Mega-Projekt! Letztes Land der Erde ohne eigenes Team will in die FIFA

Von Falko Blöding
Marshallinseln
© getty

211 Mitglieder hat die FIFA aktuell. Geht es nach dem Engländer Matt Webb, dann kommt schon bald Nummer 212 dazu: Webb und einige engagierte Mitstreiter haben es sich zum Ziel gesetzt, auf den Marshallinseln eine Fußballmannschaft zu etablieren.

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Bislang hat die kleine Republik als einziges Land der Erde noch keine Mannschaft. Wenn überhaupt, dann wird auf einer Rasenfläche im Park vor dem Kapitol in der Hauptstadt Majuro gekickt. Dann sind es Spieler und Spielerinnen allen Alters, die gemeinsam dem runden Leder nachjagen.

Matt Webb will das Kicken auf den Marshallinseln nun auf professionellere Beine stellen. Ende 2021 las er einen Artikel bei The Athletic, in dem es um den 60.000-Einwohner-Staat ohne Fußballteam ging.

"Ich fand das faszinierend", erklärte er der Sportwebseite nun. Seit Jahren ist er im Marketing tätig und hat zudem große Erfahrungen im Fußball, was den administrativen Bereich angeht. Er setzte sich mit Shem Livai, dem Präsidenten des nationalen Fußballverbands, in Verbindung und seitdem glüht der Draht zwischen England und dem kleinen Staat im mittleren Ozeanien.

Webb fand bei seinem Ansinnen zwei Mitstreiter: Lloyd Owers, der zuvor bereits daran mitgearbeitet hatte, den Fußball im benachbarten Samoa zu etablieren und Justin Walley. Er half in Matabeleland, einer Region Simbabwes, bei der Gründung einer Mannschaft mit.

Das Trio arbeitet seit drei Monaten intensiv an seinem ehrgeizigen Projekt und hat sich die Aufgaben aufgeteilt: Webb kümmert sich um Marketing und Sponsoren, Walley ist für die Pressearbeit zuständig und Owers hat mit dem Background eines Trainer den Posten des Technischen Direktors. Sein Job ist es nun, das Fachwissen auf den Marshallinseln zu vermitteln und Übungsleiter auszubilden, die wiederum Kindern und Jugendlichen das Einmaleins des Sports und des Trainings vermitteln.

Die Marshallinseln wollen an der WM-Qualifikation teilnehmen

Nach den Mikronesienspielen in einigen Wochen reist Owers zu diesem Zweck auf die Marshallinseln: "Wir brauchen dort ein Gesamtpaket", führt er aus. "Wir müssen die Lehrer ausbilden, damit sie eine Struktur für die Jugendarbeit bilden können. Mit der Zeit werden die Einheimischen automatisch involvierter. Dann können wir über die Einführung eines Ligasystems nachdenken."

Gedankenspiele gibt es dabei um eine Liga mit sechs Mannschaften. "Dann planen wir eine Partnerschaft mit einer entsprechenden Liga auf Kwajalein. Die Sieger der beiden Ligen werden gegeneinander antreten - wie beim Super Bowl", so Owers. Ende 2023 soll eine Liga idealerweise an den Start gehen.

Das ultimative Ziel ist die Aufnahme in der FIFA samt der Teilnahme an den WM-Qualifikationsspielen in Ozeanien. Matt Webb witzelt darüber: "Ich habe meine Fußballschuhe immer dabei. Vielleicht habe ich ja noch irgendwo in der Ahnenreihe jemand von den Marshallinseln."

Bevor aber ernsthaft über die Gründung einer Nationalmannschaft und das Bestreiten von Länderspielen nachgedacht werden kann, geht es auch darum, eine gescheite Infrastruktur aufzubauen. Das ist gar nicht so leicht, schließlich sind die Marshallinseln nur 181 Quadratkilometer groß. Der Platz ist rar in einem der kleinsten Länder der Welt und ein Stadion gab es bislang nicht. Allerdings könnten die Spiele im neuen Nationalstadion, das für die Mikronesienspiele samt aus den USA importierten Rasens gebaut wird, ausgetragen werden.

Der steigende Meeresspiegel bedroht die Marshallinseln

Das Engagement der drei Briten hat allerdings nicht nur einen sportlichen, sondern auch einen ernsten Hintergrund: Die Marshallinseln sind direkt vom durch den Klimawandel ansteigenden Meeresspiegel betroffen. Je nach Berechnungsmodell könnten sie innerhalb der nächsten Jahrzehnte vom Meer komplett verschlungen werden.

Owers erklärt, dass es auch darum geht, Aufmerksamkeit auf diese Problematik zu lenken: "Es gibt eine extra Plattform, um auf dieses Land aufmerksam zu machen. Niemand weiß, wie es hier aussehen wird, aber das Land muss vertreten werden."

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