FC Nitra und der Einstieg einer deutschen Investorengruppe: Nicht zum Angeln gekommen

Der FC Nitra verstärkte sich in der Winterpause mit etlichen ehemals in Deutschland aktiven Spielern: unter anderem mit Sinan Kurt (ehemals FC Bayern München) und Ramzi Ferjani (ehemals Borussia Dortmund).
© SPOX

Seit Anfang des Jahres gehört der slowakische Erstligist FC Nitra einer deutschen Investorengruppe. Dahinter steckt der fränkische Autohändler und ehemalige Spielerberater Peter Hammer, der etliche Landsmänner verpflichtete, 18 Tage nach Einstellung den ersten Trainer entließ, Kooperationen mit zwei Bundesligisten anstrebt und das ewige Chaos im Klub beenden will. Die Hintergründe.

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Unten die Tribüne mit ihren grellblauen Sitzschalen, links und rechts die leicht geschwungenen Flutlichtmasten und in der Mitte die jahrhundertealte Burg von Nitra mit ihrem spitzen Turm und ihren dicken Mauern: Die Aussicht von der Nordtribüne des Stadion pod Zoborom des FC Nitra könnte kaum malerischer sein. "Brutalst beeindruckt" sei Peter Hammer gewesen, als er das 1909 errichtete und 2018 rundum renovierte Stadion Anfang 2020 erstmals betrat.

Ein Jahr später fungiert der 55-jährige Autohändler als Vorstand Sport des seit Anfang Januar von einer deutschen Investorengruppe geführten slowakischen Erstligisten. Hammer ist hauptverantwortlich dafür, dass während der Winter-Transferphase insgesamt neun ehemals in Deutschland tätige Fußballer nach Nitra wechselten, die wohl prominentesten unter ihnen Sinan Kurt (24, früher beim FC Bayern München) und Ramzi Ferjani (19, Borussia Dortmund).

Wie konnte all das passieren?

Peter Hammer: Autohändler und Spielerberater

Die Spurensuche führt ins 12.000-Einwohner Städtchen Röthenbach an der Pegnitz, etwas östlich von Nürnberg gelegen. Seit Jahren betreibt Hammer hier sein Autohaus. Gerne wird auf Anfrage von SPOX und Goal Kontakt zum Chef hergestellt, der dann am Telefon erzählt: "Vor einem Jahr hat mich eine deutsche Investorengruppe gebeten, in der Slowakei einen Verein zu suchen, weil ich mich dort durch meine Vergangenheit als Spielerberater ganz gut auskenne."

Zum Spielerberater wurde Hammer einst zufällig: Wolfgang Wolf wohnte während seiner Zeit als Trainer des 1. FC Nürnberg im Haus von Hammers Eltern und wusste von der Tätigkeit des Sohnes als Autohändler mit engen Kontakten in die Slowakei. Wenn es dort so günstige Autos gäbe, meinte Wolf irgendwann, müsse es doch auch günstige Fußballer geben. Hammer, der bei seinen Dienstreisen an langen Abenden im Hotelzimmer stets die slowakische Liga verfolgte, empfahl ihm daraufhin einen gewissen Marek Mintal.

Nürnberg hatte eine neue Klublegende, Hammer einen neuen Nebenjob. In den folgenden Jahren wirkte und verdiente er an etlichen Wechseln slowakischer Spieler nach Deutschland mit, transferierte unter anderem Robert Vittek, Stanislav Sestak und Erik Jendrisek, der seinem ehemaligen Berater nun mit 34 Jahren nach Nitra folgte. Der größte Coup glückte aber nicht, wie Hammer mal bei 11Freunde erzählte: "Ich hätte Marek Hamsik wahnsinnig gerne zum FC Bayern geholt. Aber Marek fühlt sich in Neapel einfach unwahrscheinlich wohl."

Stadion mit Aussicht: Das Stadion pod Zoborom ("Stadion unterhalb des Zobor", des Hausberges der Stadt Nitra) wurde 1909 errichtet, 2018 komplett renoviert und fasst über 11.000 Zuschauer.
© Nino Duit
Stadion mit Aussicht: Das Stadion pod Zoborom ("Stadion unterhalb des Zobor", des Hausberges der Stadt Nitra) wurde 1909 errichtet, 2018 komplett renoviert und fasst über 11.000 Zuschauer.

