In Italien stolpert eine belgische Wurst durch die Gegend, die kein Scheunentor trifft. So zumindest die Meinung eines Experten. In Spanien küssen sich auf einmal Mitspieler und in England gibt's die kürzeste Pressekonferenz der Welt.
Serie A
Von Oliver Birkner
Belgische Wurst des Spieltags: Ein berauschendes Wochenendfest der Wahrsager liegt hinter uns. "Keine Frage, Crotone gewinnt 2:0 bei Juve!" zwitscherte das Ex-Model und TV-Sternchen Flavia Vento. Sie ist das lebende Exempel, dass eine Liaison zwischen niederländischer Mamma und italienischem Vater nicht unbedingt Fußball-Fachverstand fruchtet. Gut, auch ein rein-italienisches Produkt liegt bisweilen daneben. "Die Roma hat wieder gewonnen und rückt Juve immer näher auf die Pelle. Noch war es nicht die Meisterschaft, aber fast. Nächste Woche wird gefeiert", erklärte uns die Abgeordnete Paola Binetti. Also der Scudetto sicherlich nicht.
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Beide Signore besuchten womöglich die anerkannte Schule des Herrn Ezio Capuano, genannt Eziolino. Der Coach ist nicht nur für Brandreden bekannt. Jose Mourinho stellte er sich einst vor "Ciao, ich bin Mini One" und tituliert seine Jungs zuweilen als "unwürdige Schweinefressen, die alle erdrosselt werden sollten". Leider sei sein Super-Talent vergeudet und er müsse Fisch mit Mineralwasser braten, sagte Eziolino mal. Eine Schande bei dessen Kompetenz und Weitblick. Vor einiger Zeit erzählte Capuano: "Napoli holt sich bloß Würste. Jetzt kommt dieser mittelmäßige Dries Mertens und der Klub denkt, er habe sich verstärkt. Da lache ich mich kaputt. Denkt an meine Worte: 17. Juni 2013, dieser Belgier macht höchstens acht Partien in der Startelf und ist schnell wieder verschwunden." Am 20. Mai 2017 machte Mertens sein 33. Saisontor, Bilanz insgesamt: 183 Einsätze, 67 Treffer. Ein echter belgischer Nichtsnutz.
Geliebter Feind des Spieltags: Kaum war die Nachricht raus, dass Francesco Totti kommenden Sonntag sein letztes Spiel für die Roma absolviert, da standen die Tifosi an den Kassen Schlange. In Windeseile meldete die Partie gegen Genoa ausverkauft. Derweil zollen die Stadien dem König weiter Respekt. Nach den Ovationen der Interisti und Milanisti huldigten selbst die Lazio-Ultras am Sonntagabend Totti. "Ein Leben lang beste Feinde, wir verabschieden Francesco Totti mit dem allerhöchsten Respekt, den ein großer und loyaler Profi wie er verdient!" ließ die Kurve wissen. Alle Achtung!
Altro? Einen Moment Hochachtung verdient nebenher auch Juventus. Crotone-Coach Davide Nicola kündigte zwar "gesunden Wahnsinn" im Juventus Stadium an und versprach: "Wir werden wie die Cartoon-Figur Rango sein. Mit der Fassade eines Blödmanns vermiesen wir frech die Meisterfeier." Klappte nicht wirklich und Juve startete die sechste Scudetto-Sause in Serie, das gelang noch keinem Klub Italiens. Zuvor hatten die Turiner auch den dritten Pokal hintereinander eingetütet und Gigi Buffon einen Rekord für die Ewigkeit etabliert: Er gewann drei Coppe Italia, ohne eine Sekunde auf dem Platz zu stehen. Davon können selbst Frank Mill, Paul Steiner und Günter Hermann nicht erzählen.
Premier League
Von Dominik Stenzel
Pressekonferenz des Spieltags: Normalerweise ist auf Jose Mourinho nach Abpfiff Verlass. Auf Pressekonferenzen mit dem exzentrischen Portugiesen wird es eigentlich nie langweilig - die ein oder andere nette Schlagzeile ist garantiert. War sein Team siegreich, gibt sich der Trainer der Red Devils meist entspannt und ist zu Scherzen aufgelegt, läuft es mal nicht so, folgen nicht selten wilde Schuldzuweisungen und selbst die anwesenden Journalisten sind vor den Launen des Special One nicht sicher. Am Sonntag sah das jedoch gänzlich anders aus. Schon vor der Partie gegen Crystal Palace stand fest, dass United eine enttäuschende Premier-League-Saison auf dem sechsten Tabellenplatz abschließen wird.
