Serie A
Von Oliver Birkner
Scheißkerl des Spieltags: Wenn man schon bei jeder Ballberührung während des Warmmachens ohrenbetäubend ausgepfiffen wird, dann weiß der Profi, dass ungemütliche 90 Minuten anstehen. Das "undankbare Herz" Gonzalo Higuain kehrte nach dem Juventus-Verrat (laut neapolitanischer Sichtweise) erstmals ins Stadio San Paolo zurück und die Tifosi hatten sich zum Gruß Einiges einfallen lassen. Erfahrene Geschäftsleute verkauften Trillerpfeifen zu einem Euro, obschon es die an den Stadioneingängen gratis gab. T-Shirts fanden ebenso reißenden Absatz: Angelehnt an den Kurvenchor "Un giorno all'improvviso" wurde der Stoff mit "Eines Tages, landetest du plötzlich im Klo" und Higuains Konterfei in der Toilettenspülung bedruckt. In der Arena flatterten schließlich zahllose Plakate "Higuain 71" - in Neapels Traumdeutung "Smorfia" korrespondiert die Zahl mit einem der unwillkommensten Traumcrasher, dem "Scheißkerl".
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Das wirbelnde Präludium um Napoli gegen Juventus hatte auch die Politik nicht kalt gelassen, und so ließ sich Parlamentarier Marcello Taglialatela mit einem Schal "Juve merda" samt Stinkefinger ablichten. Damit nicht genug. "Scheiß Juve zu singen, macht ab und an wirklich Freude, und es ist bei der offensichtlichen Schiedsrichterhilfe ja auch verdient. Kein Wunder, da die Referee-Vereinigung einen Sponsor führt, der dem Fiat-Konzern untersteht." Jetzt ist natürlich alles klar, Juventus zahlt also die Schiedsrichter. Taglialatela sitzt übrigens in der Antimafia-Kommission, die aktuell eine mögliche Infiltration der 'Ndrangheta auf dem Ticket-Schwarzmarkt der Juve untersucht. Für diesen Fall freilich der richtige und absolut objektive Mann. Die eigentliche Partie endete letztlich 1:1 und "Scheißkerl" Higuain bilanzierte null Torschüsse. Da hatte Juve diese Woche die Referees wohl etwas zu knauserig bezahlt.
Gans des Spieltags: Topolino heißen in Italien Disney's "Lustige Taschenbücher", in denen auch schon Francesco Totti und Frau Ilary Blasi Hauptrollen spielten. Nicht immer ein gutes Omen für Fußballer. Kommenden Mittwoch erhält diese Ehre Milan-Keeper Gianluigi Donnarumma, und er fühlte sich Sonntag bereits ganz in seinem Disney-Part "Gigio Paperumma", als er eine harmlose Rückgabe von der Seitenlinie über den Fuß zur Pescara-Führung hopsen ließ. "Papera" (Gans) ist schließlich das Pendant zum Torwart-Bock. Coach Vincenzo Montella fand eine plausible Erklärung: "Der Rückpass war auch schlecht gespielt." Einwandfrei, Paperumma hatte bei exakten 35,5 Metern kaum Zeit, sich auf die Kugel einzustellen.
Altro? Dass Palermo nach der Pleite gegen Cagliari weiterhin in Richtung Serie B rast, ist zu verschmerzen. Die Sizilianer besitzen mit dem neuen Besitzer Paul Baccaglini in Zukunft schließlich Entertainment nonstop. "Spektakel ist wichtiger als Ergebnisse, wie zum Beispiel im Yankee Stadium." Ja, der Vergleich hält zweifelsohne stand. Außerdem kündigte Baccaglini an, dass er neben der Palermo-Extravaganz demnächst ins All reisen und vielleicht auch Papst werden möchte. Also bitte. Wen interessieren da wirklich noch Ergebnisse?