Europa-League-Halbfinale, Hinspiel, Ajax Amsterdam gegen Olympique Lyon, 71. Minute: Bertrand Traore drückt eine scharfe Flanke aus kürzester Distanz über die Linie. 4:1 für Ajax. Sein zweites Tor in diesem Spiel. Ein Assist als Zugabe.
Quasi im Alleingang stellte der 21-Jährige die Weichen für die höchstwahrscheinlich erste Teilnahme der Niederländer an einem europäischen Endspiel seit 1996.
Sein Bruder und Berater David Traore war nach dem Spiel begeistert: "Seine Ballkontrolle, seine Geschwindigkeit, seine Technik, seine Effizienz und seine Spielintelligenz zeichnen ihn aus. Eine solche Leistung im Halbfinale der Europa League, gegen einen so starken Gegner wie Lyon, zeigt sein enormes Potenzial".
Rückkehr in die Niederlande
Nachdem der FC Chelsea Traore 2013 als Jugendspieler von AJ Auxerre verpflichtete, wechselte der damals 18-Jährige Anfang 2014 leihweise zu Vitesse Arnheim. Eineinhalb Jahre streifte sich der Offensivspieler dort das Trikot über und war an 27 Treffern direkt beteiligt. Beeindruckt davon holten ihn die Blues zurück an die Stamford Bridge. Nach nur zehn Einsätzen in der Premier League folgte sein zweites Intermezzo in den Niederlanden.
Ausschlaggebend für den abermaligen Wechsel in die Eredivisie war ein Altbekannter: Trainer Peter Bosz. "Seine Anwesenheit war ihm wichtig, sie arbeiteten gut zusammen bei Vitesse", sagte Ajax-Sportdirektor Marc Overmars kurz nach der Verpflichtung des Offensivspielers im Sommer 2016.
Anlaufschwierigkeiten prägten auch dort sein Erscheinungsbild, seinen geringen Einsatzzeiten aus vergangenen Tagen musste er Tribut zollen. Gegenüber der Sun bemängelte Trainer Bosz seine Fitness: "Mit der Einstellung ist alles in Ordnung, aber die körperliche Verfassung stimmt nicht."
Nachfolger von Didier Drogba?
Nun scheint Traore, der bereits als 15-Jähriger in der A-Nationalmannschaft von Burkina Faso debütierte, im zweiten Halbjahr bei Ajax endgültig im Profigeschäft angekommen zu sein. Neben seinen insgesamt vier Toren und vier Vorlagen in der Europa League stehen zudem neun Tore sowie zwei Assists in der höchsten Spielklasse in den Niederlanden zu Buche.
Traore fühlt sich sowohl auf dem Flügel als auch im Sturmzentrum zu Hause, die linke Klebe ist sein Markenzeichen (11 seiner 13 Saisontore schoss er mit links). Nicht selten wird er von seinen Fans aufgrund seines Erscheinungsbildes und seiner Spielweise als der legitime Nachfolger von Didier Drogba gehandelt.
Zum Ivorer und dessen Landsmann Salomon Kalou pflegt Traore aus der gemeinsamen Zeit bei den Blues eine besondere Beziehung: "Sie sehen mich als kleinen Bruder an und geben mir Rat".
"Bertrand braucht Stabilität"
Im Sommer 2017 endet nun abermals sein Leihvertrag. Eine Rückkehr nach London, wo er noch eine Vertragslaufzeit bis Juli 2019 hat, scheint aber laut seinem Berater eher unwahrscheinlich.
Die fehlende Konstanz beim Klub von Coach Antonio Conte sei das Hauptproblem: "Bertrand braucht Stabilität. Wenn er bei Chelsea spielt, wird gesagt, er soll verliehen werden. Ist er verliehen, wird gesagt, er soll für Chelsea spielen." Weiter fügte er an: "Um endgültig den Durchbruch zu schaffen, muss er in einem leistungsstarken Team regelmäßig spielen. Daher braucht Bertrand eine Garantie auf Einsätze."
Fünf Millionen Euro Marktwert
Interessenten gibt es genug. Sein Bruder bestätigte kürzlich gegenüber fußballtransfers.com, dass die Bundesligisten Borussia Dortmund und RB Leipzig um die Dienste des Nationalspielers buhlen. Aber nicht nur die Bundesliga schielt auf das Ajax-Talent. Medienberichten zufolge sind auch zahlreiche internationale Top-Klubs auf ihn aufmerksam geworden, wie beispielsweise der AS Monaco oder der FC Everton.
Traore selbst, dessen Marktwert derzeit auf fünf Millionen Euro geschätzt wird, stellt seine Zukunftsplanung erstmal hinten an: "Im Moment beschäftige ich mich nicht mit Anrufen und Nachrichten von Chelsea-Coach Antonio Conte", so der Youngster gegenüber dem Daily Star: "Wir müssen sehen, was passiert".
Bertrand Traore im Steckbrief