Saudi-Arabien kann bei seinen Investitionen in den Sport und insbesondere in den Fußball bereits Erfolge vorweisen. Doch das Selbstverständnis, die Führungskraft in der arabischen Emirate-Region zu sein, hat durch das Sportswashing Katars Rückschläge erlitten. Das Land will daher einiges nachholen - mit den Mitteln des Nachbarn.
Nach dem Ende der Weltmeisterschaft in Katar konnte man an mancher Stelle lesen oder hören: Zum Glück ist es überstanden. Das war in dem Moment gewiss eine gute Nachricht, wenn man beispielsweise an all die zweifelhaften Begleitumstände denkt, unter denen die WM im Jahr 2010 in das Emirat vergeben wurde - oder auch an die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die in den zwölf Jahren danach geschahen.
Die schlechte Nachricht ist jedoch: Mit Blick auf den Sport ist gar nichts überstanden. Vielmehr geht es mindestens so weiter und es steht zu befürchten, dass sich die Sportswashing-Bemühungen arabischer Länder wie Katar, Saudi-Arabien oder der Vereinigten Arabischen Emirate in Zukunft noch deutlich vergrößern werden.
Gerade Saudi-Arabien hat einiges nachzuholen - und tut das auch mit Vehemenz. Das Land hat das Selbstverständnis, die Führungskraft dieser Region zu sein. Der Aufschwung Katars ist Saudi-Arabien ein mächtiger Dorn im Auge, denn dieses kleine Land hat sich unter anderem aufgrund seiner vielfältigen Verstrickungen in der Welt des Sports zu einem im Grunde gleichwertigen Partner aufgeschwungen.
Saudi-Arabien versucht daher seit geraumer Zeit, den Rückstand wettzumachen und sein angekratztes Image zu verbessern. Die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi, in die der Kronprinz des Königreichs Mohammed bin Salman verwickelt gewesen sein soll, die mittlerweile neun Jahre andauernde Beteiligung am desaströsen Krieg im Jemen, eine unterirdische Menschenrechtslage - damit wird Saudi-Arabien in der Welt assoziiert, nicht mit Sport.
imago imagesSaudi-Arabien will die WM 2030 ausrichten
Damit sich dies ändert, bedient man sich derselben Instrumente, mit denen auch Katar immer stärker auf die Landkarte des Sports drängte. Vereinfacht ausgedrückt: Saudi-Arabien kopiert. Auch mit dem Ziel, die eigene Wirtschaft unabhängiger vom Öl zu machen. Dem Sport und hier vor allem dem Fußball kommt bei der von der Regierung initiierten "Vision 2030" besondere Bedeutung zu.
Erste Investitionen und Erfolge kann man bereits verzeichnen. Seit 2020 wird die Rallye Dakar in der saudischen Wüste gefahren, ein Jahr später kam das Formel-1-Rennen in der Hafenstadt Dschidda dazu. Kürzlich fand zum dritten Mal in Folge der spanische Supercup dort statt. 2029 werden die Asiatischen Winterspiele im Wüstenstaat ausgetragen. Für 2026 bewarb man sich für den Asien-Cup der Frauen, für die Ausrichtung des Asien-Cups der Männer im Jahr darauf ist man der einzige Anwärter.
Über allem steht jedoch - ganz nach katarischem Vorbild - der unbedingte Wille, wohl zusammen mit Griechenland und Ägypten die WM 2030 nach Saudi-Arabien zu holen. Den Weg in den Fußball hat der Golfstaat auf Klubebene bereits gefunden - 80 Prozent der Anteile von Newcastle United gehören seit Oktober 2021 einem saudi-arabischen Staatsfonds. Vorsitzender des Fonds: Kronprinz bin Salman.
