefühlen freien Lauf. Die Anspannung bei den Angehörigen der Opfer wich und die Gewissheit wuchs, endlich Gerechtigkeit erfahren zu haben.
27 Jahre nach der Katastrophe im Hillsborough-Stadion, die 96 Todesopfer gefordert hat, hat das zuständige Gericht im britischen Warrington entschieden, dass die Fußball-Fans ohne eigenes Verschulden getötet worden sind. Es erscheint ein schwacher Trost zu sein, doch für die Familien und Freunde ist der am Dienstag veröffentlichte Entscheid des Gerichts so etwas wie eine späte Genugtuung.
"Längst überfallige Gerechtigkeit"
Großbritanniens Premierminister David Cameron begrüßte die Entscheidung. Bei Twitter schrieb er von einem "Meilenstein" und der "längst überfälligen Gerechtigkeit für die 96 Liverpool-Fans, die bei diesem Desaster gestorben sind". Er wollte allen Beteiligten für den "außergewöhnlichen Mut und die Courage bei der langwierigen Suche nach der Wahrheit danken", fügte Cameron an.
Vor dem Gericht spielten sich Szenen wie beim Gewinn eines wichtigen Spiels statt. Fans lagen sich in den Armen, sangen Liverpools Vereinshymne "You'll never walk alone", lachten und weinten zugleich. Der FC Liverpool übertrug die Urteilsverkündung live im Internet.
Kein Fehlverhalten der Fans
27 Jahre und 11 Tage nach der Tragödie von Hillsborough, als am 15. April 1989 96 Fans zu Tode gequetscht worden waren, sprach das Gericht die Fußball-Fans von jeglichem Fehlverhalten frei. Vielmehr habe die Polizei auf allen nur erdenklichen Ebenen versagt, das düsterste Kapitel in der Geschichte des britischen Sports scheint geschlossen. Das Halbfinale im FA Cup zwischen Liverpool und Nottingham Forest sei desaströs organisiert gewesen. Die Einsatzleiter habe die Tragödie "verursacht" oder zumindest "dazu beigetragen", hieß es im Urteilsspruch.
David Crompton, Chef der zuständigen Polizei in South Yorkshire, sagte, man erkenne die Entscheidung eindeutig an. "Ich möchte mich uneingeschränkt bei allen Familien und Betroffenen entschuldigen", sagte er.
"Stück Vergangenheit umgeschrieben"
"Diese Entscheidung ist nur für die 96 Todesopfer, sondern für alle. Für uns Familien, Freunde, Fans. Für die gesamte Stadt, für die Gerechtigkeit", sagte Margaret Aspinall, die Vorsitzende der Hillsborough Family Support Group, die bei der Katastrophe ihren damals 18 Jahre alten Sohn James verloren hatte: "Wir haben ein Stück Vergangenheit umgeschrieben."
Seit 2014 hatte das Gericht das Drama offiziell neu untersucht. Die Wahrheit, für viele das 97. Opfer, sollte endlich ans Licht kommen, das Versagen der Polizei, das Vertuschen der Behörden. "Alkoholisierte Fans" seien Schuld gewesen, behauptete die Polizei am 15. April 1989. Dass es für das Stadion kein gültiges Sicherheitszertifikat gab, dass Beamte Flüchtende in den überfüllten Block zurückdrängten, dass sie den Einsatz von Sanitätern verhinderte - all das wurde totgeschwiegen. 41 der 96 Toten hätten gerettet werden können, stellten Experten im September 2012 fest, Premierminister Cameron entschuldigte sich einst "im Namen des ganzen Landes" bei den Hinterbliebenen.