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Daher gab es nach dem ungefährdeten Sieg gegen die Londoner auch nicht viel zu bereden - gerade einmal eine Handvoll Reporter fand sich im Presseraum des Old Trafford ein. Da staunte selbst Mourinho nicht schlecht, als er gemeinsam mit einer Vereinsangestellten im Schlepptau das Zimmer betrat. "Gibt es irgendwelche Fragen? Nein?", erkundigte sich die Dame der Höflichkeit wegen schließlich. Als dem nicht so war, verabschiedete sich Mourinho auch schon wieder und beendete die wohl kürzeste PK seiner Trainerkarriere. Handgestoppte 23 Sekunden dauerte der bizarre Auftritt. Es war der ultimative Beweis, dass für die Red Devils nur noch das Europa-League-Finale zählt. Ein Sieg gegen Ajax Amsterdam am Mittwoch wäre immerhin ein versöhnlicher Abschluss einer holprigen Saison. Und mit dem Einzug in die Champions League würde es dann ja auch noch klappen.
Abschied des Spieltags: Am Sonntag ging die Karriere der nächsten Chelsea-Legende zu Ende. Nach 22 Jahren, 15 Titeln und über 700 Spielen verabschiedet sich John Terry von der Stamford Bridge. Genau zum richtigen Zeitpunkt, schließlich spielte der Innenverteidiger unter Antonio Conte kaum noch eine Rolle und stand - auch verletzungsbedingt - in gerade einmal neun Ligaspielen auf dem Rasen. Gegen den AFC Sunderland trug der langjährige Kapitän also das letzte Mal das Trikot der Blues. Sein Abgang wurde dabei regelrecht inszeniert. In Minute 26 (letztendlich war es dann doch Minute 28) ließ sich die Nummer 26 für Gary Cahill auswechseln, Black-Cats-Keeper Jordan Pickford drosch zu diesem Zweck extra den Ball auf die Tribüne. Von den Rängen gab es anschließend Standing Ovations, die Teamkollegen herzten ihren Skipper und bildeten sogar ein Spalier. Das Sportliche stand also endgültig im Hintergrund und man konnte es sich leisten: Schließlich war das letzte Saisonspiel des Meisters ein einziges Schaulaufen. Und auch für Sunderland ging es bekanntlich um nichts mehr: Die Black Cats stehen nur dann ganz oben, wenn man die Tabelle auf den Kopf stellt.
Anything Else? Nicht nur in London und Manchester war die Luft am letzten Spieltag raus, sondern nahezu in der kompletten Liga. City und Liverpool lösten ihre Pflichtaufgaben mit Bravour und komplettieren die Top Four. Das heißt: Arsene Wenger und seine Gunners ziehen erstmals seit 20 Jahren nicht in die Champions League ein. Ein Pünktchen trennt die Nordlondoner und den LFC in der Endabrechnung. Dass im Tabellenkeller ebenfalls schon alles entschieden war, lag auch an Swansea City, das sich den Klassenerhalt nach einer turbulenten Saison inklusive zweier Trainerwechseln bereits am vergangenen Wochenende sicherte. Die Spieler der Waliser konnten es daher nicht mehr erwarten, ordentlich auf den Putz zu hauen und flogen schon unter der Woche geschlossen nach Ibiza. Für Heilsbringer Paul Clement kein Problem, seinen Jungs schloss sich der 45-Jährige trotzdem nicht an: "Ich bekam eine Nachricht im Auftrag der Spieler, ob sie wegfliegen dürften. Ich war allerdings nicht in Versuchung, mich ihnen anzuschließen - ich könnte mit den jungen Burschen wohl nicht mehr mithalten." Wie vereinbart traf die Truppe dann am Mittwoch auch schon wieder am Trainingsgelände der Swans ein. Zurückgelassen wurde auf der spanischen Partyinsel keiner - absolut vorbildlich!
