Fußball ist nicht die klassischste aller Sportarten bei einer Olympiade. Und entsprechend auch nicht unbedingt die begeisterndste. Normalerweise.
In Rio ist das in diesem Jahr etwas anders. Der ganz große Hype liegt eben bei der verjüngten Selecao. Rund um Neymar. Er soll sein Land zum Titel führen. Das erreichen, was die Mannschaft bei der WM 2014 verpasste.
Im Eröffnungsspiel gegen Südafrika hatte aber ein anderer den ganz großen Auftritt: Gabriel Jesus. Oder, besser gesagt, er hätte ihn haben können. Denn als der 19-Jährige in der 69. Minute aus zwei Metern zum 1:0 nur noch einschieben musste, hatte das ganze Stadion den Torschrei schon auf den Lippen.
Der Brasilianer scheiterte am Pfosten. Das Spiel endete 0:0.
Parallelen zu Neymar
Natürlich war Gabriel Jesus mit seiner Frank-Mill-Gedächtnisaktion am Freitag in aller Munde. Doch das war er in den vergangenen Wochen ohnehin schon. Der Höhepunkt war vorerst sein Wechsel zu Manchester City am 3. August.
Es hätte auch der FC Barcelona werden können. Insbesondere Neymar machte sich für einen Transfer seines Landsmanns stark. "Gabriel Jesus würde in Barcelona sehr glücklich sein", wurde der Kapitän der brasilianischen Olympia-Auswahl zitiert - und der 24-Jährige weiß, wovon er spricht. Schließlich wagte er selbst den Schritt aus der Heimat nach Katalonien.
Doch auch ohne die Aussage des Superstars sind Parallelen nicht von der Hand zu weisen. Bei all dem Transfergebaren um Gabriel Fernando de Jesus, wie er mit vollem Namen heißt, fühlt man sich unweigerlich an das Jahr 2013 und den Neymar-Wechsel erinnert. Vor drei Jahren beherrschte der Brasilianer die internationalen Schlagzeilen, bevor er sich für eine Mega-Summe Barca anschloss.
Der Neymar-Transfer: Ein Deal, sie alle zu knechten
Petition für Palmeiras-Debüt
Bis dato war Neymar der Heilsbringer beim FC Santos und ist es eigentlich seit jeher für die Nationalmannschaft. Diese Rolle hat auch Gabriel Jesus bei Palmeiras inne, ebenso wie die des Publikumslieblings. Daran wird sich wohl auch bis Januar 2017 nichts ändern, wenn er endlich nach Manchester darf.
Das beste Beispiel für die Begeisterung, die bisher bereits um ihn entstand, lieferte das Jahr 2014, als Palmeiras kurz vor dem Absturz in die zweite Liga stand. Mit gerade einmal 17 Jahren stand Gabriel Jesus bereits im Kader, wurde aber wegen der sportlichen Situation nicht eingesetzt.
Zu viel für die Anhänger. Per Petition wollten sie sein Debüt erzwingen. Geklappt hat es nicht.
Rückblickend hat das keinem geschadet. Palmeiras blieb in der brasilianischen Serie A und Gabriel Jesus wurde trotzdem von den Top-Klubs gejagt. Bei 40 Millionen Euro lag angeblich die Ausstiegsklausel des Ende 2014 verlängerten Vertrages. Zumindest für die meisten.
Denn der FC Bayern München, Manchester United, Paris St-Germain, Real Madrid und Barcelona hätten angeblich für schlanke 24 Millionen zuschlagen dürfen. Ein Schnäppchen bei den aktuell aufgerufenen Preisen. Und doch bekam City den Zuschlag, Pep Guardiola sei Dank.
Ein Anruf entscheidet
Wie schon bei Neymar ist der neue Trainer der Skyblues fest vom Potenzial des Brasilianers überzeugt. "Gabriel Jesus wird zu mir zu Manchester City kommen", war er sich schon vor Wochen sicher. Guardiola sollte recht behalten.
Dabei schien gerade dieser Wechsel ein Beleg dafür, wie einfach ein Transfer auch heute noch sein kann. Von einem Anruf Guardiolas soll Gabriel Jesus derart beeindruckt gewesen sein, dass er seinen früheren Präferenzen entsagte und stattdessen zu einem Verein ging, der vorher nicht auf seiner Liste stand. "Wir haben so viele gute Spieler im Verein und mit Pep Guardiola einen Trainer, von dem ich noch sehr viel lernen kann", wird der Neuzugang auf der City-Webseite zitiert.
Kolportierte 34 Millionen Euro kostet die Verpflichtung für die kommende Winterperiode. Entgegen vorheriger Verhandlungen beharren die Palmeiras-Funktionäre nicht mehr auf der Ausstiegsklausel. Bei Neymar wäre das undenkbar gewesen. Welche Folgen seine Verpflichtung hatte, ist weithin bekannt.
Zwar sind genaue Details zum Transfer von Gabriel Jesus nicht bekannt, doch auch hier könnten sich Probleme auftun: Palmeiras stehen nur 30 Prozent der Transferrechte zu. 47,5 Prozent gehören Gabriel Jesus selbst, seiner Familie und dem Berater, 22,5 Prozent hält zudem sein ehemaliger Berater Fabio Caran. Diese Aufteilung entstand, um einen Wechsel zum FC Santos anno 2015 zu verhindern. Ähnliche Abwicklungs-Fehler, wie Barca sie bei der Versteuerung des Neymar-Transfers machte, werden City aber sicher nicht unterlaufen.
Seite an Seite mit Neymar
Doch auch rein sportlich weisen Gabriel Jesus und Neymar Parallelen auf: Offensive Variabilität, höchste Geschwindigkeit im Dribbling und eine herausragende Technik. Gabriel Jesus wirkt ein bisschen wie der 19-jährige Neymar. Das passend zu Olympia gestochene Partnertattoo tut sein Übriges.
Diese gute Beziehung erklärt zumindest den Wunsch des Superstars, seinen Kumpel ins Camp Nou zu holen. In der Nationalmannschaft ergänzen sie sich jedenfalls gut: Kommt Neymar über Außen, findet man Gabriel Jesus in der Zentrale. Gibt Neymar den Spielmacher, spielt sein jüngeres Ich die Konkurrenz auf dem Flügel schwindlig. Der jeweils perfekte Gegenpart eben.
Ziel: Meisterschaft zum Abschied
Doch nicht Barca, sondern die Citizens dürfen sich bald auf eines der größten Talente im Weltfußball freuen. Nicht umsonst wurde Gabriel Jesus 2015 zum besten Nachwuchsspieler Brasiliens gewählt. Wie einst - logisch - Neymar.
Der Youngster wagt den Schritt in eine völlig andere Fußballkultur dabei deutlich früher. "Er muss wissen, wann der richtige Zeitpunkt zum Wechsel da ist", riet ihm Neymar vor wenigen Wochen. Er ließ sich damals zwei Jahre mehr Zeit.
Im nächsten halben Jahr muss Gabriel Jesus aber noch aus der Ferne Werbung für einen Stammplatz machen. Ein früherer Wechsel kam für ihn nicht in Frage. Er hat den Palmeiras-Fans versprochen, den Verein erst nach Saisonende zu verlassen.
Zwei Jahre nach der Last-Minute-Rettung spielt er dort in diesem Jahr um die Meisterschaft. Den ganz großen Titel kann er aber schon in den kommenden beiden Wochen holen. Zusammen mit Neymar. Gabriel Jesus ist die bislang beste Kopie des Superstars.
Gabriel Jesus im Steckbrief