Deutsche Investorengruppe, slowakischer Traditionsklub

Aus dem Spielerberater-Geschäft ist Hammer längst ausgestiegen. In den vergangenen Jahren kümmerte er sich um sein Autohaus in Röthenbach, ehe die Anfrage der Investorengruppe kam. "Das sind sechs, sieben Leute, die sich zusammengetan haben, um bei einem Verein in der Slowakei einzusteigen. Die sind total fußballverrückt und haben ein bisserl Geld", sagt Hammer. "Es ist aber nicht so, dass sie nicht wissen, was sie mit ihrem Geld tun sollen und nur spaßeshalber statt Angeln gehen einen Fußballverein kaufen. Die sehen ihr Engagement als Geschäftsmodell an."

Hammer machte sich also auf die Suche und erfuhr dank seiner Kontakte, dass der FC Nitra zum Verkauf stünde. Nitra liegt eine Autostunde östlich der Hauptstadt Bratislava und hat rund 80.000 Einwohner. "Sehr modern, gar nicht mit dem typischen Osteuropa zu vergleichen", findet Hammer. Eine Universität gibt es hier, neuerdings eine milliardenschwere Niederlassung von Jaguar Land Rover und seit 1909 einen der traditionsreichsten Fußballklubs des Landes.

Als größter Erfolg gilt ein zweiter Platz in der tschechoslowakischen Liga 1962. Schon damals war Nitra bekannt für eine herausragende Nachwuchsarbeit. Heute verfügt der Klub über eine renommierte Akademie mit 400 jungen Fußballern, die mit ihren Mannschaften alle in der jeweils höchsten Liga spielen. Neben der vorhandenen Infrastruktur mit dem modernen Stadion und Trainingszentrum überzeugte die deutsche Investorengruppe vor allem dieses bereits vorhandene Potenzial.

"Der Verein muss sich selbst finanzieren und das geht in der Slowakei eigentlich ausschließlich über Transfers. Weil in Nitra eine gute Akademie vorhanden ist, ist die Chance sehr groß, dass man da in Zukunft etwas erreichen kann", erklärt Hammer, der für die Investorengruppe die Gespräche mit dem Klub führte. "Die Verhandlungen haben ein Jahr gedauert und sind zwischenzeitlich zweimal gescheitert."

Peter Hammer (l.) ist seit 1. Januar Vorstand Sport beim slowakischen Erstligisten FC Nitra. Hier mit seinem Bekannten und Vorstand Finanzen Nik Schwarz.
© Peter Hammer
Peter Hammer (l.) ist seit 1. Januar Vorstand Sport beim slowakischen Erstligisten FC Nitra. Hier mit seinem Bekannten und Vorstand Finanzen Nik Schwarz.

FC Nitra und der Ruf als Chaosklub

Die komplizierte Akquise verwundert nicht, hat sich Nitra doch beharrlich einen Ruf als Chaosklub mit undurchsichtigen Eigentümerverhältnissen erarbeitet. "Allein in den vergangenen eineinhalb Jahren gab es fünf verschiedene Besitzer und es wurde nie offiziell kommuniziert, wann genau welches Engagement begonnen und geendet hat", berichtet Journalist Jan Jasenka vom slowakischen Medium sport.sk bei SPOX und Goal. Zu den vorherigen Eigentümern zählen unter anderem ein ehemaliger Diskuswerfer, eine ukrainische Investorengruppe, die von der Champions League fabulierte, und zuletzt das Ehepaar Jan und Erika Kara aus dem Energie-Sektor.

Mit jeder Übernahme stiegen die Verwirrungen und meistens auch die Schulden. Kurz vor Weihnachten kam es zum Eklat, als mehrere Spieler mit auslaufenden Verträgen über angeblich seit Monaten ausstehende Gehaltszahlungen klagten und den Klub schließlich im Streit verließen. Um diese Thematik und auch die verbliebenen Schulden müssen sich die vormaligen Eigentümer kümmern, so sei es laut Hammer bei der am 1. Januar schließlich erfolgten Übernahme vereinbart worden. Die deutsche Investorengruppe kaufte dabei 67 Prozent der Anteile, die übrigen lägen bei Kleinaktionären. "Ich glaube, dass der FC Nitra das Schlimmste hinter sich hat", sagte Manager Jozef Petrani damals.

Auch wegen der Erfahrungen aus der Vergangenheit löste der nächste von vielen Neustarts in der Stadt bisher aber noch keine Euphorie aus. "Viele Fans sind mittlerweile angewidert von allem, was bei Nitra passiert. Es gab so viele Veränderungen, dass die Fans nur mehr von Taten überzeugt werden können", sagt Journalist Jasenka. "Sie wollen Ergebnisse und Stabilität sehen."

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