Gonazlo Higuain wird eine große Ehre zuteil. Der Argentinier hat sich endgültig passende Schuhe für die Fußstapfen seines Landsmanns besorgt. In England kann sich Moses auf sein Volk verlassen. Der FC Arsenal feiert sein eigenes Fest. Die Primera Division geht in Hass und Chaos unter. Sogar Diebe machen die Runde.
Serie A TIM
von Oliver Birkner
Film des Spieltags: Natürlich waren das andere Zeiten 1950. Einmal traf Gunnar Nordahl einen Gegenspieler unbeabsichtigt mit dem Ellbogen, stoppte den Weg aufs Tor und lief zurück, um sich zu entschuldigen. Die Karte kostete rund 100 Lire und dieser Brecher im Milan-Trikot pflasterte die Strafräume mit 1,80 Meter und 90 Kilo. "Pompiere" nannten sie Nordahl, weil er in der schwedischen Heimat zum Umgehen des Profidaseins eigentlich Feuerwehrmann war. Zwischen Januar 1949 und 1956 traf er für den AC 210 Mal in 257 Ligaspielen - 35 Tore in 37 Einsätzen der Saison 1949/50. Ein Rekord für die Ewigkeit, dachten die Chronisten bis zum 14. Mai 2016. Im neapolitanischen Dauerregen nahm Gonzalo Higuain den Ball an der Strafraumgrenze mit der Brust an und versenkte ihn per Scherenschlag - der dritte Treffer des Argentiniers binnen 19 Minuten zum 4:0 über Frosinone.
Entzückend waren die Schreie der Sky-Reporter: "Das kann nicht wahr sein, das kann nicht wahr sein. Das ist nicht wahr. Das ist doch nicht möglich! Nummer 36 und dann so ein Tor. Sagt mir, dass das ein Film ist!" 35 Serie-A-Partien und 36 Treffer werden womöglich erneut einige Jahrzehnte für den neuen Eintrag im Almanach ausreichen. "O mamma, mamma, mamma, weißt du, warum mein Herz schlägt? Ich habe Higuain gesehen", stimmte das Stadio San Paolo an. Das Lied erfand Neapel einst zur Heiligsprechung Maradonas und dessen Landsmann genießt mittlerweile einen ähnlichen Heldenstatus unterm Vesuv. "Gonzalo ist mein legitimer Erbe", kommentierte Gott Diego höchstpersönlich - mehr geht in Argentinien und Napoli nicht.
Scheißglück des Spieltags: Beim letzten Ligaspiel verabschiedete das Mailänder Publikum seinen AC gebührend. "Wir werden Meister", sangen die Tifosi, begleiteten die Ballstafetten der Roma mit "Ole"-Rufen und bejubelten sarkastisch alle drei Gästetreffer. Durch das 1:3 belegte Milan nur Platz sieben und bliebe im dritten Jahr hintereinander ohne Europapokal, sollte das Pokalfinale am kommenden Samstag gegen Juventus verloren gehen. Der Trainerwechsel von Sinisa Mihajlovic zu Cristian Brocchi nach Spieltag 32 hatte sich wahrlich gelohnt.
Aus sechs Partien (darunter gegen die drei Absteiger) holte der Klub acht Zähler und verlor im Europapokalplatz-Duell fünf Punkte auf Sassuolo. Respekt. "Ihr seid alle unwürdig, dieses Trikot zu tragen" tobte Brocchi in der Kabine und erhielt später im TV warme Worte vom Ex-Milanista Billy Costacurta: "Cristian, ich wünsche dir gegen Juve am Samstag ein Scheißglück, denn das kannst du brauchen." In der Tat dürfte die Partie ohne Signor Schweineglück auf Milans Seite der Gunst ziemlich böse enden.
Und sonst? Bisweilen müssen TV-Experten einfach auch mal andere dringende Problematiken als Systemfragen, Schiedsrichterentscheidungen oder taktische Fauxpas anpacken. Das bewies Ciro Ferrara während der Live-Schalte mit Neapels Sportchef. "Scusa, aber stimmt es, dass ihr Tonelli aus Empoli holt und dafür Raul Albiol abgebt?", bohrte Ferrara also nach. Eine skeptische Frage der Qualität? Mitnichten, denn: "Es geht darum. Albiol lebt in einer meiner Wohnungen in Neapel und ich würde auch in der nächsten Saison gerne die Miete sehen." Dieser Krimi könnte uns noch einige Wochen unter Hochspannung halten.
Premier League
von Stefan Zieglmayer
Der Fan des Monats: "Der Klub nimmt die Sicherheit sehr ernst." Das spricht für Manchester United. "Wir haben herausgefunden, dass das Objekt eine Übungsattrappe war." Das spricht gegen Manchester United. Am Ende bleibt eine Menge Erleichterung ... und Spott.
Weil die Red Devils aber herzensgut sind (und ihre Regenerationsbäder im Geldspeicher nehmen) bekommen die Fans die Kohle für die Tickets zurück. Obendrein gibt's das Wiederholungsspiel für lau. Drei Millionen Pfund kostet der Bomben-Fauxpas letzten Endes. Jetzt gibt es nur noch zwei Haken.
