Super League vor dem Kollaps: Milliardenliga im Proteststurm zerbröselt

SID
Florentino Perez ist erster Vorsitzender der Super League.
© getty / The Super League

Die Super League scheint keine 48 Stunden nach Ausrufung der großen Fußball-Revolution spektakulär auseinanderzufallen.

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Totale Implosion der Milliardenliga: Die neue Hyper-Kommerzveranstaltung Super League ist zwei Tage nach Ausrufung der großen Fußball-Revolution höchst spektakulär in sich zusammengekracht. Fünf der sechs englischen Giganten knickten am Dienstag im Proteststurm ein und zogen sich zurück: der FC Liverpool, Manchester City, Manchester United, Tottenham Hotspur und der FC Arsenal. Der FC Chelsea und Atletico Madrid sollen folgen. Laut SPOX und Goal bereitet Chelsea die Übergabe von Rückzugspapieren vor. Die Superliga - sie ist faktisch tot.

Bayern München, Borussia Dortmund und Paris St.-Germain hatten zuvor ebenso eindeutige wie schmerzhafte Absagen übermittelt. Es sei "die absolut richtige Entscheidung" der englischen Klubs, hatte der britische Premierminister Boris Johnson schon vor dem Fall des ersten Dominosteins Manchester City bei Twitter jubiliert: "Ich hoffe, dass andere folgen."

Das Projekt der "Big 12", zwölf Weltklubs der Superreichen, angeschoben von JPMorgan, wird zur weltweit verspotteten Fehlzündung werden - mit den klaren Siegern FIFA, UEFA und frisch reformierter Champions League, deren ebenfalls kommerzgetriebene Änderungen die Fans nun wohl mit Freude schlucken werden. An der Stamford Bridge jubelten rund 1000 Chelsea-Fans, die eigentlich hatten protestieren wollen.

Manchester City "kann bestätigen, dass sich der Verein aus der Gruppe zurückzieht, die Pläne für eine Super League entwickelt", teilte der Premier-League-Tabellenführer in einem Einzeiler wenig später mit. Die vier weiteren Klubs schlossen sich an. Manchester Uniteds Geschäftsführer Ed Woodward, eine treibende Kraft hinter der Liga, verkündete seinen Abschied.

FC Bayern mit klarem Nein zur Super League

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin kommentierte das Zerbröseln der Phalanx mit Genuss. "Ich freue mich sehr, City wieder in der europäischen Fußballfamilie begrüßen zu dürfen. Sie haben große Klugheit gezeigt", lobte der Slowene. Bis zur Wende hatte es ausgesehen, als wollten Real Madrid, Liverpool und Konsorten ihr Ding gegen alle Widerstände durchziehen - dafür wurden sie als "dreckiges Dutzend" angesehen. Aus Spanien und Italien waren zunächst keine Rückzüge zu berichten.

Die Fans der deutschen Granden müssen sich ohnehin nicht sorgen. Rekordmeister FC Bayern und nach SID-Informationen auch Borussia Dortmund schlossen eine Teilnahme definitiv aus. "Ich darf im Namen des Vorstandes ausdrücklich feststellen, dass der FC Bayern nicht an der Super League teilnimmt", sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge und betonte: "Der FC Bayern steht solidarisch zur Bundesliga. Für den FC Bayern ist die Champions League der weltweit beste Klubwettbewerb."

Auch der BVB wird auf keinen Fall im Brösel-Konstrukt mitspielen. Intern ist SID-Informationen zufolge "in Stein gemeißelt", dass sich der Klub den Plänen keinesfalls anschließen wird. Ohnehin lag dem Verein von der Liga weder eine Anfrage noch ein konkretes Angebot noch eine Friststellung vor. Aufgrund börsenrechtlicher Pflichten gestaltet sich eine glasklare Kommunikation jedoch schwierig.

FIFA, UEFA und DFB suchen Konfrontation

Die großen Fußball-Verbände und ihre drei neu gewählten deutschen Topfunktionäre hatten sich auf den gemeinsamen Kampf gegen die Abtrünnigen eingeschworen. Rechtlich wurden die Chancen der Rebellen gut eingeschätzt: "Rein juristisch betrachtet hat die UEFA keine Chance, ihre Drohungen durchzusetzen", sagte die renommierte Sportrecht-Fachanwältin Anne Jakob: "Die Tendenz ist tatsächlich, die Märkte zu öffnen und Konkurrenzligen zuzulassen. Das Recht in Europa sieht das so vor."

Trotzdem suchten der Weltverband FIFA (mit dem neuen Council-Mitglied Peter Peters), die Europäische Fußball-Union (UEFA) mit dem wiedergewählten Rainer Koch und Karl-Heinz Rummenigge in der Exekutive sowie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Konfrontation. Die 55 Mitglieder der UEFA verabschiedeten zum Abschluss ihres Kongresses einstimmig eine Resolution gegen die Super League.

Das war im DFB-Sinne. "Die Vereine und ihre Nachwuchsmannschaften sollten von allen Wettbewerben ausgeschlossen werden, bis sie wieder an ihre vielen Anhänger denken, die sie erst zu den größten Klubs der Welt gemacht haben - und nicht nur an ihre Geldbeutel", sagte Präsident Fritz Keller.

"Schafft die Super League ab!"
© getty
"Schafft die Super League ab!"

Guardiola stellt sich gegen Besitzer von ManCity

Auch Weltverbandsboss Gianni Infantino stellte klar, dass es "keinen Zweifel an der Ablehnung der FIFA" gebe. "Wenn einige sich entscheiden, ihren eigenen Weg zu gehen, dann müssen sie mit den Konsequenzen leben", sagte der Schweizer: "Entweder bist du drin, oder du bist draußen." Die Abtrünnigen sind bzw. waren Liverpool, ManUnited, ManCity, Tottenham, Arsenal, Chelsea, Real Madrid, Barcelona, Atletico, Juventus Turin, der AC Mailand und Inter Mailand.

Real-Präsident Florentino Perez wollte sich keineswegs drohen lassen. "Madrid wird nicht aus der Champions League geschmissen, definitiv nicht", sagte der als ESL-Chef vorgesehene Spanier: "Auch nicht sonst wer. Das ist unmöglich. Auch die Spieler können ruhig bleiben."

Star-Trainer Pep Guardiola aber stellte sich gegen die Besitzer seines Klubs ManCity. Alle Spieler Liverpools veröffentlichten zudem ein gemeinsames Statement: Nein zur Super League! 14 Premier-League-Klubs hatten die sechs englischen Klubs zuvor schärfstens verurteilt und zum Rückzug aufgefordert. Dann fiel der erste Dominostein: ManCity. Andere fielen mit.

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