Saudi-Arabien: Cristiano Ronaldo als Botschafter gefordert
Zudem stellte der nationale Fußballverband im September 2021 eine Vision namens "Our Tactics for Tomorrow" vor. Diese besteht aus sieben Eckpfeilern - eine der Säulen nennt sich beispielsweise "Globale Bekanntheit". Die Kampagne hat unter anderem zum Ziel, dass die Nationalmannschaft der Männer bis zur WM 2034 Einzug in die Top20-Nationen der Welt erhält.
"In gewisser Weise verfolgen die Saudi-Araber denselben Plan wie Katar im Vorfeld seiner WM-Bewerbung", sagte Sportökonom Simon Chadwick der Deutschen Welle. "Die Behörden in Doha haben aktiv Botschafter und Multiplikatoren eingesetzt, um die Wahrnehmung des Landes und die Einstellung zu ihm zu prägen und das Verhalten zu beeinflussen. Nun, da Saudi-Arabien einen Vermögenswert erworben hat, der offensichtlich für die Bewerbung um die Ausrichtung der Weltmeisterschaft gedacht ist, muss das Land ihn auch für sich arbeiten lassen."
Und da sind wir bei Cristiano Ronaldo, der am Donnerstagabend im Duell gegen PSG mit Lionel Messi sein Debüt für Al-Nassr feiern wird. Der Transfer von CR7 nach Saudi-Arabien ist nicht auf sportliche Perspektiven beschränkt. Ronaldo soll als Aushängeschild, Botschafter und Triebfeder vor allem abseits des Platzes helfen, die Ziele des Königreichs zu erreichen - gerade jetzt zu einer Zeit, in der die gesamte Golfregion im Fußball im Fokus steht. Mit seinen 530 Millionen Followern allein auf Instagram stehen die Chancen nicht schlecht, den Bekanntheitsgrad des Landes zu erhöhen und positiv aufzuladen.
gettyDer Sport soll Saudi-Arabien als Vektor dienen
Auch Messi konnte man bereits als offiziellen Tourismusbotschafter für sich gewinnen und es kommt nicht von ungefähr, dass Al-Nassr-Rivale Al-Hilal den argentinischen Weltmeister mit einem Gehalt von rund 300 Millionen Dollar pro Saison angeblich ebenfalls nach Saudi-Arabien locken möchte. Für die Kosten käme freilich der saudische Staat auf.
Dazu wird Newcastle nicht der einzige Fußballklub bleiben, an dem Saudi-Arabien künftig Anteile hält. Bereits jetzt wird über ein Interesse am Kauf von Manchester United und des FC Liverpool berichtet. All dies sind und wären konkrete Maßnahmen einer mannigfaltigen Investitions- und Vermarktungsstrategie, die erst noch an ihrem Anfang steht und auch auf nicht-sportliche Gesichtspunkte abzielt.
"Es gibt geopolitische, wirtschaftliche und soziokulturelle Vorteile, die mit den Aktivitäten von Ländern wie Saudi-Arabien verbunden sind", sagte Chadwick. Der Sport soll Saudi-Arabien somit auch als Vektor dienen, um die internationale Sichtbarkeit des Landes zu erhöhen, um Strahlkraft zu zeigen, strategische Macht auszuüben und zugleich die nationale Identität zu festigen.
Die Chancen, dass die Ziele bezogen auf den Fußball erreicht werden, stehen gut. Das zeigte bereits das Beispiel Katar, das von Saudi-Arabien lange Zeit als Auswuchs gesehen wurde, den man problemlos zu kontrollieren dachte. Diese Rechnung ging nicht auf. Welch ein Glück also, dass Kronprinz bin Salman gut mit FIFA-Präsident Gianni Infantino befreundet ist.
PSG vs. Al-Nassr: Die Partie im Überblick
Datum | Anpfiff | Begegnung | Stadion |
Donnerstag, 19. Januar | 18 Uhr | PSG vs. Allstars Al-Hilal und Al-Nassr | König-Fahd-Stadion, Riad (Saudi-Arabien) |