Sie sind im Laufe Ihrer Karriere viel herumgekommen. Haben Sie Ihre Stationen immer nur unter sportlichen Gesichtspunkten ausgewählt, oder sind Sie auch mal gewechselt, weil Sie ein Land oder eine Stadt gereizt hat?
Janko: Zweimal hat in meiner Karriere nicht der Sport den Ausschlag für einen Wechsel gegeben. Nach meiner Zeit bei Trabzonspor, wo ich zwei Jahre lang kaum gespielt habe, war ich im Sommer 2014 eineinhalb Monate lang arbeitslos. Dann habe ich beim FC Sydney im Bewusstsein unterschrieben, dass ich eine tolle Erfahrung machen werde, das Leistungsniveau der Liga aber nicht mit Europa zu vergleichen ist.
Und das zweite Mal?
Janko: Das war beim Wechsel zu meinem letzten Klub FC Lugano. Bei Sparta Prag war ich nicht mehr gefragt und musste Einzeltraining machen. Als Lugano angefragt hat, war mir sofort bewusst, dass ich taktisch nicht in die Mannschaft passen werde. Die spielen seit jeher auf Konter und ich bin ein klassischer Strafraumstürmer. Das habe ich dem Manager auch so gesagt, aber er wollte mich trotzdem. Vielleicht hat ihn meine Torquoten einfach beeindruckt. Ich habe letztlich unterschrieben, weil Lugano eine traumhafte Stadt ist und sich der Alltag dort wie Urlaub anfühlt. Sportlich war es aber wie erwartet leider nicht erfolgreich.
Was haben Sie von Ihren Auslandsstationen generell mitgenommen?
Janko: Man kann nicht in ein Land ziehen und die dortige Mentalität einfach annehmen. Nur weil der Holländer immer leiwand drauf ist, bin ich das nach einigen Monaten in Holland nicht auch. Aber natürlich färbt die Mentalität der Leute auf einen ab und man nimmt ganz automatisch gewisse Eigenschaften an. Jedes Land, in dem ich gespielt habe, hatte einen Einfluss auf meine Person und Sichtweisen. Am meisten vielleicht die Türkei.
Die Karrierestationen von Marc Janko
Von | Bis | Verein |
2004 | 2005 | Admira Wacker |
2005 | 2010 | Red Bull Salzburg |
2010 | 01/2012 | Twente Enschede |
01/2012 | 2012 | FC Porto |
2012 | 2014 | Trabzonspor |
2014 | 2015 | FC Sydney |
2015 | 2017 | FC Basel |
2017 | 02/2018 | Sparta Prag |
02/2018 | 2019 | FC Lugano |
Inwiefern?
Janko: Da muss ich ausholen. Ich bin am Rande von Wien aufgewachsen, wo es damals viele türkische Flüchtlinge gab. Die meisten sind mir und einigen meinen Freunden gegenüber immer sehr aggressiv aufgetreten, weswegen sich bei mir logischerweise ein extrem negatives Bild der Türken eingebrannt hat. Als kleiner Bub nimmst du nur das Verhalten deines Gegenübers wahr und fragst dich nicht, warum das so ist. Als ich dann in die Türkei gewechselt bin, hat sich mein Bild komplett gewandelt. Es hat mich geflasht, wie nett, zuvorkommend und herzlich die Türken sind, die ich dort kennengelernt habe. Die Leute in Trabzon haben wenig, aber bieten einem trotzdem alles an. Obwohl es sportlich nicht lief, habe ich mich unglaublich wohlgefühlt.
Sie sagen, dass Sie damals als kleiner Bub nicht hinterfragt haben, warum sich die Türken, mit denen Sie zu tun hatten, so verhalten haben. Was denken Sie heute?
Janko: Wenn man sich als Bewohner eines Landes nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlt, steigt automatisch die Unzufriedenheit und damit auch die Aggression. Da muss sich die Gesellschaft fragen, warum manche Leute dieses Gefühl haben. Es darf in einer funktionierenden Gesellschaft kein "wir" und "die anderen" geben.