Der Schlagabtausch gegen Bournemouth findet vier Tage vor dem FA-Cup-Finale am 21. Mai gegen Crystal Palace statt. Das spricht gegen Manchester United. Zweiter Haken: Was passiert mit Moses? Und wieso macht der sich überhaupt die Mühe, 5000 Kilometer von Sierra Leone nach Manchester zu reisen, um sich einen United-typischen Grottenkick zu geben? Sein Bier.
Anders als die british natives hat Moses durch die Spielverschiebung ein nicht unerhebliches Problem - Stichwort "Katzensprung". Lösung: only crew love is true love. Kurzerhand packte einige Fans die Karma-Muse. Die Anhänger der Red Devils schenkten Moses den späteren Rückflug und Tickets für das FA-Cup-Finale! Das wird ein großartiger Hollywoodschinken.
Der Gezähmte des Spieltags: Schon lange bereit für die große Kino-Leinwand ist John Terry. Er bringt alles mit: Action, Helden-Attitüde, drei Paar Schuhe pro Spiel und ganz viel Liebe. Zugegeben, dem Engländer möchte man nicht unbedingt in einer dunklen Gasse begegnen. Aber die Blues-Legende kann auch sentimental.
Nach seinem vermeintlich letzten Spiel für Chelsea drückte der personifizierte Fels in der Brandung plötzlich auf die Tränen-Drüse. "Ich habe schon immer gesagt, dass ich meine Karriere hier beenden will. Ich will bleiben. Ich will!" Ein Sympathieträger vor dem Herrn. "Ich habe die besten Momente meines Lebens in diesem Stadion erlebt", sagte Terry ironischerweise im Dasein seiner Frau und seiner zwei Kinder.
Anything else? Seit wann geht es auf der Insel derart harmonisch zu? Kein bisschen Beef oder Schadenfreude? Doch, natürlich! Keine Sorge. Diesmal springen die Gunners in die Bresche. Auch wenn es egal ist, ob man Zweiter oder Zwölfter wird (Wenger-Voice), hatte Arsenal Grund zu feiern. Der St. Totteringham's Day stand mal wieder an.
So bezeichnen die Londoner den Tag in der Saison, ab dem Tottenham Hotspur nicht mehr an Arsenal vorbeiziehen kann - ein wahres Spektakel. Twitter explodierte. So spät feierte man den Tag schon lange nicht mehr. Auf die Spurs ist aber doch Verlass. Der Feiertag wurde 2002 ins Leben gerufen und seitdem jedes Jahr zelebriert.
Primera Division
von Stefan Zieglmayer
Hass durch Rotation: Weitaus mehr Hass gibt es zu unserem Vergnügen in Spanien. Das bekam auch Marcelino zu spüren. Der Trainer von Villarreal wurde - durch die Blume gesagt - kritisiert. Warum? Die 0:2-Niederlage des gelben U-Boots gegen Sporting Gijon besiegelte letzten Endes den Abstieg von Rayo Vallecano. Marcelino wird grobe Wettbewerbsverzerrung vorgeworfen.
"Er soll froh sein", äußerte sich Getafe-Trainer Juan Esnaider sarkastisch über den Submarines-Coach. Gegen den B-Elf-Gedanken wehrte sich Marcelino vehement, auch wenn Soldado, Bakambu oder Adrian nicht in der Startelf standen. Mit seiner Rechtfertigung spülte sich der 50-Jährige allerdings nicht gerade in die Herzen der Gijon-externen iberischen Bevölkerung: "Der Wettbewerb hat 38 Spieltage. Am Ende steht jeder da, wo er es verdient."
Das ist doch Schweinskram: Zwar nahm Luis Suarez dem Herzschlagfinale im Titelrennen eigenhändig den Wind aus den Segeln, doch umso mehr Zeit hatten die Barca-Anhänger für Sticheleien gegen den Erzfeind. Der Vater der Real-Häme bleibt allerdings der ehemalige Barca-Stürmer Hristo Stoichkov.
Bei Instagram postete der Bulgare eine Fotomontage, auf der Schweine mit königlichem Emblem Fußball "spielen". Mit dem Kommentar "Haha, wie die zweitplatzierten Loser trainieren" grunzte sich Stoichkov auf sämtliche schwarze Listen hasserfüllter Madrilenen.
Algo mas? In Spanien ist tatsächlich Land unter. Hass regiert die Primera Division. Und die Situation eskalierte. Eine Räuberbande machte die Halbinsel übers Wochenende unsicher. Gleich vier Kapitänsbinden wurden gestohlen.
Der Skandal hat ein Stühlerücken zur Folge. Juan Carlos Valeron hängt mit 40 Jahren die Schuhe an den Nagel des Estadio de Gran Canaria in Las Palmas. Das gleiche Schicksal ereilte auch Carlos Gurpegi. Das Erkennungsmerkmal des Athletic-Kapitäns ist unauffindbar. Nach 381 LaLiga-Spielen für die Basken ist Schluss.
Levante-Käpt'n Juanfran hatte bis zuletzt Hoffnung, seine Binde nur verlegt zu haben, doch auch für den 39-Jährigen war's das mit Fußball. Manuel Pablo von Deportivo La Coruna lehnt sich noch gegen sein Schicksal auf. Es ist noch unsicher, ob der 40-jährige Rechtsverteidiger seine Schuhe nochmal schnüren wird, doch auch zu seiner Binde führt keine Spur.