Der Schotte Graeme Souness, der damals noch nicht als mürrischer TV-Experte, sondern als Trainer des FC Southampton tätig war, erhielt einen Anruf von einem Mann, der behauptete, Weah zu sein. Das Problem: Es war gelogen.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung empfahl Souness einen Transfer von Dia. So wurde der Senegalese zum vielleicht schlechtesten Spieler, den die Premier League je gesehen hat.
Der Deal mit Ali Dia
Souness war nicht der einzige Trainer, der einen Anruf von dem unbekannten Mann erhielt, der behauptete, Weah zu sein. Harry Redknapp, damals bei West Ham, berichtete, dass er eine ähnliche Empfehlung am Telefon bekommen hatte.
"Er rief mich auf dem Trainingsplatz an - es war George Weah", erinnerte sich der Engländer. "Er rief an und sagte: 'Mein Cousin, guter Spieler, ich habe euer Team gesehen, ihr seid ein gutes Team, aber ihr braucht einen Torjäger'. Ich sagte: 'Oh ja, okay George, schön'. Ich dachte, es sei ein Scherz." Redknapp entschied sich deshalb logischerweise gegen einen Vertrag für Dia.
Auch Tony Pulis erhielt einen ähnlichen Anruf bei Gillingham und war so angetan, dass er Dia tatsächlich eine Chance gab. Seine Einschätzung? "Er war schlecht." Die Alarmglocken begannen zu läuten, denn Pulis war verwirrt, weil er nicht wusste, woher Weah seinen Verein überhaupt kannte.
"Weah" rief auch bei Port Vale an, das Dia ein Probetraining und einen Einsatz in einem Duell der Reserve gegen Middlesbrough gab. Auch hier spielte er schlecht.
Souness war aber anderer Meinung. Er erklärte, dass man "aufhorchen" müsse, wenn man eine Empfehlung von einer solch angesehenen Persönlichkeit wie "Weah" bekomme. Dia erhielt zwar keinen millionenschweren Vertrag über mehrere Jahre, aber immerhin ein offizielles Arbeitspapier - inklusive Unterschriftsbonus - und wurde damit ganz förmlich zu einem Spieler eines Premier-League-Vereins.
Ali Dia und seine überschaubaren Leistungen
Souness hatte vom Background seines neuen Spielers überhaupt keine Ahnung. Er zeigte sich etwas verwirrt von Dias angeblichen früheren Stationen und behauptete bei seiner Vorstellung, Dia habe mit Weah bei Paris Saint-Germain gespielt.
Tatsächlich war der Verein, für den er vor den Saints gespielt hatte, der englische Klub Blyth Spartans. Dort schrieb er Geschichte, indem er als erster schwarzer Spieler in die Mannschaft aufgenommen wurde - verzeichnete aber nur einen einzigen Einsatz, als er gegen Boston United von der Bank kam.
Dia hatte zwar auch in unteren Ligen in Frankreich gekickt, aber weder ein Länderspiel bestritten noch für PSG gespielt, wie der falsche Weah behauptet hatte.
Wer die Anrufe getätigt hat, blieb unklar: Einige meinten, es sei ein Freund von Dia gewesen, der sich als Weah ausgegeben habe, andere, dass es sein Berater gewesen sei. Vielleicht war es auch Dia selbst mit verstellter Stimme und einem Akzent. Dass sich Souness derart täuschen ließ, war schwer zu fassen. Dass er Dia dann auch noch Einsatzminuten gab, trieb die Geschichte noch auf die Spitze.
Das waren die Konsequenzen
Für Southampton lief es zu diesem Zeitpunkt nicht gerade gut. Die Saints waren in der Saison zuvor fast aus der Premier League abgestiegen und konnten nur aufgrund der besseren Tordifferenz den Abstieg verhindern.
Souness wurde im Sommer 1996 verpflichtet. Er hatte einen holprigen Saisonstart, bei dem die Saints nur drei ihrer ersten 13 Spiele gewinnen konnten. Im November kam dann Dia, der in einem Spiel der Reserve getestet werden sollte, damit der Trainerstab seine Qualitäten beurteilen konnte. Aufgrund starker Regenfälle war das Spielfeld aber völlig aufgeweicht - und das Spiel wurde abgesagt.
Dennoch wurde Dia, obwohl er im Training nicht überzeugen konnte, für das Spiel gegen Leeds am 23. November auf die Bank gesetzt, da der Kader durch Verletzungen stark dezimiert war. Als es dann auch noch während des Duells Matt Le Tissier traf, sollte sich Dia bereit für seinen Einsatz machen.
Der Senegalese bekam 53 Minuten, bevor er selbst noch vor dem Abpfiff wieder ausgewechselt wurde. Le Tissier erinnerte sich später daran, dass Dia "verdammt verloren" auf dem Platz war. Souness sagte, ihn so schlecht spielen zu sehen, sei wie ein "Tritt in die Eier" gewesen.
Hochstapler Ali Dia: Wie ging es weiter?
Als die Geschichte aufflog, beteuerte Dia seine Unschuld. Er sagte im Nachhinein, dass er kein "Betrüger" sei und dass sich sein Berater bei den Gesprächen mit den Klubs als Weah ausgegeben habe. Souness beharrte darauf, dass er nicht "betrogen" worden sei, da Dia Nationalspieler sei - doch das war faktisch falsch.
Nur einen Monat später ging es für Dia im Dezember 1996 wieder in die höchste Amateurliga Englands, er schloss sich Gateshead an. Er sagte damals, dass der Wechsel nach Southampton ein "Missverständnis" gewesen sei. Er log aber immer noch, für den Senegal gespielt und in einem Duell in der WM-Qualifikation ein Tor erzielt zu haben.
Berichten zufolge verdiente Dia während seiner Zeit bei den Saints 2.000 Pfund und schaffte es danach auch, zum bestverdienenden Spieler von Gateshead zu werden. Bei seinem Debüt für den Klub erzielte er ein Tor und legte in acht Spielen noch ein weiteres nach.
Was bleibt vom irren Transfer von Ali Dia?
Berichten zufolge hat sich Dia an der Northumbria University eingeschrieben, nachdem er Gateshead verlassen hatte. Was er im Jahr 2024 macht, ist nicht bekannt.
2016 wurde er von Bleacher Report interviewt, als er in London lebte. Selbst in diesem Medien-Gespräch log er weiterhin. Dia sagte, er habe mehr als einen Monat lang mit Southampton trainiert, den Staff beeindruckt und sich seinen Platz auf der Bank gegen Leeds verdient. Weder Souness noch ein Mitglied des damaligen Kaders von Southampton haben sich jemals so oder auch nur ansatzweise ähnlich geäußert.
Immerhin hat Dias Sohn Simon eine ordentliche Karriere hingelegt: Er spielt derzeit für Bangkok in der thailändischen Liga, nachdem er zuvor für Valenciennes und Amiens in Frankreich sowie für Vereine in Bahrain, Belgien und Katar gespielt hatte.
Soweit bekannt, hat Simon zu keinem Zeitpunkt behauptet, George Weah zu kennen, um sich bei einem der Vereine zu empfehlen. Sein Vater bleibt trotz der respektablen Karriere von Simon durch diese absurde Geschichte eindeutig der bekanntere Name.
Der Wechsel von Ali Dia nach Southampton ist einer der verrücktesten Transfers im Fußball und einer, der Graeme Souness sicherlich immer noch dann und wann schlaflose Nächte bereitet.