"Diesen Egoismus brauchen wir hier nicht." So äußerte sich Ex-Wolfsburg-Coach Dieter Hecking im September 2015 gegenüber SpiegelOnline. Adressiert war diese Kritik an VfL-Topstürmer Bas Dost: "Wenn er meint, er muss seinen Ärger öffentlich zur Schau stellen, dann ist er hier falsch."
Dost war offenbar angefressen, da Hecking ihn im Champions-League-Spiel gegen ZSKA Moskau in der Halbzeit auswechselte. In der darauffolgenden Trainingseinheit präsentierte er sich laut dem Online-Magazin "lustlos und verschlossen" und "eingeschnappt, wie ein Schuljunge", was Hecking auf die Palme brachte.
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Als Antwort bestrafte der Trainer seinen Star und wechselte ihn gegen die Hertha erst in der 71. Minute ein. Nicht einmal fünf Minuten später verwandelt Dost eine Caligiuri-Flanke zur 1:0-Führung. In der 89. Minute erhöhte er sogar noch auf 2:0. Also alles wieder gut bei den Wölfen?
Angesprochen auf Dosts Joker-Qualitäten und ob dieser sich mit den Siegtreffern rehabilitiert habe, lobte Hecking lediglich Sturm-Konkurrent Nicklas Bendtner, der "viel präsenter als noch vor vier, fünf Monaten sei". Ausgerechnet Bendtner, dessen Auswechslung für Dost das Spiel zugunsten Wolfsburgs entschied.
Dost in Wolfsburg: Erfolg aber kein Glück
Kaum eine Episode der vierjährigen Dost-Ära in Wolfsburg offenbart so gnadenlos, warum der Niederländer der 2012 von Heerenveen kam, in Deutschland nie glücklich wurde. Bas Dost ist ein eiskalter Knipser, doch er ist nicht variabel. Und er ist dickköpfig.
Um erfolgreich zu sein, braucht Dost ein System, das auf ihn zugeschnitten ist - und notfalls fordert er das auch lautstark ein. Kombiniert mit einem dominanten Trainer wie Dieter Hecking und seinen zahlreichen Verletzungen kam Dost in Wolfsburg jedoch nur schwer in einen Rhythmus.
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Dabei durfte er mit den Wölfen durchaus einige Erfolge feiern - mit dem DFB-Pokalsieg 2015 als Höhepunkt. In seinen 117 Spielen im VfL-Dress netzte Dost immerhin 48 Mal. In der ewigen Bundesliga-Torschützenliste ist er der fünftbeste Wolfsburger aller Zeiten.
Dost fehlt Wolfsburgs Vertrauen
Doch Tore schießen ist eben, selbst für einen Mittelstürmer, nicht alles und Statistiken erzählen sowieso immer nur die halbe Wahrheit. Dost war ganz offensichtlich unglücklich in Wolfsburg. Heckings andauernde Kritik nagte an ihm und der konnte im Gegenzug nicht viel mit Dost anfangen - den Niederländer zu verpflichten, war eine der letzten Amtshandlungen des scheidenden Felix Magath gewesen.
"Er fängt langsam an mich zu nerven", wird Hecking in der Bild zitiert. Das war 2015. In einer Saison, in der Dost 16 Liga-Tore schoss, den VfL per Doppelpack im Alleingang ins Europa-League-Achtelfinale führte und im DFB-Pokal-Finale gegen Dortmund das vorentscheidende 3:1 erzielte. Kein Wunder, dass Dost sich nicht wertgeschätzt fühlte.
In der darauffolgenden Spielzeit konnte Dost die starken Leistungen verletzungsbedingt nicht bestätigen - ein Mittelfußbruch limitierte seine Spielzeit deutlich und bei den Wölfen bemerkte man eine gefährliche Abhängigkeit vom bulligen Mittelstürmer: Als amtierender Vizemeister beendete Wolfsburg die Saison auf einem enttäuschenden achten Platz und verpasste das internationale Geschäft.
Sporting Lissabon: Vertrauen und das passende System
Die Lösung, die der VfL auf die Torflaute der Vorsaison präsentierte, hieß Mario Gomez. Und Mario Gomez hieß der Grund, weshalb Dost letztendlich nach Lissabon flüchtete. Elf Tage nachdem Hecking in der Bild ankündigte, dass Super Mario "sehr wahrscheinlich spielen" werde, überwies Sporting rund zehn Millionen nach Wolfsburg. Eine Investition, die sich lohnen sollte.
Von all den Konflikten und Diskussionen in Wolfsburg befreit, fand sich Dost in Portugals Hauptstadt plötzlich in einem Biotop wieder: Schnell begannen Sportings quirlige Techniker um Gelson Martins, Bruno Cesar und Adrien Silva alle ihre Bälle bei dem 1,96-Hünen abzuliefern, der im Strafraum wartete und traf und traf und traf.
Auf einen furiosen Start mit vier Toren in den ersten drei Spielen folgte eine noch spektakulärere Saison: 34 Saisontreffer stehen nach 31 Partien hinter Dosts Namen. "Das System ist auf mich zugeschnitten und Trainer Jorge Jesus vertraut mir", erklärte Dost seinen großen Erfolg in der SportBild: "Unter diesen Voraussetzungen war es nie anders: Dann mache ich meine Tore." Mit diesem Team sei es als Stürmer möglich, "vier oder fünf Tore pro Spiel zu schießen", zitiert ihn die SZ.
Dost, AC/DC und die Sporting-Fans
Um Dosts Leistung zu würdigen, muss man sie in Relation setzen: Der 28-Jährige erzielte jedes zweite Sporting-Tor. Er markierte mehr als doppelt so viele Ligatreffer wie jeder andere Spieler. Die Hälfte der Teams in der Primeira Liga hat weniger Tore auf dem Konto als Dost alleine. Und seine Torausbeute war die beste, die Portugal in letzten 15 Jahren gesehen hat.
Doch Tore schießen ist ja bekanntlich nicht alles: Bei Lissabon schwang sich Dost zum absoluten Fanliebling auf und regelmäßig ertönen bei Sporting-Spielen Fangesänge auf seinen Namen - unterlegt mit AC/DCs Thunderstruck. Kein Wunder, dass Dost ein paar Monate nach seinem Wechsel zu Sporting zu Protokoll gab: "Ich habe jetzt wieder viel Spaß, den ich in den letzten drei Jahren nicht mehr hatte."
Bas Dost im Steckbrief