Es fängt ja schon mit den Namen dieser kleinen Örtchen an: Bellagio, Varenna, Menaggio, Bellano. Geht es überhaupt melodischer? Text-Bild-Schere gibt es keine: So malerisch sich die Örtchen anhören, so malerisch sehen sie auch aus. Vorne der tiefblaue See, dahinter die spitzen Kirchtürme und die Palmen, dann die steilen, grünen Hänge. Wohl nirgendwo gibt es eine intensivere Melange aus Norden und Süden, aus alpinen Bergen und mediterranem Flair als am italienischen Comer See.
Kein Wunder, dass er die Schönen und Reichen und Mächtigen dieses Planeten seit jeher magisch anzieht. Schon zu Zeiten des antiken Roms ließen sich an den Ufern Aristokraten nieder. Später schrieb hier der ehemalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer seine Memoiren, heute kommt Schauspieler George Clooney zum Urlauben in seine Ferienvilla. Die Stadt Bellagio am Scheitelpunkt des dreiarmigen Sees diente dem gleichnamigen Hotel in Las Vegas als Inspirationsquelle, das Umland Filmen wie Star Wars: Episode II, James Bond: Casino Royale oder Ocean's 12 als Kulisse.
Fehlte eigentlich nur noch eine schicke Fußball-Niederlassung mit so richtig betuchten Investoren. 2019 nahmen sich die Brüder Robert Budi (81) und Michael Bambang Hartono (82) aus Indonesien der Sache an und machten den ortsansässigen Traditions-, Chaos- und Pleite-Klub Como 1907 vom Südwestzipfel des Sees kurzerhand zum reichsten des Landes.
Im Forbes-Ranking der wohlhabendsten Menschen der Welt rangieren die beiden Tabak-Tycoons mit Vermögen von 22,8 respektive 22 Milliarden Euro aktuell auf den Plätzen 64 und 69. In Indonesien übertrifft sie selbstverständlich niemand, auch nicht der ehemalige Besitzer von Inter Mailand Erick Thohir. Derzeit als Minister für Staatsbetriebe tätig, kommt er nur auf rund 500 Millionen Euro.
Como 1907: Keine Titel und drei Pleiten
International fand die Übernahme durch die Hartonos vor dreieinhalb Jahren kaum Beachtung, genauso wenig wie der darauffolgende Sturm von der viertklassigen Serie D in die Serie B. Schlagzeilen machte das Projekt erstmals in diesem Sommer - und zwar dank zwei sensationellen Neuzugängen: Die ehemaligen Weltklassespieler Thierry Henry und Cesc Fàbregas verkündeten ihren Einstieg als Investoren, der mittlerweile 35-jährige Fàbregas will sogar auch noch auf dem Platz mithelfen. Trainiert wird er nun von Giacomo Gattuso, dem Cousin des langjährigen italienischen Nationalspielers Gennaro.
Como 1907 erlebt aktuell die womöglich vielversprechendsten Zeiten seiner Geschichte. Lange pendelte der Klub zwischen den drei obersten Ligen, ehe er hauptsächlich ums Überleben kämpfte. Der Zwischenstand beim Verhältnis Titel zu Pleiten lautet aktuell 0:3.
Der erste Konkurs erfolgte nach dem letztmaligen Serie-A-Abstieg 2004. Infolge der zweiten Pleite 2016 wurde Como versteigert. Das Höchstgebot lag bei 237.000 Euro und stammte von Akosua Puni Essien, der Ehefrau des ghanaischen Nationalspielers Michael Essien. Geld für die laufenden Kosten (oder Interesse, dieses aufzubringen) war anschließend aber keines mehr da: Mitarbeiter bekamen kein Gehalt und angeblich konnte nicht einmal mehr die Autobahnmaut für den Mannschaftsbus bezahlt werden. Die Konsequenzen waren der dritte Konkurs und der Absturz in den Amateurfußball.
Wie die Hartono-Brüder zu ihrem Reichtum kamen
2019 folgte schließlich die Rettung durch die Hartono Brüder, die den Klub über ihre Holding SENT Entertainment Ltd. für kolportierte knapp 350.000 Euro übernahmen. "Sie sind wie Erlöser aufgetreten. Die Fans waren sehr froh über ihren Einstieg", sagt Marco Iaria zu SPOX und GOAL. Der Journalist berichtet für die Gazzetta dello Sport über Como.
Reich wurden die Hartonos mit dem Familienunternehmen PT Djarum. Einem Tabakkonzern, der auf die Herstellung von Nelkenzigaretten spezialisiert ist. Mittlerweile verdienen die beiden geschäftstüchtigen Brüder aber überall mit, wo es was zu verdienen gibt: Sie kontrollieren die größte Privatbank Indonesiens BCA, machen aber auch in Immobilien, Reiseanbietern, Supermärkten, Elektronik-, Kaffee- sowie Molkereiprodukten und Fernsehrechten.
Ihre Streaming-Plattform Mola TV hält in Indonesien unter anderem die Rechte an der Bundesliga, dem DFB-Pokal und selbstverständlich auch an der Serie B. Da trifft es sich natürlich gut, dass der Sender mit dem blauen Mondfisch als Logo direkt auf den Trikots des dort kickenden Como beworben werden kann.
Aber warum eigentlich ausgerechnet Como? Dem Vernehmen nach peilten die Hartonos zunächst die Übernahme eines englischen Klubs an. Auf der Insel sind sie nämlich durchaus verankert, was sich auch durch den Sitz ihrer Firma SENT Entertainment Ltd. in London manifestiert. Fündig wurden sie in England aber nicht, also wählten sie den prestigeträchtigen Standort am Comer See.