Primera Division
Von Frank Oschwald
Arschloch des Spieltags: Ohohoh! Schon am Tag nach der Meisterschaft wurden in den spanischen Medien die großen Campeon-Jubelarien überlagert. Schließlich kam es bei der obligatorischen Orgie um den Cibeles-Brunnen zu einem Skandal (Info: Je nach geografischer Lage der Zeitung schlug das Eklat-Barometer höher oder niedriger aus). Aus der unübersichtlichen Traube an Real-Stars wurden auf einmal die netten Sätze "Pique, du Arschloch, salutiere dem Meister" und "Atletico, wie fühlt sich das an" ins Mikrofon geträllert. Vor allem für die katalanischen Medien war das natürlich ein gefundenes Fressen, um vom zweiten Platz des FC Barcelona abzulenken. Direkt in der Nacht wurden sämtliche handfesten Real-Skandale der letzten Jahre aus dem staubigen Archiv geholt und ausgeschlachtet.
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Jahaaaaa, da war zum Beispiel der böseböse Raul, der in der Saison 1996/97 einmal "Barca, Barca, mieeeeerdaaaa" sang. Und Ramon Mendoza drei Jahre zuvor erst. Huiuiui. Na klar, Eto'o hat zu Barca-Zeiten vielleicht mal "Madrid, Arschloch, salutiere dem Meister" gesungen. Möglich, ja. Aber er hat sich danach auch artig entschuldigt, das dürfe man nicht vergessen.
Dabei wurde doch speziell in Madrid bei der Meisterfeier auch so viel Liiieeeeebe verbreitet. Discoisco zum Beispiel. Er marschierte über die Bühne und sah wie Ramos am anderen Ende einem TV-Sender ein Interview gab. Das übliche Herumgeturne im Hintergrund war dem Spaßvogel allerdings zu wenig. Er lief zu seinem Kapitän hin, zog ihn zu sich und küsste ihn während des Interviews auf den Mund.
Tränen des Spieltags: Jubelszenen schön und gut, doch der letzte Spieltag ist ja auch immer dafür bekannt, dass sich die ein oder andere Träne gen Süden orientiert. Denn nur Unweit der königlichen Feierlichkeiten gab's am späten Nachmittag in Madrid gleich mehrere Verabschiedungen. Da wäre zum einen Vereinslegende Tiago. Er absolvierte das letzte seiner weit über 200 Pflichtspiele für den Klub und heulte bei der Auswechslung wie ein Schlosshund. Doch damit längst nicht genug. Die Colcheneros liefen am vergangenen Wochenende zum allerletzten Mal im legendären Vicente Calderon auf. Bald gibt's keine Straßen mehr unter der Haupttribüne, keine offenen Stellen im weiten Rund mehr und generell keine heruntergekommenen Plätze mehr. Ach Calderon, du wirst uns fehlen. Aber was sind wir denn für unwissende Pupsnasen im Gegensatz zu Die-Hard-Atletico-Fan Doña Margarita. Seit 20 Jahren bringt die Omi Woche für Woche einen Strauß Blumen mit ins Calderon und legt diesen an der Eckfahne vor der legendären Fondo Sur nieder - in tiefster Verbundenheit zu dem ehemaligen Kicker Milinko Pantic. Der habe immer so schöne Ecken und Freistöße geschlagen, erklärt die Omi etwas verliebt. "Ich weiß noch nicht, wie es mir mit dem Abschied des Calderons gehen wird", sagte sie vor dem letzten Spiel: "Während des Spiels gegen Real Madrid habe ich beispielsweise 90 Minuten lang geheult. Deshalb will ich gar nicht wissen, wie das letzte Spiel sein wird. An diesem Stadion hängen so viele Erinnerungen." Nein! Das sind keine Tränen! Wir haben während wir diese Zeilen schreiben hier gerade Zwiebeln geschnitten!!!
Algo mas? Wir haben in dieser spanischen Liga ja schon alberne Trikots gesehen, deshalb sollten wir eigentlich abgehärtet sein - vom Broccoli-Schlamassel über den Anzugsstyle bis hin zum Trikot mit Bier und Oktopus drauf. Atletico Astorga hat jetzt mal wieder einen rausgehauen. Die Trikots des Drittligisten sind komplett grün, haben einen brutalen Sixpack auf der Vorderseite und sollen an den unglaublichen Hulk erinnern. Wir freuen uns jetzt schon auf die neue Saison.