Eine Frage des Vertrauens

Von Jan Höfling
Felix Magath steht mit Fulham vor einem Umbruch
© getty

Der FC Fulham steht seit dem 37. Spieltag der Premier League als zweiter Absteiger der Saison fest. Trotz seines Scheiterns wird Trainer Felix Magath wohl auch in der kommenden Spielzeit die Londoner betreuen. Zusammen mit Besitzer Shahid Khan könnte dem 60-Jährigen dabei allerdings ein Neuaufbau bevorstehen.

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Die Blicke der mitgereisten Fans verrieten mehr als sämtliche Worte, die nach dem endgültigen Abstieg des FC Fulham durch die Medienlandschaft der Insel geisterten. Was ein Samstag voller Hoffnung werden sollte, endete in einem 1:4-Debakel gegen Stoke City und dem Abschied nach dreizehn Jahren ununterbrochenem Premier-League-Fußball im Craven Cottage.

Als Felix Magath, der durch sein Engagement zum ersten deutschen Trainer in der höchsten englischen Spielklasse avancierte, im Februar das Ruder des Klubs aus dem Südwesten Londons übernahm, hatten die Verantwortlichen dieses (Albtraum-)Szenario wohl nicht vor Augen. Ein strahlender Magath sollte mit all seiner Erfahrung und seinem Ehrgeiz den Klassenerhalt, wie bei den vorherigen Stationen seiner Laufbahn, sicherstellen und den Verein anschließend auf sportlicher Ebene zurück in die Spur führen.

Nach nur drei Siegen und zwei Unentschieden aus elf absolvierten Partien, scheiterte dieser allerdings zum ersten Mal in seiner Karriere als Feuerwehrmann. Elf Punkte waren nicht ansatzweise ausreichend, um einen Verein, dem das Wasser bis zum Hals stand, in sichere Gefilde oder zumindest auf einen Nichtabstiegs-Platz zu führen.

"Das ist einer der schlimmsten Tage, die ich je hatte", reagierte Magath auf die für ihn ungewohnte Situation sichtlich niedergeschlagen: "Ich muss mich dafür entschuldigen, die Situation nicht bewältigt zu haben. Ich bin zuvor noch nie abgestiegen."

Kein herzliches Willkommen

Leicht hatte es der 60-Jährige seit seinem Amtsantritt, der in Deutschland für Aufsehen sorgte, da sich Magath kurz zuvor beim Hamburger SV als Retter angeboten hatte, auf der Insel nie. Vom Moment seiner Verpflichtung an zeigte sich die englische Presse wenig angetan von der Arbeit des ersten deutschen Trainers in der Premier League.

Die Bezeichnung als "Medizinball-Magath" durch die "Daily Mail", die allerdings selbst mit einem Vergleich zu Saddam Hussein nachlegte, war noch der netteste Ansatz, den Magath über sich lesen durfte. So verspottete "The Independent" den neuen Trainer als "letzten Diktator Europas", während der "Daily Mirror" ihn einfach nur als "Folterknecht" titulierte. Es war ebenfalls die "Daily Mail", die prophezeite, dass der "fitnessbesessene Geschäftemacher als Witzfigur" enden könnte.

Bei all den bösartigen Bezeichnungen wurde außer Acht gelassen, dass seine Vorgänger Martin Jol und Rene Meulensteen, der die Verpflichtung Magaths als Panikreaktion bezeichnete, es zuvor nicht geschafft hatten, die Mannschaft zurück in die Spur zu bringen. Magath kam nach England, als sich Fulham bereits in höchster Not befand.

Da zudem der aktuelle Kader, der Fitnessstand der Spieler und das vorhandene Verletzungspech bei der Situation des Vereins eine tragende Rolle spielen und es sich dabei um Bereiche handelt, auf die Magath keinen oder nur sehr begrenzten Einfluss ausüben konnte, wäre es schlichtweg zu einfach, die Schuld alleine bei ihm zu suchen.

Eine Frage des Vertrauens

Genau dieses Zusammenspiel verschiedener Faktoren könnte letztlich auch der Auslöser dafür sein, dass Shahid Khan, Milliardär und Eigentümer der Cottagers, trotz des Scheiterns im Abstiegskampf von einer Trennung absehen und stattdessen den Neuaufbau mit Magath vorantreiben könnte. Nicht umsonst unterschrieb der 60-Jährige einen bis 2015 gültigen Vertrag.

"Khan ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und er weiß, dass die Dinge nicht immer perfekt laufen", so der ehemalige Bundesliga-Trainer: "Er kennt die Situation und ist sich im Klaren darüber, was nötig ist. Ich bin hier, um ein Team aufzubauen. Das war von Anfang an klar und ich werde auch nächste Saison hier sein."

Das Ende einer Ära

Wirklich lange ist der angesprochene Milliardär selbst noch nicht bei Fulham tätig. Erst seit weniger als einem Jahr ist er für die Geschicke des Traditionsklubs, den er im Sommer 2013 für angeblich 240 Millionen Euro erwarb, verantwortlich. Eine stolze Summe, vor allem wenn man bedenkt, dass Vorbesitzer Mohamad Al-Fayed, Vater des verstorbenen Dodi Al-Fayed, im Jahr 1997 gerade einmal 7,6 Millionen Euro für den Verein auf den Tisch legte.

Al-Fayed übernahm die Cottagers mit einem Versprechen und führte sie innerhalb von nur vier Jahren aus der dritten Liga in die Premier League. Nach dem Aufstieg 2001 gelang es dem 1879 gegründeten Verein, sich im Oberhaus des englischen Fußballs zu etablieren. Den sportlichen Höhepunkt der Entwicklung stellte dabei die Teilnahme am Finale der Europa League, welches man denkbar knapp mit 1:2 nach Verlängerung gegen Atletico Madrid verlor, im Jahr 2010 dar.

Was den Verein jedoch wirklich auszeichnet, ist die Tatsache, dass er sich während der gesamten Zeit stets treu blieb. Das altehrwürdige Craven Cottage blieb das kleine liebenswerte Stadion, das es immer war und auch die Investitionen hielten sich für englische Verhältnisse im Rahmen.

Aufgrund seines hohen Alters entschied sich Al-Fayed nach 16 Jahren allerdings dazu, sich schweren Herzens von den Cottagers zu trennen. "Meine Zeit als Hüter des Fulham Football Club musste eines Tages zu Ende sein und ich habe das Gefühl, dass diese Zeit nun gekommen ist", sagte der 85-Jährige zum Abschied: "Die Zeit ist reif, denn ich habe mit Shahid Kahn einen sehr guten Mann gefunden, der die Verantwortung und das Privileg annimmt, das ich hier seit 1997 genossen habe. Fulham wird mit Shahid in sehr guten Händen sein."

"Wächter über Fulham im Namen der Fans"

Auch Khan zeigte sich vom Erfolg seines neuen Vereins überzeugt: "Fulham ist für mich der perfekte Klub zur perfekten Zeit", so der neue Eigentümer, der sich selbst nicht als solcher, sondern als "Wächter über Fulham im Namen der Fans" bezeichnet: "Mein Ziel ist es, alles dafür zu tun, dass der Klub eine nachhaltige Zukunft in der Premier League hat."

Der Unternehmer, der zu den 500 wohlhabendsten Menschen der Welt gehört und nebenbei auch Besitzer der Jacksonville Jaguars aus der NFL ist, übernahm bei seinem Antritt einen Klub, der gut aufgestellt und schuldenfrei war. Auf diesem Fundament sollte nun auch endgültig der sportliche Durchbruch anstehen.

Jetzt, nur knapp zehn Monate später, steht der Verein allerdings vor der größten Krise der jüngeren Geschichte. Die Folge: Möglicherweise ein grundlegender Neuaufbau. Das Ziel: der sofortige Wiederaufstieg.

Ungeachtet aller noch so negativen Meinungen, wird dieser wohl mit Magath vonstatten gehen. "Ich hatte ein Telefonat mit Shahid Khan, und alles ist in Ordnung. Ich habe keine Zweifel wegen meinem Vertrag und mache mir auch keine Sorgen über eine Entlassung", deutete dieser gegenüber dem "Guardian" seinen Verbleib zum wiederholten Male an und verdeutlichte dabei seine Entschlossenheit: "Ich will diese Chance."

Wohin geht die Reise?

Magath? Neuaufbau? Die Verbindung dieser beiden Worte dürfte im Hinblick auf die Vergangenheit des gebürtigen Aschaffenburgers so manchem Fan die Nackenhaare zu Berge stehen lassen. Was viele denken und was den Ruf Magaths deshalb bestimmt, fasste die "Daily Mail" bereits bei seinem Antritt wie folgt zusammen: "Eine Transferpolitik, die sich darauf konzentriert, einen abnormal großen Kader aus mittelmäßigen Spielern aufzubauen. Niemand kauft und verkauft mehr."

Neben Neuzugängen könnten in erster Linie auch alte Bekannte an der Seite des Deutschen bleiben. Sowohl Askan Dejagah als auch Sascha Riether sollen auf jeden Fall gehalten werden. Besonders Dejagah blühte in den letzten elf Begegnungen auf und erzielte vier Treffer. Auch John Arne Riise, der weiterhin an einen Erfolg Magaths bei Fulham glaubt, zeigte sich zuletzt offen für Gespräche. Viel kommt nun auch auf den Zusammenhalt der Mannschaft an, auf den Willen, den gemeinsamen Fehler zu beheben und die Fans stolz zu machen.

Sollte Magath wie geplant Trainer der Cottagers bleiben und Besitzer Khan investieren wollen, dürfte den Fans des FC Fulham ein interessanter Sommer bevorstehen. Ob Felix Magath allerdings in einem Jahr der Bedeutung seines Namens als "der Glückliche" alle Ehre machen und wieder in der Premier League trainieren wird, wird die Zukunft zeigen.

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